Weihnachten und Corona Weihnachten und Corona: Kann man an Heiligabend in die Kirche gehen?

Wittenberg - Dass für viele Menschen Weihnachten ohne Gottesdienste nicht denkbar sei, hatte kürzlich der Sprecher der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedemann Kahl, in der MZ erklärt. Tatsächlich gibt es kaum eine andere Zeit im Jahr, zu der Gotteshäuser derart gut besucht sind wie an Weihnachten. Auch jene, die dem Glauben fernstehen, zieht es dann in die Kirchen - weil es Tradition ist. Unter Pandemiebedingungen mit den geltenden Hygiene- und Abstandsregeln finden freilich weit weniger Menschen Platz, dies gilt auch für Plätze vor den Kirchen.
230 Stehplätze vorhanden
Dorthin, ins Freie, verlegen wie berichtet auch Schloss- und Stadtkirche ihre Christvespern in diesem Corona-Jahr. 230 Stehplätze wird es nach Auskunft von Jörg Bielig, Kustos am Schlosskirchenensemble, auf dem Schlosshof geben. Berechnet habe diese Anzahl die Evangelische Wittenbergstiftung, die zum Reformationstag auf dem Platz ein Lutherlieder-Singen veranstalten wollte, was dann aber doch coronabedingt abgesagt werden musste.
Im Moment, so Bielig am Dienstag, gehe man davon aus, dass im Freien und bei zwei Metern Abstand zwischen den Besuchern gesungen werden darf. Zudem habe Schlosskirchenkantor Thomas Herzer angekündigt, dass bei zwei Christvespern der Gospelchor und die Bläser der Schlosskirche zu erleben sein werden.
Zu den Unwägbarkeiten hingegen gehören im Besonderen zwei Dinge: Zum einen kann niemand vorhersagen, wie viele Menschen zu den Christvespern, die am 24. Dezember um 14, 15, 16 und 17 Uhr gefeiert werden, erscheinen (siehe „Karten und Anmeldung“). Wenn man also von Kahls und der allgemeinen Erfahrung ausgeht, dürften es viele sein.
„Wir sind gespannt, was passiert“, sagt Bielig. Die zweite Unbekannte ist das Wetter. In einer Mitteilung wird „witterungsgerechte Kleidung“ angemahnt. Zur MZ sagt Bielig auf die Frage nach einem Plan B: „Es gibt nur einen Plan A.“ Es sei denn, „es gießt wie aus Kannen“. Aber auch für diesen Fall gibt es derzeit offenbar keine Alternative, nicht in der Schlosskirche, in die nach geltender Eindämmungsverordnung noch weit weniger als 230 Personen gleichzeitig hinein dürfen.
Dass bei den Planungen vieles auch noch in Arbeit sei im Evangelischen Kirchenkreis Wittenberg, erklärt dessen Superintendentin Gabriele Metzner. Die Rede ist von Überlegungen, ob mit speziellen Einlasssystemen Christvespern in der Kirche stattfinden können, bis zu besagten Außenveranstaltungen.
Perspektivwechsel
Sie selbst werde Heiligabend draußen sein. Um bei Freiluftveranstaltungen auch mit entsprechender Technik ausgestattet zu sein, unterstützen der Kirchenkreis und die Landeskirche den Angaben zufolge Projekte „mit einer kleinen Förderung“. Grundsätzlich kann Metzner offenbar dem, nennen wir es, Perspektivwechsel auch etwas abgewinnen: also einmal vor einer Kirche zu stehen und zu sehen, wie das Licht von drinnen nach außen strahlt.
Ob sich Corona über die Logistik hinaus auf dieses Weihnachten auswirken wird? „Die Predigten werden kürzer“, sagt Metzner. Inhaltlich würde natürlich jede Pfarrerin, jeder Pfarrer für sich entscheiden, was in dieser Situation von der Weihnachtsgeschichte in den Mittelpunkt gerückt wird. Dass der biblische Text noch stets in Zusammenhang mit der Gegenwart gebracht wurde, ist bekannt. Apropos bekannt: „Wir wissen ja nicht, was in drei Wochen ist“, sagt Metzner angesichts weiterer Eindämmungsverordnungen.
Posaunen, Baum und Deko
Das wissen sie freilich auch nicht bei der Evangelischen Landeskirche Anhalts, aber ähnlich wie bei den Nachbarn von der EKM wird doch voller Zuversicht geplant: Für Oranienbaum etwa kündigt Ortspfarrerin Bärbel Spieker am Heiligen Abend um 17 Uhr eine Christvesper vor der dortigen Stadtkirche an - mit Posaunenchor und Baum „und Deko“. Wer sitzen möchte, dem rät Spieker, sich einen Klappstuhl mitzubringen. Auch sei es im Hinblick auf das Wetter besser, in Funktionsbekleidung zu kommen.
Einen Gottesdienst zum Fest, der nicht unter freiem Himmel stattfindet, kündigt die Theologin aus Oranienbaum für Goltewitz an, die dortigen Gemeindeglieder würden angeschrieben, es werde eine Christvesper mit Musik angeboten, „aber singen werden wir nicht“, betont Spieker. Sie begründet das damit, dass in dem Fall auch jene „guten Gewissens“ kommen können, die beispielsweise aus Alters- oder Krankheitsgründen zu den gefährdeten Personen gehören.
Karten und Anmeldung
In der Stadtkirche Wittenberg und im Besucherzentrum im Schloss sind kostenfreie Einlasskarten für eine der insgesamt vier Christvespern am 24. Dezember auf dem Schlosshof erhältlich. Die Christvespern dauern etwa 30 Minuten.
Zur ersten um 14 Uhr wird ein Krippenspiel geboten. Um 16 und 17 Uhr werden der Gospelchor und die Bläser der Schlosskirche angekündigt. Der Zugang zum Schlosshof erfolgt über Schlossstraße/Schlossplatz. „Um ein zügiges und sicheres Einlassmanagement zu gewährleisten, sind die Einlasskarten möglichst schon ausgefüllt mitzubringen“, heißt es in einer Mitteilung.
Anmeldungen sind unbedingt auch für die Christvespern am Heiligen Abend im Kirchspiel Dobien erforderlich. Entsprechende Karten beziehungsweise Formulare gibt es nach Auskunft von Pfarrer Hans-Jakob Schröter im Gemeindebüro und auf der Rückseite des Gemeindeblattes.
Zu den Gottesdiensten in der Christuskirche um 15.30, 16.30 und 17.30 Uhr finden ebenda jeweils rund 150 Besucher Platz, in Nicht-Corona-Zeiten wären es zwischen 600 und 700. Einen weiteren Gottesdienst soll es in der Kirche von Straach geben sowie um 22 Uhr in der Dobiener Kirche eine musikalische Christnacht und bereits um 17.30 Uhr eine Christvesper unter freiem Himmel in Apollensdorf.
››Digitale Angebote zum Advent gibt es unter www.kirchenkreis-wittenberg.de im Internet. Dort sind auch Infos zu Veranstaltungen zur Weihnachtszeit abrufbar. (mz)