Start in die Zweirad-Saison Start in die Zweirad-Saison: Tips vom Simson-Experten

Annaburg - „Wer sein Gefährt vorm Winter gut einmottet, hat weniger Arbeit im Frühjahr.“ Der flotte Spruch kommt wie aus der Pistole geschossen, als die MZ André Bachmann danach fragt, worauf Motorradfahrer speziell zum Start in die neue Saison ihr Augenmerk richten sollten.
Für den Kfz-Schlosser und Inhaber des kleinen Familienunternehmens Zweirad-Bachmann in Annaburg gibt es einige Grundregeln für das, was Biker vor der ersten Ausfahrt unbedingt tun sollten: Den Ladezustand der Batterie überprüfen, gehört dazu.
André Bachmann rät seiner Zweirad-Kundschaft, sich ein Erhaltungsladegerät zuzulegen. „Das kann man für alle Batterien nutzen, bis hin zu der vom Rasenmäher.“
Ebenso sollte man den Reifendruck checken - und dabei auch das Alter der Reifen im Blick behalten. Die Pneus werden nämlich spröde mit den Jahren. Das sei vor allem Wenigfahrern ans Herz gelegt. Neue „Sohlen“ fürs Motorrad sind ab etwa 100 Euro zu haben. Als Mindest-Profiltiefe gibt der Gesetzgeber laut Zweirad-Bachmann übrigens 1,6 Millimeter vor, „aber das ist schon hart an der Grenze“, sagt der 46-Jährige.
Das Unternehmen Zweirad-Bachmann ist in Annaburg und Umgebung ein Begriff. Kein Wunder, existiert es doch seit genau 90 Jahren, so dass 2017 sogar ein Geschäftsjubiläum ansteht. Gegründet wurde es 1927 von Erich Globig, einem Onkel des Vaters von André Bachmann, als Reparaturbetrieb für Kraftfahrzeuge. Bei Erich Globig gab es aber auch Fahrräder, Nähmaschinen und nicht zu vergessen erste Motorräder.
Seit Anfang der 1970er Jahre wurde das Geschäft dann von Günter Bachmann weitergeführt. 1974 erhielt sein Betrieb den Status einer Vertragswerkstatt für Simson-Fahrzeuge. Per 1. Oktober 1992 ist nun Günter Bachmanns Sohn André der Chef in der Werkstatt. Die Leidenschaft für die kleinen Mopeds aus Suhl wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt und sie hat sich bis heute gehalten.
Ebenso ist der Handel mit Fahrrädern, einschließlich Reparatur, aus den Gründertagen bis in die Gegenwart bestehen geblieben. Nur Motorräder kann man bei André Bachmann nicht mehr erwerben. Zwischenzeitlich hatte er mal die koreanische Marke Hyosung im Angebot. „Aber die Nachfrage ist derart zurückgegangen, dass ich den Verkauf einstellen musste.“ Auf noch eine Veränderung macht der 46-jährige Annaburger aufmerksam: „In unserer Werkstatt ging es immer um Zweiräder. Erst 1992 habe ich Pkw dazugenommen.“ André Bachmann als gelernter Kfz-Schlosser führt auch an den Autos alle anfallenden Reparaturen aus, in der Hauptsache fungiert sein Ein-Mann-Unternehmen jedoch als Pkw-Reifendienst.
Das jetzige Gebäude der Werkstatt in der Ackerstraße 2, in dem sich übrigens auch eine Post-Filiale befindet, ist erst 1996 entstanden. „Davor“, so der Inhaber, „war die Werkstatt gegenüber an unserem Wohnhaus in der Ackerstraße 5.“ Kunden, die noch die Ackerstraße 14 (für Bachmanns Wohnhaus) beziehungsweise die Ackerstraße 14a (für den flachen Werkstatt-Trakt) im Gedächtnis gespeichert haben, liegen nicht ganz falsch. Vor der jüngsten Änderung der Hausnummerierung stimmten diese Anschriften auch.
„Bis zwei Millimeter halte ich für vertretbar. Das wird auch von den Reifen-Herstellern so empfohlen.“
Neben den Flüssigkeitsständen (Öl, Kühlmittel, Bremsflüssigkeit) sowie dem Druckpunkt - der Bremshebel darf sich nicht bis zum Anschlag durchziehen bzw. durchtreten lassen - und der Wirksamkeit der Bremsen sollte jeder Fahrer eines kettengetriebenen Bikes zudem an die Kettenspannung denken.
„Das nötige Kettenspiel ist von Motorrad zu Motorrad unterschiedlich. Bei einem größeren Federweg muss der Kettendurchhang höher sein“, lässt André Bachmann gegenüber der MZ wissen.
„Ganz wichtig ist die passive Sicherheit“, reist er einen weiteren Punkt an. „Was viele nicht beachten ist das Visier vom Helm.“ Es müsse unbedingt kratzfrei sein. „Zurzeit steht die Sonne noch sehr tief und bei einem zerkratzten Visier wird die Motorradfahrt zum Blindflug.“
Ein neues Visier kostet zwischen 20 und 40 Euro. Eine allemal lohnende Investition in die eigene Sicherheit, wie der Annaburger betont.
Außerdem fordert er auf, bei den ersten Ausfahrten besondere Vorsicht walten zu lassen. Auf den Straßen liege noch viel Sand, womit André Bachmann die Reste vom winterlichen Streuen meint. Und der Frost habe Fahrbahnschäden hinterlassen, was für den Kradfahrer bei Schräglagen besonders gefährlich werden könne. „Wenn ich da ein Loch erwische, hebe ich ab.“
Der Inhaber von Zweirad-Bachmann bezeichnet sich als „Alleinunterhalter“, will sagen, er führt die Werkstatt ohne Angestellte. Sein Handwerk hat er beim Vater gelernt. Momentan besteht seine Hauptarbeit darin, Autos der Kundschaft von Winter- auf Sommerreifen (die er, falls gewünscht, auch eingelagert hat) umzurüsten.
„Das Wechseln ist aufwändiger geworden - durch die neuen Reifendruck-Kontrollsysteme“, erklärt der 46-Jährige. Räder und Bordelektronik müssen fehlerfrei miteinander kommunizieren. Der Fachmann sagt: „Die Reifen müssen ,angelernt’ werden ans Fahrzeug“, was mittels eines Scanners geschehe. „Für Motorräder gibt’s solche Systeme noch nicht.“
Frei nach dem Motto „Begeistert Generationen“, wie es auf einem Transparent in der Werkstatt zu lesen ist, hat sich Zweirad-Bachmann der Marke Simson Suhl, für die Vater Günter zu DDR-Zeiten als Vertragswerkstatt fungierte, die aber inzwischen nicht mehr produziert wird, stets verbunden gefühlt.
André Bachmann verweist auf das silberne S51-Moped, das im Eingangsbereich steht. „Mein dreijähriger Sohn Paul hat schon seine eigene Simson“, sagt er verschmitzt und erläutert, dass er dank eines alten Kindersitzes Paul bald mit dem S51 in die Kindertagesstätte chauffieren kann.
„Ersatzteile für Simson-Maschinen sind kein Problem“, versichert der Werkstatt-Betreiber. Im Gegenteil, die Situation werde sich wohl noch weiter entspannen, der Simson-Nachfolger MZA (Meyer Zweiradtechnik Ahnatal) sei bestrebt, Ersatzteile nach vorhandenen Original-Zeichnungen neu zu produzieren.
André Bachmann nutzt diese komfortable Lage, repariert nicht nur alle Simson-Modelle, sondern baut sie sogar komplett neu auf (2.300 bis 2.500 Euro) - „solange ein altes Typenschild vorhanden ist“. Denn, für existierende Simsons gelte unbefristeter Bestandsschutz, macht er deutlich.
„Anfang der 1990er Jahre wurden viele davon ausrangiert, jetzt ist die Nachfrage wieder da.“ Aufgrund der Führerscheinregelung in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen dürfen die 50-Kubikzentimeter-Maschinen nämlich schon ab 15 Jahren gefahren werden. (mz)