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Offener Bücherschrank in Bad Schmiedeberg Offener Bücherschrank in Bad Schmiedeberg: Nach Vandalismus wieder geöffnet

Von July Wagner 01.03.2021, 09:38
Heike und Ronald Dorczok haben an der Kurpromenade 15 gegenüber dem Pflegeheim „Am Kurpark“ den ersten „Offenen Bücherschrank“ in Bad Schmiedeberg eingerichtet.
Heike und Ronald Dorczok haben an der Kurpromenade 15 gegenüber dem Pflegeheim „Am Kurpark“ den ersten „Offenen Bücherschrank“ in Bad Schmiedeberg eingerichtet. July Wagner

Bad Schmiedeberg - „Ich hatte schon eine Weile nach einem Bücherschrank hier gesucht und vor ein paar Tagen habe ich dann diesen entdeckt - seitdem komme ich jeden Tag her“, erzählt Sindy König, glücklich über die große Auswahl an Geschichten, die sie ihren Kindern nun vorlesen kann.

„Kinderbücher gehen wirklich am besten“, erklärt Heike Dorczok: „Romane werden auch viel gelesen, Jugendbücher hingegen fast gar nicht.“

Das wisse sie so genau, da sie die Bücher von Zeit zu Zeit kontrolliere, austausche und auch einfach mal ein paar neue dazustelle. Denn seit sie und ihr Ehemann Ronald Dorczok den Bücherschrank am 13. Dezember vergangenen Jahres aufgestellt haben, sei es ein ständiges Kommen und Gehen - am ersten Offenen Bücherschrank Bad Schmiedebergs.

„Er war noch nicht mal wirklich eingeräumt, da haben die Ersten schon angehalten“, erinnert sich Heike Dorczok zurück an den Tag des Aufbaus: „Gemeinsam mit unseren Nachbarn haben wir den Schrank dann aber schnell gefüllt bekommen.“

Die einen hätten selbst ein paar Bücher mitgebracht und die anderen hätten sich um Werbung gekümmert. Somit seien für den Anfang knapp 70 Bücher zusammengekommen. „Mittlerweile bekommen wir so viele Anrufe von Leuten, die auch gerne einige ihrer Bücher spenden wollen“, erzählt Heike Dorczok: „Meistens, weil sie zum Wegschmeißen einfach zu schade wären.“

Das könne das Ehepaar gut nachvollziehen. Denn genau aus diesem Grund sei überhaupt erst die Idee für einen solchen offenen Bücherschrank entstanden.

Wohnen im Urlaubsort

„Wir lesen beide wirklich gerne - dadurch nimmt man überall mal ein Buch mit“, meint die 48-Jährige: „Irgendwann sprengt es dann aber das Bücherregal.“ Also musste eine Lösung her: „Als wir noch in Leipzig gewohnt haben, haben wir oft an Gefängnisbüchereien gespendet.“

Vor knapp fünf Jahren entschied sich das Ehepaar dann dafür, nach Bad Schmiedeberg zu ziehen: „Wir haben das Haus im Winter besichtigt - das macht man ja eigentlich nicht. Aber schon damals fand ich es so schön hier.“

Sie würden jetzt dort wohnen, wo andere Urlaub machen, meint Heike Dorczok zufrieden: „Mein Mann ist dann irgendwann mal auf ein Bild von einer Telefonzelle als offener Bücherschrank gestoßen. Die sind allerdings sehr schwer und wären deshalb schwierig zu transportieren gewesen.“

Als wind- und wetterfeste Alternative erwies sich schließlich ein einfacher Getränkekühlschrank.

Fülle an Büchern

Aufgrund der durchweg positiven Resonanz seien nun sogar schon die nächsten zwei Bücherschränke in Planung - einer von ihnen soll in Sackwitz aufgestellt werden. „Den Kühlschrank dafür haben wir auf einem Parkplatz in Bad Düben gefunden“, erzählt Heike Dorczok.

Eigentlich hätten sie und ihr Mann Ronald Dorczok nur gemeinsam essen gehen wollen: „Der Wirt des Restaurants wollte ihn wegschmeißen, weil das Kühlaggregat kaputt war, und hat ihn uns deshalb mit Freude überlassen.“

Jetzt müsse der ausrangierte Kühlschrank nur noch beklebt und mit Büchern gefüllt werden: „Wir haben sogar schon eine Kiste im Haus stehen, weil der erste Schrank teilweise einfach viel zu voll war - die hintere Reihe konnte man schon gar nicht mehr sehen.“

Somit wäre auch die große Auswahl an unterschiedlichsten Büchern untergegangen. „Von Kochbüchern über Ratgeber und Malvorlagen war alles schon dabei - sogar eine Bibel haben wir gespendet bekommen“, erzählt Heike Dorczok, als eine Fahrradfahrerin anhält, um ihr zu sagen: „Es ist schön, dass der Bücherschrank wieder steht.“

Denn dieser Kühlschrank war eines Nachts umgeworfen worden. Doch davon lässt sich das Ehepaar Dorczok nicht beeindrucken: „Wir haben ihn repariert und wieder aufgestellt, denn diese kleine Investition hat so viel Mehrwert.“ (mz)