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Leserärger in Bethau Leserärger in Bethau: Hat die Stadt Annaburg die falsche Rechtslage erklärt?

Von Aline Gorldt 24.08.2020, 12:28
Ricardo Barth wohnt seit neun Jahren in Bethau. Vor kurzem kaufte er ein zweites Grundstück, welches ihm jetzt finanziellen Ärger beschert.
Ricardo Barth wohnt seit neun Jahren in Bethau. Vor kurzem kaufte er ein zweites Grundstück, welches ihm jetzt finanziellen Ärger beschert. Aline Gorldt

Bethau - Ricardo Barth ist froh, dass er sich mit seinen Problemen an die Jessener Redaktion der Mitteldeutschen Zeitung gewandt hat. „Was hätte ich denn weiter tun sollen? Die Situation war nun mal so, dass ich zur Zeitung gehen musste“, sagte er seinen Kritikern, denn nicht jeder konnte seine Einscheidung nachvollziehen.

Doch ohne diesen Schritt, da ist er sich sicher, hätte er keine Klarheit erlangt und Schulden gezahlt, die er selbst nicht verursacht hat.

Schulden des Vorbesitzers

Es geht um einen Zwist mit der Stadt Annaburg. Die MZ berichtete Anfang Juni darüber. Ricardo Barth hat 2018 ein Grundstück in Bethau aus einer Zwangsversteigerung heraus gekauft.

Im Mai dieses Jahres hat er einen Entwurf eines Duldungsbescheides von der Stadt über Grundsteuerschulden in Höhe von 315,94 Euro im Briefkasten. Das Problem dabei: Die Behörde wollte Schulden des Vorbesitzers von Barth bezahlt wissen. Doch die Schulden anderer Leute wolle er nicht zahlen, erklärte er.

Bei der Ersteigerung des zweiten Grundstückes, (vor mehreren Jahren hatte er bereits das Nachbargebäude in Bethau gekauft, wo er heute mit seiner Familie wohnt), sei ihm vom Amtsgericht Wittenberg versichert worden, dass bestehende Schulden, die auf dem Grundstück lasten, gelöscht werden. „Wenn das nicht gewesen wäre, hätte ich das Haus nicht gekauft“, betonte er schon damals.

Die MZ fragte bei der Kämmerin der Stadt Annaburg, Silke Schneider nach. Diese erklärte, dass es die Aufgabe der Behörde sei, die Grundsteuer zu sichern. Ist der Vorbesitzer insolvent, sei es „normales Verwaltungshandeln“ dem neuen Eigentümer ein solches Schreiben zukommen zu lassen.

Außerdem sagte Schneider, dass sie es sich gewünscht hätte, Barth hätte nicht an die Presse sondern an die Verwaltung gewandt. „Dann hätten wir ihm die Rechtslage erklären können.“

Nachdem der Artikel, indem der Sachverhalt geschildert wird, in der MZ veröffentlicht wurde, kommt allerdings Bewegung in die Sache. Eine Mitarbeiterin einer anderen Verwaltung kontaktierte Barth, erklärte ihm die Rechtslage und weist daraufhin, dass die Stadt Annaburg hier nicht im Recht sei.

„Die Dame erklärte mir, dass aufgrund der Tatsache, dass ich das Grundstück aus einer Zwangsversteigerung heraus erworben habe, das Grundsteuergesetz, §11 Persönliche Haftung, greift“, erinnert sich Barth. Eine Klage gegen die Stadt würde er zu 99,9 Prozent gewinnen, habe die Verwaltungsmitarbeiterin ihm weiter erklärt.

Daraufhin habe Barth mit einer Mitarbeiterin des Amtsgerichtes gesprochen, die seinen Fall ebenfalls aus der Zeitung kannte. „Sie erklärte mir das Prinzip genauso wie die andere Dame zuvor.“

Kurz nach Veröffentlichung des Artikels schrieb Barth fristgerecht eine Stellungnahme an die Stadt Annaburg. Doch lange tat sich nichts. Auch nicht nach einem erneutem Anschreiben von Barth. Am 4. August flatterte ein Schreiben mit Antwort auf Barths Schriftstücke von Anfang Juni und Ende Juli herein.

Seine Schreiben hätten wegen Urlaub und Krankheit noch nicht beantwortet werden können, heißt es. Der Briefwechsel liegt der MZ vor. Ein Schreiben an den Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) folgte. Silke Schneider wollte der MZ auf Nachfrage keine weiteren Auskünfte mehr erteilen und berief sich auf die EU-Datenschutzgrundverordnung.

Antwort vom Bürgermeister

Am 17. August, also drei Monate nach dem Einwand von Ricardo Barth, antwortete Bürgermeister Neubauer. In dem Schreiben, welches der MZ ebenfalls vorliegt, erklärt er Ricardo Barth, „dass der avisierte Duldungsbescheid Ihnen gegenüber nicht in vollem Umfang zu erlassen ist. Vielmehr ist es so, dass erst ab dem Tag, an dem Ihnen [...] der Zuschlag für das Grundstück erteilt worden ist [...], die Grundsteuer am benannten Grundstück dinglich haftet.“

Für Barth ist das die Aussage, auf die er so lange gewartet hat: „Ich bin steuerpflichtig ab dem Tag, an dem ich das Grundstück ersteigert habe und nicht wie gefordert, für die Schulden der Vorbesitzer“, betont er nochmals.

Die Grundsteuer für den Zeitraum vom Februar bis Dezember 2018 in Höhe von 165,43 habe er bereits am Tag nach der Ankunft des Schreibens überwiesen. „Ohne Hilfe hätte mir die Stadt Annaburg die falsche Rechtslage erklärt und ich hätte es eventuell sogar geglaubt“, ist er sich heute sicher. (mz)