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Johannes Bugenhagen in Bad Schmiedeberg Johannes Bugenhagen in Bad Schmiedeberg: Noch immer im Schatten

Von Marcel Duclaud 11.05.2019, 16:12
Martina Kerl vor ihrer Ausstellung in der Stadtkirche Bad Schmiedeberg
Martina Kerl vor ihrer Ausstellung in der Stadtkirche Bad Schmiedeberg Duclaud

Bad Schmiedeberg - Martina Kerl spricht von einem „Dreigestirn der Reformation“. Nur das Leuchten eines der Sterne werde nicht so recht wahrgenommen - das von Johannes Bugenhagen. Der Stadtpfarrer und Universitäts-Professor stehe auch in Wittenberg im Schatten der beiden anderen: also von Martin Luther und Philipp Melanchthon. Selbst in Gelehrten- und Theologenkreisen sei die Unkenntnis der Bedeutung von Bugenhagen geradezu verblüffend, sagt die Münchnerin.

Martina Kerl will das ändern. Sie hat im Auftrag des Kulturrings Pommern, bei dem sie als Kulturreferentin beschäftigt ist, im Jubiläumsjahr 2017 eine Ausstellung konzipiert und erarbeitet, die seither wandert und insbesondere in Kirchen gezeigt wird. In Wittenberg war die Schau mit ihren 18 informativen Bild- und Texttafeln im vergangenen Jahr bereits zu sehen, jetzt kann sie im evangelischen Gotteshaus von Bad Schmiedeberg betrachtet werden.

Die ausgebildete Kunsthistorikerin und Grafikdesignerin, deren Familie wie Johannes Bugenhagen aus Pommern stammt - er wurde 1485 in Wollin geboren - hat es sich nicht nehmen lassen, der Eröffnung beizuwohnen. Sie machte kurzerhand einen Abstecher bei der Rückreise aus Kopenhagen, wo es ebenfalls um Bugenhagen ging.

Als der 1521 zum Studium nach Wittenberg kam, war „Dr. Pomeranus“ bereits ein profilierter, geachteter Mann, in seiner Heimat eine der zentralen Figuren des Humanismus. Quartier nahm Bugenhagen im Übrigen zunächst im Hause Melanchthon. Die drei Männer müssen sich schnell nahe gekommen sein. Kein Wunder, der Priester aus Pommern, bemerkt Kerl, habe eine ähnliche Entwicklung genommen wie Martin Luther, ganz unabhängig von ihm.

Der Wittenberger Reformator habe schnell den idealen Mitstreiter erkannt und nicht zuletzt einen „einfühlsamen Diplomaten, den er auf schwierige Mission schicken konnte“. Bugenhagens Wirkungsfeld war laut Kerl die praktische Umsetzung der Reformation in der Entwicklung neuer Kirchenordnungen. Der Theologe, der 1523 von der Gemeinde zum Stadtpfarrer in Wittenberg gewählt wurde, reiste viel.

Ohne ihn wäre das Luthertum in Dänemark und Norwegen nicht Staatskirche geworden, erklärt die Münchnerin. Auf seinen Reisen soll er, der das Ideal des protestantischen Pfarrhaushaltes prägte, stets Frau und Kinder mitgenommen haben. Nicht zuletzt dies mache ihn sympathisch, betont die Ausstellungsmacherin. Überdies sei Johannes Bugenhagen ein grundgütiger Mann gewesen, einer, der bei hoher Gelehrtheit viel Herz und Humor besaß.

Hervor tat er sich als Sozialreformer, der das Thema Nächstenliebe zu einer öffentlichen Angelegenheit machte. Soziale Fürsorge und Absicherung der Armen seien Schwerpunkte in seinen Kirchenordnungen gewesen, hebt die Kulturreferentin hervor. Neu war etwa, dass Bugenhagen Mädchenschulen einrichten ließ.

Bei all dem sei es unverständlich, warum er so ins Hintertreffen geraten sei. In der Münchner Staatsbibliothek, nennt Martina Kerl ein Beispiel, finde man, salopp gesagt, fünf Meter Luther, drei Meter Melanchthon und ein Buch über Bugenhagen. Er verdiene mehr Aufmerksamkeit. Gelegenheit, die ihm zu verschaffen, wäre etwa, seine Ankunft in Wittenberg zu würdigen: 2021 ist das 500 Jahre her.

Die Ausstellung in Bad Schmiedeberg läuft bis zum 2. Juni. Geöffnet ist die Kirche dienstags und von Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 12 und von 15 bis 17 Uhr. (mz)