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Instrumentenbauer in Wittenberg Instrumentenbauer in Wittenberg: Stephen Painter ist längst angekommen

Von Rainer Schultz 27.01.2019, 10:32
Diesen Kontrabass hat Stephen Painter selbst gefertigt.
Diesen Kontrabass hat Stephen Painter selbst gefertigt. Rainer Schultz

Wittenberg - Für Stephen Painter bedeutet Wittenberg inzwischen Heimat. 1994 war das Jahr, als der gebürtige Engländer, der aus der Region Norfolk stammt, die kleine beschauliche Lutherstadt für sich entdeckte. Warum nicht eine Existenz als Musikinstrumentenbauer hier aufbauen? Die hektische Acht-Millionen-Metropole London, wo er studiert und viele Jahre gelebt hatte tauschen mit dem 50000-Einwohnerstädtchen Wittenberg?

„Damals ein gewagter Schritt“, wie er selbst bemerkt. Inzwischen sind fast 25 Jahren vergangen. Das Leben in der deutschen Provinz gefällt Painter: „Ich habe es bis jetzt niemals bereut. Hier fand ich Freunde, hier konnte ich mich beruflich entfalten Hier gründete ich eine Familie.“ Viele Gründe, die für Wittenberg sprechen.

Der wohl wichtigste Grund aber war die Liebe zu einer jungen Frau, die ihm die Entscheidung für Wittenberg leicht machte. Seit 1995 ist Painter glücklich mit Christiane Treu, einer Musikpädagogin, verheiratet.

Es gab und gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden. Verständlicherweise ist die wichtigste natürlich die Musik. Wen verwundert es, dass sich dies auch auf die Kinder übertragen hat. Tochter Lilian (16) und Sohn Edward (18) besitzen die musikalischen Gene ihrer Eltern.

„Vor einem Jahr habe ich mit Lilian eine Ukulele gebaut. Das war ihr großer Wunsch. Nun musizieren wir manchmal gemeinsam“, berichtet stolz der Papa. Weltenbürger sind sie alle in der Familie Painter/Treu. Sohn Edward zum Beispiel verbrachte ein Jahr in der Heimat seines Vaters. Zurzeit hält er sich in Neuseeland auf. Auch das Töchterchen kann sich vorstellen, einmal ferne Länder zu erkunden.

Wer in die Kleine Bruchstraße von Wittenberg gelangt, der muss sich zunächst durch einige Schlaglöcher kämpfen. Nach 300 Metern Holperstrecke taucht endlich das eigentliche „Herzstück“ auf, die Werkstatt von Stephen Painter. Hier lagern die vielen Hölzer zum Fertigen von Geigen, Gitarren und Lauten. Der Geruch von Kleber und Holzspänen erfüllt den Raum.

Spezialwerkzeuge zur Holzbearbeitung befinden sich säuberlich an der Wand geordnet. Die Kundschaft, berichtet der Instrumentenbauer, kommt oft von weither, sei es aus Halle, Dessau, Potsdam oder Wittenberg. Sie finde aber stets den etwas verborgenen Ort. Sehr gefragt sind Reparaturen an historischen Instrumenten. Da darf sich Painter zu den wenigen Spezialisten zählen.

Ein besonderes Projekt hat er erst kürzlich realisiert - nämlich den ersten Bau eines Kontrabasses. „Dafür brauchte ich mit Unterbrechungen fast 18 Monate.“ Darauf ist Painter sichtlich stolz und führt beim Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung gleich einmal sein „Meisterwerk“ vor. Immer wieder ist es die Liebe zum Detail, die seine Arbeit auszeichnet.

Wer das Gespräch mit einem gebürtigen Briten führt, der kommt nicht umhin das aktuelle Thema Brexit anzusprechen. „Das laute Brexit-Getöse nervt mich. Als überzeugter Europäer kann ich das alles aus meiner Heimat nicht nachvollziehen.“ An dieser Stelle wird Painter zornig über das, was sich gegenwärtig in der Downing Street in London abspielt.

Dass er vor dem Hintergrund des nun auch noch drohenden ungeordneten Austritts aus der Europäischen Union die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen will, hat die MZ bereits berichtet. „Die deutsche Staatsbürgerschaft ist mein erklärtes Ziel. Die hoffe ich in wenigen Wochen zu erhalten“, meint Painter optimistisch. Bei diesen Worten hört man noch seinen feinen englischen Akzent heraus.

Wer Musikinstrumente baut, der liebt es, darauf auch hin und wieder zu spielen. Dazu gibt es Gelegenheit. In einem kleinen Freundeskreis trifft man sich in unregelmäßigen Abständen, um diesem Hobby nachzugehen. Zusammen mit Albrecht Pfefferkorn und Tilo Pfau musiziert Painter im Irish-Folk-Stil in der Besetzung Bass, Gitarre, Mandola, Dudelsack und Flöte.

Sein Wissen gibt Painter im Übrigen gern weiter bei Wochenendkursen im Instrumentenbau. Auf diese Weise entstehen in Workshopmanier Gitarren, Geigen und sogar Harfen.

Sehr genau und mit viel Feingefühl hat Stephen Painter in den 25 Jahren Deutschland die Menschen hierzulande beobachtet und schätzen gelernt. Sein Urteil: „Sie sind hier sehr aufgeschlossen und freundlich. Selbst die Verwaltung ist weniger bürokratisch und pünktlicher als die in England.“ Mehr Lob im Schlussplädoyer von Stephen Painter für seine Wahlheimat Wittenberg geht am Ende wohl nicht. (mz)