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"Holiday" in Trebitz "Holiday" in Trebitz: Vereinsleben statt Disko

Von Alexander Baumbach 24.04.2017, 10:47
Mit Unterstützung von Helfern und Sponsoren wurde der Saal im „Gasthof Knötzsch“ in Trebitz entkernt.
Mit Unterstützung von Helfern und Sponsoren wurde der Saal im „Gasthof Knötzsch“ in Trebitz entkernt. Baumbach

Trebitz - Staub tanzt glitzernd auf den Sonnenstrahlen im großen Saal des früheren „Gasthofs Knötzsch“ in Trebitz. „Guck mal da, dort ist man früher reingekommen“, erklärt ein Besucher und zeigt dabei auf ein Loch im Bühnenboden, durch den man auf die Etage darunter blicken kann.

Einige Dutzend Menschen sind dem Ruf von Torsten Schneider zur Besichtigung gefolgt und haben sich umgesehen in dem großen Raum mit den aufgemalten Palmen an den Wänden. Viele haben hier so manche Nacht verbracht – da hieß die Location noch Diskothek „Holiday“. Nach der Wende dröhnten die Bässe in die Dunkelheit, zuckten Lichtblitze durch den Saal.

„Ich weiß noch, dass bei uns immer die Lampen dunkler wurden, wenn die Disko losging. Der Stromverbrauch war so hoch, dass manchmal nur noch 180 Volt bei uns auf der Steckdose lagen. Dann hat der Betreiber einen eigenen Anschluss bekommen“, erinnert sich einer der neugierigen Trebi

tzer, der Stammgast im „Holiday“, aber auch zuvor in der Gaststätte war. In der Disko wurden Ehen gestiftet, man hat sich gehauen, tanzte bis zur Hüfte im Schaum. 2010 war dann Schluss.

„Ich erinnere mich vor allem an die regionale Jugend. Das war das tollste Publikum, an das ich noch heute gern zurückdenke“, erzählt Bodo Rödiger, der die Disko in den ersten 20 Jahren mit seinem Bruder Bernd betrieben hat. Heute arbeitet er im Parkhotel Pretzsch. Die Jugend ist erwachsen geworden und nimmt nun das Schicksal der Immobilie selbst in die Hand.

Die Geschichte des Hauses reicht wesentlich weiter als bis zur Wende zurück. „Ganz genau kann man das nicht sagen, aber dass es zwei Gasthöfe in Trebitz gibt, ist seit Hunderten von Jahren belegt. Einer war direkt im Ort, und hier war seit mindestens 1650 eine Schankstube an der Straße zwischen Wittenberg und Dresden“, erklärt Torsten Schneider.

Der Tischlermeister ist der Chef des Vereins Trebitzer Dörferbund. 2013 wurde der aus der Taufe gehoben, um die Strukturen im Ort zu erhalten und zu stärken. „Durch die Gemeindegebietsreform sind wir als kleine Orte ja sozusagen entmündigt worden“, erklärt der Mann, der gleichzeitig auch Ortsbürgermeister ist. „Wir nehmen unsere Strukturen selber in die Hand und tun etwas“, sagt Schneider.

Der Verein Trebitzer Dörferbund 2013 sucht nach wie vor Unterstützer und Helfer zur Sanierung des ehemaligen „Gasthofs Knötzsch“ im Bad Schmiedeberger Ortsteil Trebitz. Dank freiwilliger Helfer und Sponsoren konnte inzwischen der Saalbereich entkernt und ein neuer Rohfußboden verlegt werden. Als nächstes sollen die Sanierungsarbeiten im Inneren der ehemaligen Gaststätte beginnen. Zuvor muss allerdings noch die Erneuerung des Daches erfolgen. Laut den Planungen vom Verein werden dafür insgesamt 285.000 Euro nötig. Ein Großteil der Summe kann über das Förderprogramm der Europäischen Union („Leader“) beglichen werden. Der Verein sammelt dafür Spenden, insgesamt muss ein Eigenanteil von 57.000 Euro zusammen kommen.

››Spenden sind über das Vereinskonto möglich, unter IBAN: DE 238 055 010 101 010 140 74

Von Beginn an ist der „Gasthof Knötzsch“ ein fester Punkt auf dem Plan der Truppe. „Die Vereine im Ort leiden darunter, dass er nicht mehr zur Verfügung steht“, erklärt er. Der Karnevalsverein etwa müsse ein großes Zelt mieten. Das Geld könne man sinnvoller ausgeben, seit 2013 ist inzwischen der Verein Trebitzer Dörferbund Besitzer des Objekts. Inzwischen kommt ein Ziel in Sicht: „Bis November 2018 wollen wir hier 285 000 Euro verbauen“, erklärt der energische Mann.

Auf eine Goldquelle ist der Verein aber nicht heimlich gestoßen. Zur Geldbeschaffung nutze man einen anderen Weg, das Zauberwort heißt „Leader“. „Der Großteil wird von der europäischen Union dazu gegeben. Zu jedem Euro, den wir als Spende auftreiben, gibt die EU vier Euro dazu“, so Schneider. „Wir bekommen von der EU so 228.000 Euro geschenkt.“ Außerdem ist die Sparkassenstiftung mit im Boot, jeden Tag wartet Schneider auf den Bewilligungsbescheid der Leader-Arbeitsgruppe.

Das Gebäude selbst hat die Renovierung bitter nötig. „Als erstes sollen die vier Dächer gemacht werden, es gibt schon Wasserschäden. Dann kommen die Original-Fenster wie in den 1950er Jahren rein, danach sind Heizung- und Sanitär dran.“

(mz)