1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Gastronomie in Gallin: Gastronomie in Gallin: Schilderwald mit Deichblick am "Schiffchen"

Gastronomie in Gallin Gastronomie in Gallin: Schilderwald mit Deichblick am "Schiffchen"

Von Anika Würz 24.06.2020, 06:35
Grit Walde-Stephan vor ihrer Gaststätte „Zum Schiffchen“ in Gallin.
Grit Walde-Stephan vor ihrer Gaststätte „Zum Schiffchen“ in Gallin. A. Würz

Gallin - Grit Walde-Stephan war die schnelle Wiederöffnung wichtig: „Wir haben alles daran gesetzt, dass wir wieder arbeiten dürfen“, sagt die Inhaberin. Dank Sondergenehmigung durfte das Gasthaus „Zum Schiffchen“ in Gallin dann bereits am 18. Mai ihr Geschäft wieder aufnehmen.

Harte Zeit

Während der pandemiebedingten Schließung plagten sie Sorgen in unbekanntem Ausmaß: „Das war irre, was du da für Ängste hast“, kommentiert Walde-Stephan die Monate April und Mai. In jener Zeit bezogen sämtliche ihrer Angestellten Kurzarbeitergeld, die staatlichen Zuschüsse erhielt Walde-Stephan aber erst Ende Mai.

Dementsprechend musste sie als Chefin jeglichen Lohn ihrer Mitarbeiter vorschießen und zusätzlich alle Fixkosten aus eigener Tasche abdecken. „Das ist schon hart gewesen“, räumt sie ein. Selten war sie so froh, keine Miete für ihre Gastronomie bezahlen zu müssen, hatte sie das Objekt doch 2001 von ihren Eltern übernommen.

Nun, da die Soforthilfe kam, wird klar: sie muss versteuert werden. Dass die Mehrwertsteuer für Getränke zudem nicht herabgesetzt wurde, macht die Lage für Walde-Stephan umso misslicher. Mittlerweile betrachte sie die staatliche Hilfe mit weniger leuchtenden Augen: „Wir müssen da alleine durch“, sei ihr klar geworden. Weitere Anträge auf Zuschüsse schreibe sie trotzdem. Die Einbußen durch Preiserhöhungen auszugleichen, fiele der Inhaberin allerdings nicht im Traum ein: „Ich lege das nicht um. Ich erhöhe auch die Preise nicht.“ Ganz klar formuliert sie, dass das Ausnutzen der Pandemie für sie nicht infrage kommt.

Alles auf Eis gelegt

An Renovierungen und konzeptuelle Umgestaltungen habe Walde-Stephan während des Lockdowns nicht gedacht. „Ich habe alles auf Eis gelegt“, berichtet die 51-Jährige. Immerhin war für lange Zeit unsicher, wann und in welchem Maße die Gastronomien überhaupt wieder öffnen dürfen.

Glücklich ist Walde-Stephan darüber, dass der Laden seit der Wiederöffnung brummt: „Es ist voll, es ist wirklich voll“, vor allem am Wochenende, so die Inhaberin. Natürlich würden die Feierlichkeiten im großen Saal der Gaststätte gerade ausfallen oder im sehr kleinen Rahmen stattfinden müssen. Allerdings gehe es beim „Schiffchen“ sowieso schon immer viel um das á-la-carte-Geschäft.

Gerade weil der Zulauf wieder groß ist, müssen sich Gäste und Bedienstete den Umständen der noch immer grassierenden Pandemie anpassen. Der „Schilderwald“, wie die Inhaberin den Außenbereich leider nennen muss, weist auf die Mindestabstände und das Platzieren der Gäste durch die Kellner hin. Die Einhaltung der Maßnahmen gehe soweit erstaunlich problemlos über die Bühne, freut sich Walde-Stephan: „Das läuft alles sehr vernünftig. Das lief auch Himmelfahrt super“, lobt sie das Zusammenspiel von Gästen und Personal.

Dass ihre sieben Festangestellten und ebenso viele Aushilfen dauerhaft mit Mund-Nasen-Bedeckungen arbeiten müssen, tue ihr hingegen leid. Vor allem bei der kommenden Sommerhitze sei diese Maßnahme kaum zu verantworten.

Weiterhin würde die Einhaltung des Hygienekonzepts hohe Kosten fordern: „Du hast weniger Umsatz, brauchst aber einen Mann mehr, der putzt und wischt und desinfiziert“, so Walde-Stephan.

Deichblick nach vorn

Im „Schiffchen“ sitzen die meisten Gäste gern draußen, mit Blick auf Deich und Elbe. Doch im Außenbereich befinden sich aktuell nur 80 statt vormals 120 Sitzplätze. Damit jeder Gast die gleiche Chance hat, die Gaststätte auch spontan zu besuchen, nimmt Walde-Stephan nur eine bestimmte Anzahl von Reservierungen an. Vor allem den ausgehungerten Radwanderern, die das „Schiffchen“ vom vorbeiführenden Elberadweg aus entdecken, kommt dies zugute.

So viel Ungewissheit und Sorge die vergangenen Monate brachten, so mutig und voller Zuversicht erscheint Walde-Stephan heute. Einerseits dankbar ist die Inhaberin für die Vielzahl an Gästen, die dem „Schiffchen“ treu geblieben sind: „Wir sind zufrieden, dass alles wieder so gut angelaufen ist“, sagt sie. Andererseits sei sie stolz auf ihr Team. Sie betont: „Ich bin wirklich froh.

Vor allem, weil mein Personal geblieben ist. Das ist das Allerwichtigste.“ Alles Weitere werde man nun, nachdem die größten Strapazen hoffentlich durchgestanden sind, unter dem Motto „Not macht erfinderisch“, schon auf die Reihe bekommen, ist sich Walde-Stephan sicher. (mz)