Firmenjubiläum Firmenjubiläum: Ein Vierteljahrhundert Annaburger Nutzfahrzeug GmbH
Annaburg - 25 Jahre Annaburger Nutzfahrzeug GmbH - das ist eine Erfolgsgeschichte. Sie zu feiern, hatte das Unternehmen etwa 600 Gäste geladen.
Wer Freitagmittag Einlass ins Festzelt begehrte, musste sich in Geduld üben. Jeder Gast wurde begrüßt, registriert und platziert. Ein lauter Gong kündigte den Beginn der Veranstaltung an. Vor dem üblichen Reden-Marathon bekamen die Besucher, zwischenzeitlich mit reichlich kühlen Getränken versorgt, einen Film gezeigt, der das Produktportfolio des Betriebes auf den Punkt brachte: Spezialhänger für die Landwirtschaft, zum Transportieren und Ausbringen organischen Düngers.
Betriebsgeschichte ab 1943
„Viele kennen unser Unternehmen, wissen aber nicht, dass die Ursprünge dessen, was hier entstanden ist, bis in das Jahr 1943 zurück reichen“, verdeutlichte André Lüderitz, neben Christian Puls einer der zwei Geschäftsführer und verantwortlich für den Bereich Produktion. Anfänglich noch in Reichweite des Steingutwerkes angesiedelt, fand der Betrieb 1960 am heutigen Standort eine neue und dauerhafte Bleibe. Einen Namen machte sich der ehemalige Betriebsteil des VEB Kombinat Fortschritt schon zu DDR-Zeiten. Bis zu 40 000 der bekannten Gülleanhänger wurden hier gefertigt. Etliche davon sind noch heute, auch in Osteuropa, unterwegs.
Die politische Wende brachte eine Zäsur. Die Treuhand löste das Kombinat auf, womit sämtliche Produktions- und Vertriebsstrukturen wegbrachen. Dem Engagement des Annaburgers Rainer Ullrich sowie des Bayern Sebastian Zunhammer sen. ist es zu verdanken, dass heute im Werk 200 Mitarbeiter beschäftigt sind und die Produkte auch in kritischen Zeiten ihre Abnehmer finden.
Zunhammer, der selbst einem Betrieb mit 135 Mitarbeitern und gegenwärtig 33 Millionen Euro Umsatz vorsteht, traf Ullrich 1991 auf einer Agrarmesse in Leipzig und war von dessen Visionen für den Annaburger Betrieb begeistert. Zudem, bekannte er Freitag gegenüber den Gästen, habe es schon damals zahlreiche Produktparallelen zwischen Annaburg und seinem Werk gegeben. Der Gedanke, sich in Annaburg als Hauptgesellschafter einzubringen, war deshalb keineswegs abwegig.
Wenn auch die Annaburger Nutzfahrzeuge im Jahre 1991 über vieles verfügten, was einen Neustart möglich machte, so fehlte es doch an einem - dem Bürogebäude. Diese Arbeit übernahm bis dahin die Verwaltung in Elsterwerda. Die Fertigstellung eines Bürogebäudes 1993 gehörte somit zu den ersten größeren Investitionen am Standort. In 25 Jahren wuchs nicht nur die Zahl der Mitarbeiter und der Produkte, auch der Jahresumsatz steigerte sich gehörig. Waren es 1992 noch umgerechnet 4,2 Millionen Euro, so verzeichnete das Unternehmen 2013 einen Umsatz von 26,6 Millionen Euro.
Mit 25 festen Mitarbeitern, von denen noch heute 18 im Unternehmen beschäftigt sind, sowie 25 ABM-Kräften wagte die Annaburger Nutzfahrzeug GmbH am 1. August 1991 den Schritt in die Marktwirtschaft. Zwar hielten Bestandsverkäufe und Serviceleistungen den Betrieb über Wasser, die notwendigen Investitionen deckten sie aber noch nicht. Diesen Part übernahmen Partner wie Zunhammer. Was die Annaburger einbringen konnten, waren Engagement, Wille und Ehrgeiz. Schnell kämpfte sich die Firma an den bis heute hart umkämpften Markt zurück, gewann Vertrauen und stetig mehr Kunden. Inzwischen liefert der Betrieb seine Produkte deutschlandweit und in 14 weitere Nationen aus. „Es waren verrückte Zeiten damals, alle waren in Aufbruchsstimmung. Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben, vor allem das Wie, wären heute unmöglich“, blickte Zunhammer auf eine spannende Phase zurück.
Ein Großteil des Erfolges, darin waren sich alle Redner einig, gebührt Rainer Ullrich. Vor zwei Jahren übergab er den Staffelstab nach 23 Jahren als Geschäftsführer an die nächste Generation. Heute sind es André Lüderitz (Produktion) und seit August diesen Jahres Christian Puls (Marketing, Finanzen, Vertrieb), die die Geschicke des Betriebes lenken.
Flexibilität ist nötig
Einfacher als 1991 ist die Aufgabe nicht geworden. Zwar verfügt das Unternehmen nach der Insolvenz der benachbarten Guma seit 2005 wieder über die alte Betriebsgröße aus Fortschritt-Zeiten, doch die problematische Lage der Landwirtschaft fordert flexibles Denken und langen Atem. „Für uns gibt es kein Zurück, nur ein Vorwärts“, betonte Christian Puls. Auch deshalb habe die GmbH in den letzten Monaten weitere 500.000 Euro in einen neuen Produktionsbereich investiert. Prognosen wollte er aber nicht wagen. „Die Parameter in Politik und Landwirtschaft ändern sich ständig. Doch die Weltbevölkerung wächst weiter, und sie muss ernährt werden. Dafür braucht es auch Betriebe wie uns. Wir müssen die sich daraus ergebenden Chancen erkennen und ergreifen. Immerhin ist es auch die Flexibilität unserer Produktpalette, die ein Agieren in kritischen Zeiten möglich macht“, so Puls.
Klare Worte fand Betriebsratsvorsitzender Roland Pischel. Er vermisste, wie andere auch, die Abgeordneten der Landespolitik im Festzelt. Zu gern hätte er ihnen selbst gesagt, dass sie es sind, die Fördergelder zuweilen im Land aktiven „Heuschrecken“ zukommen lassen, als bodenständigen Mittelstandsunternehmen wie der Annaburger Nutzfahrzeug GmbH. (mz)