1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. FC Grün-Weiß Piesteritz: FC Grün-Weiß Piesteritz: Anpfiff für die Elf der Herzen

FC Grün-Weiß Piesteritz FC Grün-Weiß Piesteritz: Anpfiff für die Elf der Herzen

Von Michael Hübner 14.08.2015, 08:32
Florian Freihube (li.) und Kevin Redlich jubeln. Zum Auftakt im Vorjahr wird 4:0 in Wolfen gewonnen. Jubelt das Duo nun auch am Samstag?
Florian Freihube (li.) und Kevin Redlich jubeln. Zum Auftakt im Vorjahr wird 4:0 in Wolfen gewonnen. Jubelt das Duo nun auch am Samstag? Archiv/Ruttke Lizenz

Piesteritz - Schiedsrichter Maximilian Scheibel pfeift am Sonnabend im Volkspark um 14 Uhr - zu Gast ist der VfB Sangerhausen - die neue Saison in der Fußball-Verbandsliga an. Der Referee leitet mit dem Anstoß auch eine neue Zeitrechnung in der 96-jährigen Geschichte des FC Grün-Weiß Piesteritz ein. Dabei setzt die Führungsetage nach exakt 21 Jahren nur noch auf Spieler, die echte Piesteritzer sind und seit Jahren mit dem Verein durch dick und dünn gehen und ihm die Treue halten. Das kann FC-Pressesprecher Philipp Scopp mit Zahlen belegen. Der 21-Jährige - selbst seit 1997 ein Grün-Weißer - hat die Elf vom 3:2- Pokalsieg in Ramsin auf Bitten der MZ unter die Lupe genommen: Torwart Marvin Kleinschmidt (20 Jahre/im Verein seit 2001), Patrick Pfeifer (26/2011), Tom Polaszek (18/ 2005), Kapitän Florian Freihube (25/2004), Daniel Gallin (27/2003), Sebastian Töpfer (21/2010), Jörg Steiner (30/2013), Dennis Marschlich (21/2000), Jonny Karaschewski (20/2002), Michael Müller (28/2004) und Brian-Lucas Körnicke (17/2005).

Auf der Bank saßen Maximilian Arlt (21/2003), Christoph Düsedau (17/2005) und Kevin Redlich (21/2014). „Auch Kevin ist ein Piesteritzer. Er kam von Prettin zum Stützpunkt in den Volkspark und ging später zum 1. FC Magdeburg“, sagt der Ex-Kapitän und jetzige Cheftrainer Heiko Wiesegart. Er und sein Co., Ex-Torwart und Fanliebling Jan Lindemann, gehören beim FC quasi zum Inventar. Beide gehören mit 36 bzw. 37 Jahren zu den jüngsten Trainern in der Liga.

Cheftrainer als flinker Balljunge

Das freilich kann sogar ein großer Vorteil sein. Das Duo spricht die Sprache der Kicker. Und so geht es bei den Trainingseinheiten familiär und locker zu, fast alles wird mit dem Leder gemacht. „Wir spielen schließlich Fußball“, begründet Wiesegart, der aber auch von schweren Übungseinheiten, die die Spieler an die Grenzen gebracht haben, berichtet. Mit dem bisherigen Engagement seiner Schützlingen sei er „sehr zufrieden“.

Am Dienstagabend sind es zwölf Kicker, die der tropischen Hitze trotzen. Höhepunkt ist ein Match Weiß gegen Grün auf einem halben Feld, aber mit großen Toren. Fernschüsse sind tabu, alle Situationen sind spielerisch zu meistern. Verschnaufpausen gibt es keine. Geht ein Ball ins Aus, kommt sofort ein neuer ins Spiel. Der Cheftrainer persönlich ist der flinke Balljunge - und auch das ist bei den Temperaturen eine schweißtreibende Angelegenheit. Es gewinnt das Team mit Kleinschmidt, der einige gute Paraden zeigt, und mit Marschlich. Der Stürmer fällt durch sein Engagement besonders auf, offensichtlich will er in die Stamm-Elf bzw. den Platz in der Anfangsformation unbedingt behalten.

Künftig ein Tick offensiver?

Tatsächlich ist der Angriff nicht das Sorgenkind des Teams. Möglicherweise setzen die Verantwortlichen künftig sogar auf einen Tick mehr Offensive. In den Tests sieht das 4:4:2 gut aus. „Zwei Spitzen sind eine Option“, sagt Wiesegart, der sich aber nicht in die Karten schauen lässt. „Die Aufstellung erfahren die Jungs nicht aus der Zeitung, sondern von mir“, kündigt er selbstbewusst an. Im Training haben sich nach Meinung der Übungsleiter einige Spieler für eine Nominierung aufgedrängt.

Große Korrekturen gegenüber der Ramsin-Partie, wo die Elf 75 Minuten überzeugt, sind nicht unbedingt erforderlich. Insider vermuten aber, dass der eingewechselte Redlich am Samstag von Anbeginn eine Chance erhalten könnte.

Mitte der 90er Jahre werden die Piesteritzer von den Gegnern als „kleine Weltauswahl“ verspottet. Im Volkspark avancierten dagegen die Fußballer aus der Ukraine oder Ungarn zu Publikumslieblingen. „Wladi-, Wladi-Rufe“ gab es bei fast jedem Heimspiel zu hören.

Wladimir Khoma, der 1994 das Team verstärkte, war ein wesentlicher Faktor beim Aufstieg in die Fußball-Verbandsliga 1997. Khoma ist so beliebt, dass er in die Jahrhundert-Elf der Grün-Weißen gewählt wird. Damit gehört der Mann aus der Ukraine genauso zu Legenden im Volkspark wie Rudi Frank, Olaf Buhle, Heinz Trenkel, Martin Buchheim, Jürgen Roscher, Fritz Knabe, Joachim Stachetzki, Hans Schulz, Erwin Witteck oder Wolfgang Knust.  

Am vergangenen Wochenende gibt es noch etwas Bemerkenswertes. Das Interesse der Fans ist wieder erwacht. Etwa die Hälfte der 75 Besucher reist aus Wittenberg an. Das gab es schon lange nicht mehr. Das zeigt aber auch, dass die neue Mannschaft einen Sympathiebonus besitzt und das Zeug hat, eine Elf der Herzen zu werden.

Dabei ist allen klar, dass nach der Vizemeisterschaft im Vorjahr durch den Weggang von zwölf Spielern jetzt deutlich kleinere Brötchen gebacken werden. Das offizielle Ziel lautet Klassenerhalt. „Anspruch muss es sein“, sagt dazu der ehemalige FC-Sportdirektor Edgar Gnauert, „einen Mittelfeldplatz anzustreben“.

„Unser Saisonziel ist das Mittelfeld“, sagt der sportliche Leiter des VfB Sangerhausen, Günter Brötzmann. Nach seinen Angaben setzt auch der VfB „auf junge Leute aus der Region“. Der Mann, der am Samstag als Cheftrainer fungiert, umschreibt die Tagesaufgabe mit den gleichen Worten wie sein Kollege Wiesegart: „Nicht verlieren!“

Allerdings wirken die Gäste dann doch ein bisschen angriffslustiger. Marcus Rauer redet nicht lange um den Brei herum. „Wir fahren nach Piesteritz, um zu gewinnen“, sagt er. Und Rauer, als Manager und Abwehrspieler beim Verbandsliga-Team tätig, hat auch schon den passenden Tipp parat: „2:1 für uns geht es aus.“ Grund für den Optimismus sind die guten Leistungen gegen die Oberligisten Markranstädt und Erfurt II. „Wir haben uns weiter entwickelt. Vor allem im Offensivbereich sind wir weiter als vor einem Jahr“, so Rauer. Offen ist allerdings noch, wer die Nummer eins trägt. Die Entscheidung von Torwart-Trainer Eniz Paden steht noch aus.