Letztes Erntedankfest Erntedankfest: Nach 15 Jahren ist Schluss mit der Kräuterscheune in Schleesen

Schleesen - Blumen und Kräuter sind schon da, Äpfel und Birnen auch, bei den Quitten fällt die Ernte in diesem Jahr spärlich aus. Jetzt fehlen noch die Kürbisse, dann ist in der Schleesener Kräuterscheune fast alles beisammen fürs traditionelle Erntedankfest. Am Sonnabend und Sonntag dieser Woche wird es gefeiert.
Seit 15 Jahren ist das so. Und immer hat Gärtnerei-Chef Bernd Neubauer aus Kakau mehr als eine Woche mit den Vorbereitungen zu tun. Das schaffte er am Anfang mit seinem Mitarbeiter Matthias Seidler noch alleine, in den letzten Jahren müssen drei Mitarbeiter und noch dazu Verwandte und Bekannte mitanpacken, wenn eines der fünf bis sechs Veranstaltung-Wochenenden pro Jahr in der Kräuterscheune ansteht.
Adventsmarkt der Kräuterscheune kommt noch, dann ist Schluss
Das bindet Energie und „meine eigene Kraft lässt nach, da kommen viele Dinge zusammen“. Bernd Neubauer sitzt etwas traurig am langen Holztisch im Hof des Schleesener Gehöftes. Um ihn herum werden Bänke heraus getragen, Stühle abgestaubt, Dekorationen verteilt. Das letzte Mal in einem Herbst, aber nicht das letzte Mal in diesem Jahr. Am zweiten und dritten Advent richten er und seine Leute noch einmal den Adventsmarkt aus. „Dann wird es die Kräuterscheune in dieser Form nicht mehr geben“, erklärt Neubauer.
Von manchen Gerüchten hat er schon gehört, nun will er selbst den Rückzug erklären. Womöglich waren die Veranstaltungen einfach zu erfolgreich. Die Unternehmungen zum Rosenfest, zum Erntedank und zur Weihnacht haben Ausmaße angenommen, die der Betreiber der Gärtnerei in Kakau nicht mehr ohne Weiteres stemmen kann. „Je größer wir wurden, desto mehr Stress stellte sich ein“, sagt er.
Das Erntedankfest in der Kräuterscheune Schleesen findet am 30. September und 1. Oktober, jeweils ab 11 Uhr, zum Abschluss des Gartenjahres statt. Man kann dabei nicht nur den Bauerngarten in seinen Herbstfarben bewundern, sondern auch Fell- und Federtier in den Ställen besuchen. Altes Handwerk stellt sich mit Drechsler, Korbmacher und Spinner vor. Die Gemüseschnitzer aus Magdeburg demonstrieren ihre Kunst.
Ein breites Angebot an Kräutern, Duft- und Heilpflanzen kann man ebenso kaufen wie Gehölze und Stauden. Dazu gibt es die beliebte Kürbis- und Holundersuppe ebenso wie frisch gepressten Apfelsaft und selbst gestampftes Sauerkraut sowie Schafskäse. Kinder können Getreide selbst mahlen.
Zur Kaffeezeit werden am Sonnabend um 14 Uhr die Elbetaler Blasmusikanten unterhalten. Am Sonntag um 14 Uhr wird der traditionelle Scheunen-Gottesdienst zum Erntedank gefeiert und danach tritt die Nordmann-Trachtengruppe aus Dessau-Mildensee auf.
Am Ende, so wird gemutmaßt, war wohl auch etwas von der Urgemütlichkeit der Anfangsjahre verloren gegangen, als noch nicht so viele Besucher an den Wochenenden kamen, als er selbst die Vorbereitungen als Ruhepol und Erholung empfand. „Aber von wenigen Leuten kann ich nicht leben“, meint Neubauer, der sein Hauptgeschäft nicht vernachlässigen will und dort die Verantwortung für seine Angestellten trägt.
Die Entscheidung hat er sich ohnehin nicht leicht gemacht und mit dem Team besprochen. „Der schönste Lohn für die 15 Jahre Kräuterscheune wäre, wenn sich jemand finden würde, der das Anwesen weiterhin erhalten kann und vielleicht sogar ähnlich fortführt“, meint er.
Das wäre dann wohl auch ganz im Sinne von Tante Lina, die Bernd Neubauer einst das Gehöft vererbte. Er sieht sich immer noch auf dem Grundstück stehen, mit einem Garten, in dem nicht viel wächst, und Räumen nebst Scheunen, in denen die Zeit stehen geblieben war. „Mir gefiel das Unbelassene. Da waren all die alten landwirtschaftlichen Geräte und ich überlegte, was man damit anfangen könnte.“ Das war zunächst nicht viel mehr als ein Pflanzenverkauf mit Kaffee und Kuchen beim Rosenfest im Sommer 2002. „Weil es allen gefiel, setzten wir gleich ein Herbstfest drauf“, erinnert sich Neubauer.
Daraus geworden ist nun in 15 Jahren eine feste Veranstaltungsgröße in der Region mit manchmal 900 Besuchern an einem Wochenendtag. Mit seiner Spezialisierung auf Kräuter und alte Pflanzensorten, einer Prise Nostalgie und vor allem mit ganz viel Liebe zum Detail bei den Dekorationen hatte Bernd Neubauer eine Nische gefunden, die Gäste anzog. „Wir haben sehr viele treue Besucher und Fans“, sagt er und bedankt sich nicht nur bei diesen, sondern auch bei den Händlern, Partnern und Künstlern, die in all den Jahren kamen, bei verständnisvollen Nachbarn und Behörden.
Kräuterscheune Schleesen und ihre Idee behält das Team im Herzen
„Die Kräuterscheune wird jedenfalls in unserer Gärtnerei in Kakau weiterleben“, verspricht er schon jetzt, auch die Stände auf den Märkten und zur Weihnachtszeit wird niemand missen müssen. „Wenn es ginge, würde ich die Kräuterscheune am liebsten mit jedem Pflasterstein mit nach Kakau nehmen.“ Das wäre freilich noch weitaus mühsamer, als es jetzt schon ist, um alles nach Schleesen zu bringen.
Bernd Neubauer und seine Leute behalten die Kräuterscheune und ihre Idee im Herzen. Womöglich wächst aus diesem Abschied auch ein Neuanfang mit anderen Enthusiasten. Tante Linas Gehöft ist schließlich noch da und mit dem Kakauer Gärtner gibt es einen guten Ratgeber, der weiß, wie man erlebnisreiche Wochenenden auf dem Land ausrichtet.
(mz)