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Ein Welterbe trocknet aus Ein Welterbe trocknet aus: Wassermangel setzt Wörlitzer Gartenreich zu

Von Hagen Eichler 10.07.2018, 04:00
2017, als die Idylle noch in Ordnung war: Wenn der Wasserstand hoch genug ist, sind Gondelfahrten im Wörlitzer Park eine belebte Attraktion.
2017, als die Idylle noch in Ordnung war: Wenn der Wasserstand hoch genug ist, sind Gondelfahrten im Wörlitzer Park eine belebte Attraktion. Klitzsch

Magdeburg - Die derzeitige Trockenheit wird im Dessau-Wörlitzer Gartenreich dauerhafte Schäden hinterlassen. Die knapp 40 Gartenmitarbeiter schaffen es nicht, fehlende Niederschläge durch Bewässerung auszugleichen.

„Wir haben bereits Trockenschäden im Altbaumbestand. Diese Stellen im Kronenbereich werden wohl absterben“, sagte Garten-Direktor Michael Keller. Seine Mitarbeiter kämpfen täglich darum, dass zumindest neugepflanzte Bäume und Sträucher sowie Sommerblumen nicht vertrocknen. Alle Rasenflächen sind längst gelb.

Wasserstand in Wörlitzer Gartenreich dramatisch niedrig

„Der Wasserstand ist dramatisch niedrig“, sagte Gartenreich-Sprecher Steffen Kaudelka. In der vergangenen Woche musste der Park deshalb sogar die Gondelfahrten auf den Kanälen einstellen. Auf absehbare Zeit ist nur noch der Wörlitzer See befahrbar. Das im 18. Jahrhundert angelegte Gartenreich gehört zu den schönsten Parks in Europa und ist als Unesco-Welterbe anerkannt.

Auch entlang der Elbe leidet die Natur. „Die Auwälder sind bereits seit Jahren erheblichem Stress durch Trockenheit ausgesetzt, weil die regelmäßigen Überflutungen fehlen“, urteilt Stephan Naumann vom Umweltbundesamt.

Elbe büßt 80 Prozent seiner natürlichen Überflutungsfläche ein

80 Prozent seiner natürlichen Überflutungsfläche habe der Fluss verloren, auf dem verbliebenen Rest funktioniere der Wechsel von Überflutung und sinkenden Wasserständen nur noch eingeschränkt. Seltene Pflanzen und amphibische Tiere seien bedroht. „Das Problem ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, weil es schon noch grüne Bäume gibt“, sagte Naumann. „Für nachwachsende Bäume und Sträucher reicht das Wasser aber nicht. Der Auwald kann sich so nicht mehr verjüngen und stirbt.“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht nicht nur den aktuellen Regenmangel, sondern den Umbau der Elbe zur Wasserstraße als Ursache. Der Fluss werde unnatürlich eingeengt, dadurch fließe er zu schnell und spüle das eigene Flussbett weg - Fachleute sprechen von Sohlerosion. „Weil der Fluss zu tief liegt, entzieht er den Auen das Wasser“, sagte die Elbe-Expertin Iris Brunar vom BUND.

Kirchenpräsident Liebig spricht sich gegen Ausbau der Elbe aus

Bei einer Schlauchbootfahrt von Coswig nach Roßlau diskutierte der Umweltverband am Montag die Lage mit 20 Vertretern aus Verwaltung, Wissenschaft und Gesellschaft. Naturnahe Flusslandschaften seien sehr wichtig zum Regulieren des Wasserhaushalts, sagte die Umweltplanerin Alexandra Dehnhardt von der TU Berlin.

Oberste Priorität müsse sein, das Wasser in der Landschaft zu halten, statt es rasch abzuleiten. Anhalts evangelischer Kirchenpräsident Joachim Liebig warnte vor einem Ausbau der Elbe zugunsten der Güterschifffahrt. „Dieser Fluss wird nie als Verkehrsweg herstellbar sein. Der Aufwand wäre unbezifferbar.“ Die Politik solle stattdessen auf Tourismus am Fluss setzen, empfahl Liebig.

Im vergangenen Jahr hatten sich der Bund und die Elbanlieger-Bundesländer darauf verständigt, durch Baumaßnahmen - etwa durch Buhnen - eine Fahrrinnentiefe von 1,40 Meter an mindestens 245 Tagen im Jahr herzustellen. Ein gut 30 Millionen Euro teures Pilotprojekt zwischen Wittenberg und Torgau soll der Schiffbarkeit dienen, aber zugleich die Erosion mindern.

Wegen der niedrigen Pegelstände können Frachtschiffe die Elbe seit Wochen nicht mehr befahren. Zuletzt stellte auch die Magdeburger Weiße Flotte den Verkehr ein. (mz)