Dübener Heide Dübener Heide: Raubvogel im Sturzflug

Pretzsch - Behutsam holt Wolfgang Mursa seinen 27 Jahre alten Steinadler Pollux aus dem Käfig seines Autos. Das mächtige Tier springt auf seinen linken Arm. Danach thront der Raubvogel majestätisch auf dem Lederhandschuh des Falkners - und beäugt dabei etwas skeptisch seine Artgenossen. Etwas entfernt sitzt ein Uhu auf einer Stange, auch zwei Habichte warten auf ihren Einsatz.
Untersuchung vor der Jagd
Am vergangenen Wochenende traf eine kleine Gruppe Falkoniere aus ganz Sachsen-Anhalt aufeinander, um gemeinsam mit ihren Tieren auf Beizjagd zu gehen. Sie gehören zum Orden Deutscher Falkoniere (ODF) und haben erstmals für ihre Tagung die Dübener Heide ausgesucht. „Das hier ist ein wunderschönes Fleckchen Natur. Und es eignet sich prima für unsere diesjährige Beizjagd“, erzählte Wolfgang Mursa aus der Harzstadt Güntersberge und fuhr fort: „Diese so genannte Beizjagd ist nichts anderes als das Jagen mit Raubvögeln - und das haben wir heute vor.“
Doch bevor es am Sonnabend auf die Jagd ging, musste jeder Vogel genauestens untersucht werden. „Man sieht direkt auf Anhieb, ob ein Vogel gut gehalten wird und gesund ist. Wenn er kahle Stellen im Gefieder hat, weist das meist auf einen schlechten Umgang mit den Tieren hin“, erklärte Karl-Heinz Müller aus Wittenberg, der das Wochenende organisiert hat. Die Raubvögel, die in der Dübener Heide am Start waren, zeigten sich ausnahmslos gut in Form.
Der Orden der Deutschen Falkoniere (ODF) wurde 1959 in der Sennhütte Osterwald gegründet und umfasst derzeit ca. 400 Mitglieder, die sich in sechs Landesverbänden organisieren. Sie verstehen sich als familiäre Gemeinschaft von Falknern und Greifvogelfreunden und sehen sich als Fachverband für Zucht, Haltung und Pflege heimischer Greifvögel sowie für die Ausübung einer artgerechten und zeitgemäßen Falknerei. Sie helfen zudem bei der Erfüllung der Aufgaben des Natur- und Artenschutzes. Die Erhaltungszucht der bestandsgefährdeten heimischen Greifvögel dient dem Ziel, die Wildform nach Art, Unterart, Form und Verhalten zu sichern.
Die Beizjagd nahe der Lausiger Teiche bei Bad Schmiedeberg war ein voller Erfolg. Die Raubvögel hatten es kaum abwarten können, von der Leine gelassen zu werden, um im Sturzflug Beute zu erlegen.
Allerdings konnten am Wochenende aus unterschiedlichen Gründen nur fünf der 22 Mitglieder des ODF an der Tagung teilnehmen. Dies findet Karl-Heinz Müller schade: „Es ist nicht zu ändern, dass wir momentan nur so wenige sind. Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass sich mehr junge Menschen für den Beruf eines Falkners interessieren. Unsere Mitglieder sind meist jenseits der 50 - und was kommt dann?“
Doch glücklicherweise gibt es auch Nachwuchs im Verein. Anja Gabler ist im Moment die Schriftführerin des ODF, doch sie hat ziemlich konkrete Vorstellungen, wie es weitergehen soll. „Derzeit bin ich noch keine Falknerin. Dafür benötigt man ja auch eine Ausbildung als Jäger, die ich noch nicht habe. Aber die möchte ich bald in Angriff nehmen.“ Trotzdem hatte Anja Gabler am Sonnabend ihren Uhu dabei. Er zählt zwar ebenfalls zu den Greifvögeln und jagt mit Vorliebe Mäuse und kleinere Kaninchen, dennoch lässt sie ihn nicht fliegen. „Der kann gerne zugucken, wenn die anderen Vögel Jagd machen, er ist ja mit anderthalb Jahren noch ziemlich jung.“
Große Verantwortung
Genau wie Anja Gabler weiß auch Wolfgang Mursa, dass man mit einem Greifvogel eine große Verantwortung trägt. „Wer sich dafür entscheidet, Falkner zu werden, muss damit leben, dass die eigene Familie ein wenig zu kurz kommt. Man muss jeden Tag viel Zeit in das Tier investieren - es muss trainiert werden und eine Bindung zu seinem Besitzer entwickeln. Und wenn man das mal so betrachtet, mein Steinadler Pollux kann bis zu 60 Jahre alt werden. Während dieser Zeit ist kein Urlaub auf Teneriffa möglich, denn es gibt niemanden, der auf solch ein Tier aufpasst.“
(mz)