Dresden-Marathon Dresden-Marathon: Turnerin Juliane Thiele verblüfft Laufwelt

Wittenberg - So schnell kann doch keine Frau sein! Die Stoppuhr bleibt bei 2:58:13 Stunden stehen. Die Athletin mit der Startnummer 40131 hat die Distanz von 42,196 Kilometern mit Bravour gemeistert. Es ist Rang vier beim Dresden-Marathon. Im Wettkampf erreichen 239 Läuferinnen das Ziel. Sie sind durchschnittlich 4:08:28 Stunden unterwegs. Juliane Thiele - sie trägt eben die 40131 - braucht über 70 Minuten weniger. Mehr noch: So schnell war noch nie eine Wittenbergerin! Das zumindest haben die Statistiker unter den Lauffreunden errechnet.
Trainingsplan aus dem Internet
„Davon habe ich gehört“, sagt die 24-Jährige, die in Kopenhagen lebt. Es ihr erster (!) Marathonlauf überhaupt. Schon die Vorbereitung auf das Event läuft ungewöhnlich ab - ohne Trainer, ganz individuell. „Es gibt im Internet ein Programm, da kann man seine bisherigen Laufzeiten und weitere Angaben eintragen und dann wird ein Trainingsprogramm erstellt“, berichtet die Sportlerin. Der Computer ist gnadenlos. Vier Monate Vorbereitung. Training ist fünf Mal die Woche angesagt - und das eben 16 Wochen lang. Der Erfolg dieser Methode ist verblüffend.
Und die Marathon-Zahlen deuten an, dass da vielleicht sogar noch mehr geht. Die Debütantin läuft sehr ausglichen, absolviert die erste Runde in 1:29:03 h und ist in der zweiten Hälfte lediglich die Winzigkeit von acht Sekunden langsamer. „Das täuscht. Ich bin die Strecke zu schnell angegangen. Ich musste schon ganz schön kämpfen. Aber ich wolle es unbedingt schaffen“, so die junge Frau, die Dresden aus ihrer Studienzeit - Spezialgebiet Marketing - bestens kennt.
Die Strecke startet auf der Ostra-Allee und führt auf einem flachen Rundkurs durch das Stadtzentrum. Dabei wird am Anfang die Elbe zweimal auf der Marienbrücke und die Augustusbrücke überquert. Nach zwei Kilometern erreichen die Läufer den Theaterplatz mit Zwinger und Semperoper. Hinter einem Streckenabschnitt an der Elbe und der Brühlschen Terrasse wird der Große Garten durchquert. Über die Carolabrücke läuft das Teilnehmerfeld zur Neustädter Elbseite und auf dem Königsufer bis zum Japanischen Palais. Dann geht es über die Augustusbrücke zurück zum anderen Elbufer und an der Semperoper vorbei zum Ziel am Kongresszentrum.
Kein Stadtrundgang
Die Sehenswürdigkeiten der Altstadt - ein Marathonlauf ist eben keine Stadtbesichtigung - kann Thiele nicht genießen. „Aber das Kopfsteinpflaster habe ich schon gespürt“, verrät die Sportlerin, die in ihrer bisherigen Laufkarriere zwei Mal die halbe Distanz in Kopenhagen bewältigte. Darunter ist aber auch ein Lauf während der Weltmeisterschaften. „Da habe ich eine Startnummer kaufen können“, berichtet sie. Ihr Chef habe quasi „Last Minute“ vermittelt.
In der dänischen Hauptstadt will die Lutherstädterin auch ihren ersten Marathon angehen. Sie ist im Frühjahr aber für die große Distanz nicht ganz fit. Das nächste Ziel ist Berlin. „Bei der Verlosung der Startnummern hatte ich aber kein Glück“, ärgert sich die Studentin über die Absage. Die nächsten Optionen sind Frankfurt am Main und eben Dresden. „Die Nähe zu Wittenberg“ habe schließlich für die sächsische Landeshauptstadt den Ausschlag gegeben. Hier erlebt auch eine kleine Fangemeinde - bestehend aus Mutter und Bruder - den sensationellen Premierenlauf. Thieles sind eben eine sportbegeisterte Turnerfamilie.
„Ich habe mich bis zum 18. Lebensjahr in den Frauen-Disziplinen Boden, Sprung, Stufenbarren und Balken versucht“, so Juliane Thiele, die aber nach eigen Angaben nie wirklich erfolgreich war. „Deshalb habe ich ja auch die Sportart gewechselt“, betont die Ex-Tunerin, die mit 16 ihre ersten Lauferfahrungen sammelt „Das war in Amerika während des Austauschjahres“, erinnert sie sich. Das Fast-Food-Essen in Amerika habe sie als Angriff auf ihre Figur verstanden. „Joggen und Fitnessstudio“, nennt sie ihre Verteidigungsstrategie.
80 Runden im Lambert-Stadion
Zurück in Wittenberg nimmt sie regelmäßig am Benefizlauf im Arthur-Lambert-Stadion teil. „Ich habe von Jahr zu Jahr meine Rundenzahl gesteigert. Zuletzt waren es 80“, so Juliane Thiele, der zuzutrauen ist, dass auch ihre Marathonzeit noch besser wird. Sie will sich jetzt - mit ein bischen mehr Glück „in der Lotto-Ziehung“ - den Traum von Berlin erfüllen. (mz)