St. Petrikirche Der Pater geht in Wörlitz

Lange hat Alfons Averbeck im Bibelturm Dienst getan. Mit 83 Jahren strebt er nun in den Ruhestand. Wiedersehen nicht ausgeschlossen.

Von Corinna Nitz 06.12.2021, 11:44
Alfons Averbeck im Schatten der St. Petrikirche in Wörlitz.
Alfons Averbeck im Schatten der St. Petrikirche in Wörlitz. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wörlitz/MZ - Alfons Averbeck ist 83 Jahre alt, aber die Stufen im Turm der Wörlitzer St. Petrikirche nimmt er in einem beeindruckenden Tempo. Wenn er den Aufstieg kurz unterbricht, dann nur, um an einem Fenster auf die schöne Aussicht in die Umgebung aufmerksam zu machen. Oder auf kleine Objekte in Mauernischen, die gleichsam ein Hinweis sind auf den besonderen Ort: den Bibelturm mit seiner Ausstellung und jenem Raum, der angefüllt ist mit unterschiedlichen Bibeln. Viele Jahre war das 66 Meter hohe Bauwerk auch Wirkungsort für Averbeck, denn der Maristenpater gehört zu jenen guten Seelen, die Ansprechpartner sind für Besucher des ökumenischen Projektes. Nun geht Averbeck in den Ruhestand. Der Aufstieg an diesem Freitag vor dem zweiten Advent ist denn auch sein letzter.

Tage, Wochen, Monate

Averbeck kann allerhand berichten von seinen Einsätzen im Bibelturm, in all den Jahren kamen viele Tage, Wochen, Monate und Gespräche zusammen. Einmal hat er auch gepredigt, unten natürlich, es war Palmsonntag und er hatte wohl 20 Seiten vorbereitet. Dann bat ihn der zuständige Pfarrer: „Mach es kurz, Alfons, es sind nur sechs Grad.“ Averbeck muss lachen, als er diese Episode erzählt. Überhaupt scheint er ein frohgemuter Mensch zu sein und man kann sich gut vorstellen, dass er ausgesucht freundlich auf die Besucher zu- und eingegangen ist, von denen sich viele gewundert hätten, in einer evangelischen Kirche einen katholischen Priester anzutreffen. Manche, sagt Averbeck, wollten auch einfach nur nach oben, „aber ein Kirchturm ist doch nicht nur dazu da, um runter zu gucken“.

Dafür, dass der Weg nach oben zu einem Erlebnis wird, sorgt auf mehreren Etagen die Schau „feste feiern“ zu Jesu Leben und Wirken und den damit verbundenen christlichen Festen. Begonnen wird mit Advent, Weihnachten und Epiphanias, was natürlich gerade gut in die Zeit passt. Was die Besucher angeht, so hat Averbeck offenbar eine große Bandbreite getroffen: viele Nationalitäten, sehr fromme Leute und studierte und solche, die ihm erklärten, Atheist zu sein. „Dann sind sie ausbaufähig“, habe er zu letzteren gesagt. „Man muss jeden annehmen“, sagt er nun zur MZ.

Wo alles begann

Irgendwann hat Averbeck begonnen, was ihm wichtig erschien ganz für sich in Oktavhefte zu stenografieren. Wer kommt hier hoch? Warum? Und von wo? Er hat sich Autokennzeichen eingeprägt und erinnert sich an einige Einlassungen, die von „Nur mal gucken wollen“ bis „Ich bin sehr fromm“ reichten. Es gab auch tiefschürfende und intensive Gespräche, sagt Averbeck, der übrigens aus Niedersachsen stammt und in seinem Leben an einigen Orten gewirkt hat, lange in Köln und sieben Jahre im Emsland. 2003 kam er nach Dessau, wo sich die Maristenpatres niedergelassen hatten. Im Rahmen seines Einsatzes hat er auch mal an einer Berufsschule unterrichtet. Und auf der Website der Stadt Oranienbaum-Wörlitz wird er in der katholischen Kirche Christkönig immer noch unter „Seelsorger“ geführt.

Doch seine Tage hier sind gezählt. Die Patres ziehen sich zurück und Averbeck geht zum Jahresende dorthin, wo alles begann: nach Fürstenzell/Passau: Im Dom zu Passau wurde er nach dem Studium der katholischen Theologie 1965 zum Priester geweiht. Ob er etwas aus seiner Zeit in Anhalt vermissen wird? Die Begegnungen, sagt er, und die hatte er nicht nur bei der Arbeit und im Bibelturm, sondern auch beim Tischtennis im Verein, „das schafft Gemeinschaft“, sagt er. Was aber den Bibelturm betrifft, so sei es ihm dort nie bloß um die Schrift gegangen, sondern darum darzustellen, „dass man zu Jesus eine lebendige Beziehung aufbauen kann“. Er habe übrigens den Wörlitzern versprochen, dass er in der Saison zurückkommen würde, um im Bibelturm zu helfen.

Und umgekehrt? „Natürlich wird er uns fehlen“, sagt Pfarrer Thomas Pfennigsdorf auf eine MZ-Anfrage. Die Rede ist aber auch von der Bitte, dass Alfons Averbeck den für den Bibelturm zuständigen Pfarrer Torsten Neumann im Urlaubsfall mal vertritt, wenn die Umstände Averbeck das erlauben.