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Geburtstag eines Philosophen Auf Spurensuche nach dem Radiser Wilhelm Traugott Krug

In Radis schlummern unbekannte Schätze - Schriften des Philosophen W.T. Krug. Diese wecken nun das Interesse von Einwohnern.

Von Paul Damm 22.06.2021, 10:41
Evelin Erdmann und Isabella Weber (v. l.) vor dem Elternhaus Krugs
Evelin Erdmann und Isabella Weber (v. l.) vor dem Elternhaus Krugs Foto: Paul Damm

Radis - Es ist alles andere als einfach, weiß Isabella Weber, sich dem Nachfolger von Immanuel Kant zu nähern. Die Ortschronistin von Radis packte jedoch der Ehrgeiz, mehr über Wilhelm Traugott Krug erfahren zu wollen - den Philosophen, der in Radis bei Kemberg geboren wurde und aufwuchs. Weber begab sich auf die Suche: Sie durchforstete das Internet nach Biografien, wälzte Bücher und entdeckte dabei Schriften des Philosophen, die sie in die heutige Sprache übersetzte. „Ich war sehr fasziniert von Krug. Seit etwa fünf Jahren befasse ich mich tiefgründig mit ihm. Zuvor war er mir nicht sehr geläufig“, erklärt die Radiserin. So gehe es vermutlich vielen aus der Region, die den Namen des Philosophen hören, mutmaßt Weber.

In Erinnerung rufen

Um Krug, der am heutigen Dienstag 251 Jahre alt geworden wäre, wieder ins Gedächtnis zu rufen, wurde im Rahmen des Radiser Heimatvereins eine Initiative bestehend aus drei Mitgliedern gegründet. „Krug soll wieder Bekanntheit erlangen. Vielen ist gar nicht mehr bewusst, was wir hier für einen Schatz haben“, berichtet Evelin Erdmann, Ortsbürgermeisterin von Radis und Mitglied der Initiative. Gemeinsam mit Isabella Weber und Martin Jösel, ehemaliger Oberstudienrat aus Weil am Rhein, begab sie sich auf Spurensuche.

Die drei brachten in Erfahrung, dass Wilhelm Traugott Krug in einem Haus des örtlichen Rittergutes aufwuchs, später eine Schule in Gräfenhainichen und dann die renommierte Fürstenschule zu Pforta besuchte. „Man merkte schon in der Kindheit, dass er ein schlaues Kerlchen war“, sagt Weber. Er ging an die Universität Wittenberg, wo er wieder seiner Heimat nahe war. Dort begann er ein Studium der Theologie. Seine Intelligenz und sein Fleiß befähigten ihn bereits 1791, die philosophische Doktorwürde zu erwerben. „Ein Teil seines Honorars, das er für seine vielen Schriften bekam, überreichte er der Leucorea aus Dankbarkeit, dass er dort studieren durfte“, so Isabella Weber. Für die Ortschronistin sei das ein großartiger Charakterzug, den sie in der heutigen Zeit immer mehr vermisse.

Dass Krug seiner Zeit voraus war, bemerkte Weber schnell. Er wollte nämlich Menschen, die in finanziell schwachen Verhältnissen leben, einen Studienplatz ermöglichen. „Er sagte, dass es genug schlaue Menschen gebe, die sich ein Studium nicht leisten können“, erzählt Isabella Weber. Die Studenten, die sich bewarben, mussten sich dann einer Sonderreifeprüfung unterziehen. Wer die Prüfung bestand, hat „während der Regelstudienzeit sein Studium finanziert bekommen, inklusive Wohnraum und Versorgung“, sagt die Ortschronistin, die davon fasziniert ist.

In seinen späteren Jahren war Traugott Krug als Immanuel Kants Nachfolger an der Albertus-Universität Königsberg. Wenige Zeit danach wirkte er in Leipzig, wo er unter anderem die Leipziger Literaturzeitung redaktionell verwaltete und später das Rektorat der Leipziger Universität betreute. Mit seinen philosophischen Schriften sprach er meist die breite Bevölkerung an, er wollte also jedem den Zugang zur Philosophie ermöglichen. In Leipzig starb er dann - noch heute existiert sein Grab auf dem Johannisfriedhof.

Ehrenfeier für Krug im Jahr 2022

Um Krug zu ehren, wollten die Mitglieder der Initiative im vorigen Jahr zu seinem 250. Geburtstag festlich feiern, allerdings „kam Corona dazwischen“, sagt Evelin Erdmann. Daher gedenken sie im nächsten Jahr des Philosophen, der in Radis das Licht der Welt erblickte. Geplant sind Vorträge über seine Biografie. Außerdem soll es Podiumsgespräche geben - unter anderem mit der Frage, ob die Themen, die Krug in seinen etwa 200 Schriften zur damaligen Zeit bediente, heute immer noch aktuell sind. (mz)