Ost-Konferenz mit Kanzlerin Merkel Angela Merkel bei Ost-Konferenz in Bad Schmiedeberg

Bad Schmiedeberg - Die ostdeutschen Regierungschefs warnen davor, die Förderung des Ostens zugunsten armer Regionen im Westen zurückzufahren. Die bisherige Ausstattung mit Fördermitteln müsse „mindestens erhalten“ bleiben, forderten die Ministerpräsidenten am Mittwoch bei ihrer Konferenz in Bad Schmiedeberg im Landkreis Wittenberg.
Damit ist der Verteilungskampf um die 1,5 Milliarden Euro entbrannt, die die Große Koalition in Berlin aus Union und SPD in strukturschwache Regionen pumpen will. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei den Ost-Landeschefs zu Gast war, ließ auf Presse-Nachfrage offen, ob sich die Forderung umsetzen lässt.
Merkel: nehme die Worte der ostdeutschen Regierungschefs sehr ernst
Eine „pauschale Zusage“ könne sie nicht geben, sagte sie. Aber: „Wir nehmen die Worte der ostdeutschen Regierungschefs sehr ernst.“ Laut Koalitionsvertrag soll es keine Förderung nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedürftigkeit geben. Bis zur Sommerpause soll eine Kommission benannt werden, die einen Vorschlag zur Verteilung machen soll.
Gastgeber der Konferenz war Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Der Tagungsort war mit Bedacht gewählt: Bad Schmiedeberg bietet mit seinem Jugendstil-Kurhaus hübsche Fotomotive für die angereisten Pressefotografen.
Kur-Patienten in Bad Schmiedeberg applaudieren der Kanzlerin
Im Kurpark klatschten gut gelaunte Reha-Patienten Beifall, als die Politiker zum Händeschütteln an das Absperrband traten. Seit 140 Jahren gibt es das Eisenmoorbad, 480 Menschen arbeiten im Kurbetrieb. Dennoch: Bad Schmiedeberg hat auch nach 20 Jahren Haushaltskonsolidierung einen Schuldenberg von fast 20 Millionen Euro.
Ähnlich geht es fast allen Städten in der Nachbarschaft. Im nur wenige Kilometer entfernten Bitterfeld hat Angela Merkel den wohl bittersten Moment des zurückliegenden Bundestagswahlkampfs erlebt. Von der ersten bis zur letzten Minute wurde ihr Auftritt dort von ohrenbetäubendem Pfeifen übertönt, entfesselte AfD-Anhänger brüllten Beleidigungen.
Kanzlerin Merkel will Verdruss im Osten bekämpfen
Jetzt will Merkel dem schrillen Protest den Boden entziehen. Es komme „erstens“ darauf an, den Kontakt zu suchen, sagte sie mit Blick auf ihre Bitterfelder Wahlkampf-Erfahrung. „Zweitens geht es darum, Glaubwürdigkeit zu entwickeln.“ Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff sieht den Berliner Koalitionsvertrag als das beste Mittel gegen den Verdruss im Osten. „Ich glaube, die Stimmung dreht sich langsam“, sagte er.
Konkrete Festlegungen konnte er allerdings nicht mitnehmen. Auch nicht beim Herzenswunsch der Ost-Länder, der Ansiedlung von Bundes- und EU-Institutionen. Begehrlichkeiten weckt etwa das neu zu schaffende Fernstraßenbundesamt. Für ein neues Logistikzentrum der Nato sieht Haseloff den Flughafen Leipzig/Halle bestens geeignet.
Auch ein großes Forschungszentrum zu künstlicher Intelligenz soll in Ostdeutschland aufgebaut werden. Merkel vermeidet dazu indes jede Aussage. Nur so viel gibt es von ihr: Die Bundesregierung fühle sich verpflichtet, die neuen Bundesländer „angemessen“ zu berücksichtigen.
Ost-Regierungschefs wollen Bürokratie abbauen
Einig sind zumindest die Ost-Regierungschefs in ihrer Forderung, in Modellregionen dem demografischen Wandel durch den Abbau von Bürokratie zu trotzen. Baurecht, Planungsrecht und Ordnungsrecht müssten flexibilisiert werden, heißt es.
Zudem treten die Länderchefs beim Braunkohle-Ausstieg auf die Bremse. Ein konkretes Datum dafür lasse sich erst dann festsetzen, wenn die „rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und strukturpolitischen Rahmenbedingungen“ ermittelt seien. Das kann dauern.
Umgang mit Russland steht nicht auf der Tagesordnung
Vor der Presse gar nicht angesprochen wurde der Konflikt beim Umgang mit Russland. Im Januar hatten die Ost-Ministerpräsidenten in einer gemeinsamen Erklärung die europäischen Sanktionen gegen den Kreml in Frage gestellt. Die Strafmaßnahmen seien wirkungslos, sagte Haseloff damals. Die Kanzlerin sieht es anders.
Allenfalls mit kleinen Gesten wurde das Thema aufgerufen: Als die Kanzlerin den Festsaal des Kurhauses betrat, lag auf ihrem Platz ein Werbeflyer für den Russland-Tag, den Mecklenburg-Vorpommern im Herbst ausrichtet. (mz)