200. Sterbetag 200. Sterbetag: Für immer "Vater Franz"

Wörlitz - Als Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) am 9. August 1817 stirbt, hinterlässt er einen der modernsten Kleinstaaten Deutschlands. Das kleine Land Anhalt-Dessau sorgte vor mehr als 200 Jahren für Aufsehen in Deutschland.
Der Fürst und seit 1807 Herzog von Anhalt-Dessau, ließ während seiner fast sechs Jahrzehnte währenden Regierungszeit mit Hilfe von Innovationen in vielen Lebensbereichen einen Musterstaat entstehen. Dabei folgte er ganz den Ansichten des bedeutenden Philosophen Horaz. Der Ausspruch des römischen Dichters „Jeglichen Beifall errang, wer Nützliches mischt mit dem Schönen“ wurde zum Maßstab seines Handelns.
Und das ist noch heute gut sichtbar. Mit seinem umfassenden Landesverschönerungsprogramm verband er nicht nur Reformen in Politik und Wirtschaft, sondern leistete auch einen Beitrag zur ästhetischen Erziehung und zur Bildung seiner Untertanen. Das Gartenreich Dessau-Wörlitz geht auf seine Initiative zurück und gehört seit 2000 zum Unesco-Weltkulturerbe.
Sein 200. Todestag in diesem Jahr ist Anlass, an das Leben und Wirken von „Vater Franz“ zu erinnern. Unter dem Motto „Fürst Franz Sommer 2017“ haben zahlreiche Akteure der Region vielfältige Projekte und Veranstaltungsformate entwickelt. Sie gipfeln vom 5. bis zum 13. August in eine Festwoche, die dazu einlädt, sich dem Fürsten und seinem Lebenswerk auf unterschiedliche Weise anzunähern.
Zwei Freunde
Im Haus der Fürstin in Wörlitz ist während der gesamten Festwoche (außer Montag) die Sonderausstellung „Revolution des Geschmacks. Winckelmann, Fürst Franz von Anhalt-Dessau und das Schloss zu Wörlitz“ zu sehen. Nicht nur dem Fürsten Franz, sondern insbesondere einem seiner Lehrmeister und Freunde ist die Sommerausstellung gewidmet: Johann Joachim Winckelmann feiert in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag.
In der Ausstellung, die bis zum 17. September zu sehen ist, werden die engen Beziehungen des Dessauer Fürsten zum Gelehrten Winckelmann, vor allem aber dessen Einfluss auf die Ausstattung des Wörlitzer Schlosses in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Gemälde, Plastiken, Bücher, Grafiken und Handschriften informieren über die engen Beziehungen zwischen Winckelmann und seinen Dessauer Freunden.
Ein Wochenende
Die Festwoche endet mit dem Gartenreichtag, der jährlich am zweiten Sonnabend im August an den Geburtstag von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (10. August 1740) erinnert. Der 200. Todestag des Fürsten in diesem Jahr veranlasste die Veranstalter, die Angebote auf das ganze Wochenende auszuweiten.
Mit dem Gartenreichtag am 12. und 13. August endet damit die Festwoche für Fürst Franz. Die Kulturstiftung öffnet am 12. August von 11 bis 16 Uhr das Chinesische Haus und die Pagode in Oranienbaum.
Außerdem wird es Sonnabend Sonderführungen geben. 10 Uhr trifft man sich zum „Rundgang durch den Waldgarten der Einsamkeit – den Sieglitzer Park“ an der Solitude. 13 Uhr stehen am Schloss Wörlitz aktuelle gartendenkmalpflegerische Arbeiten im Mittelpunkt. Durch die Sonderausstellung im Haus der Fürstin geht eine Führung um 16 Uhr.
Stationenweg "Tour de Franz"
Im Rahmen einer „Tour de Franz“ soll zum 200. Todestag des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau beim Gartenreichtag am 13. August ein Stationenweg inszeniert werden, der zwischen dem Dessauer Georgengarten und dem Wörlitzer Park Figuren und Texte der Aufklärung lebendig werden lässt.
Dabei können sich Wanderer und Radfahrer frei zwischen den Stationen bewegen, an denen sie u. a. dem Altertumsforscher Johann Joachim Winckelmann (vor dem Georgium), dem Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, der königlichen Mätresse Wilhelmine von Lichtenau (im Garten des Schlosses Luisium) und dem Dichter Friedrich Matthisson (Solitude) begegnen werden.
Zwischen 11 und 15 Uhr empfangen die historischen Gestalten ihre Gäste, erzählen ihnen aus ihrem Leben und berichten von Erinnerungen an das historische Anhalt. Die Darsteller werden vor Ort auf das Publikumsinteresse reagieren, spätestens aber aller zwei Stunden (11, 13 und 15 Uhr) in ihre Rollen schlüpfen. So entsteht ein Parcours, der Zeit und Welt des Fürsten Franz unmittelbar erlebbar macht – ein Stationenweg, auf dem man von hohen Idealen ebenso wie von allzu Menschlichem erfährt.
Wandeln im Park
„Heitrer Geist und stilles Grauen“ nennt sich ein literarischer Gartenspaziergang mit Studierenden der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Innerhalb der Festwoche wird dazu am 10. August um 11 Uhr eingeladen. Das Schloss Wörlitz ist Treffpunkt für den zweistündigen Rundgang am Geburtstag des Fürsten Franz.
Wie haben die Besucherinnen und Besucher zu Zeiten von Fürst Franz den Wörlitzer Garten erlebt? Wie wurden solche Spaziergänge zwei Jahrhunderte dokumentiert und diskutiert?
Im Rahmen eines literaturwissenschaftlichen Seminars an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in Kooperation mit der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz haben Studierende sich intensiv mit berühmten sowie weniger bekannten historischen Gartenbeschreibungen befasst und präsentieren ihre Ergebnisse in Form eines locker gefügten Spaziergangs mit kommentierten Lese-Einlagen.
Immerhin haben Gäste wie Goethe, Jean Paul oder Sophie Mereau das Gartenwerk von Fürst Franz als „Malerei grün in grün“ beschrieben und dabei neue literarische Formen erprobt, um das ebenso bewegte wie bewegende Erlebnis sprachlich zu fassen. Die Teilnahme am Spaziergang ist kostenlos, es ist lediglich ein Euro für die Fährfahrten bereit zu halten.
Musik am See
Mit einem „Festlichen Seekonzert zu Ehren des Herzogs Franz“ beginnt die Festwoche am 5. August musikalisch. Die Besucher starten um 18 Uhr mit dem MDR-Kammermusikensemble „Die Leipziger Blechbläsersolisten“ an der Gondelstation im Wörlitzer Park.
Das festliche Seekonzert auf den Wörlitzer Gewässern verbindet Garten- und Baukunst mit klassischer Musik und kulinarischen Genüssen. Die Leipziger Blechbläsersolisten wurden 1992 gegründet. Bekanntgeworden durch zahlreiche Gastspiele im In- und Ausland sowie Rundfunk- und Plattenproduktionen umfasst ihr Repertoire Musik des barocken, klassischen sowie romantischen Erbes bis hin zur zeitgenössischen Musik.
Bereits am Mittwoch packen die Leipziger Musiker erneut ihre Instrumente aus. Dann musizieren sie beim „Musikalischem Gondelcorso zu Ehren des 200. Todestages des Fürsten Franz“ um 13 Uhr. Dieser schließt sich einer Festmatinee an, die zuvor für geladene Gäste im Schloss ausgerichtet wird und am Sterbetag des Fürsten an dessen Wirken erinnern soll.
Das Ziel des Gondelcorsos ist das Gotische Haus - der private Rückzugsort des Fürsten Franz. Hier erwartet die Gäste das Konzert mit den Leipziger Blechbläsersolisten. Auf dem Programm steht Georg Friedrich Händels Wassermusik. Anlässlich des Sterbetages des Fürsten Franz kostet das Ticket lediglich zehn Euro.
Ausflug ins private Reich
In das private Refugium des Fürsten Franz, das Gotische Haus im Wörlitzer Park, geht es mit Sonderführungen am 5. August um 11 und 15 Uhr. Über vier Jahrzehnte ließ Fürst Franz ab 1773 daran bauen und ergänzte es fortwährend. Heute gehört es zu den ältesten weitgehend original erhaltenen Architekturen der Neugotik in Europa. Das Gebäude diente anfangs als Wohnung des Gärtners. Nach und nach wurde es vom Fürsten Franz als privater Wohnbereich genutzt, in dem er sich seiner Zweitfamilie widmete und seiner ganz persönlichen Sammelleidenschaft frönte. Es entstand eine Art Kunstkammer mit einem weitreichenden politischen und religiösen Programm.
Ein Kranz am Denkmal
In Dessau wird am 9. August, 16 Uhr, mit einer Kranzniederlegung des 200. Todestages von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau gedacht. Sie findet am Fürst-Franz-Denkmal vor der Dessauer Johanniskirche statt. Um 18 Uhr wird in der Kirche in Waldersee eine Andacht mit musikalischer Umrahmung gehalten. Musik und Texte zur Erinnerung an den Fürsten sind zu hören.
Louises liebster, stiller Ort
„Jugendsitz und Sterbeort des Fürsten Franz“ heißt eine Sonderführung im Schloss Luisium am 9. August um 11 und 15 Uhr. Seinem Vormund, Fürst Dietrich, hatte es Erbprinz Leopold Friedrich Franz zu verdanken, einen idyllischen Ort wie das Luisium vor den Toren Dessaus bewohnen zu können. Der hatte 1753 den „sogenannten Vogel-Herd, mit Garten, Wiese und Teichen, sammt darin befindlichen Gebäuden“ für den seit 1751 elternlosen Prinzen erworben. Im Vogelherd wurden Grotten, künstliche Ruinen, Klippen und eine Kegelbahn angelegt. Fürst Franz schenkte den Vogelherd seiner Gattin Louise anlässlich ihres 30. Geburtstages. Die Fürstin liebte die Stille des Ortes, der seit 1780 ihren Namen trägt: Luisium.
Aus dem Garten in die Stadt
Die Ausstellung „Der Fürst in seiner Stadt. Leopold Friedrich Franz und Dessau“ ist ein Dessauer Beitrag zum Gedenken und holt den Fürsten aus dem Garten in die Stadt zurück. Sie stellt dar, in wie vielfältiger Weise sich Fürst
Franz in die Politik, das kulturelle Leben, die bauliche Substanz und in das Gedächtnis der Stadt eingegraben hat. Schwerpunkte der Ausstellung in der Orangerie des Georgiums sind die Gestaltung von Schloss und Marienkirche, das Regierungsjubiläum von 1808, die beiden Franz-Standbilder in Dessau und das Verhältnis von Hof und Stadt. Die Schau, die bis 22. Oktober läuft, wird am 10. August um 17 Uhr eröffnet. (mz)
