Was Eltern tun können Was Eltern tun können: Kinder in Mansfeld-Südharz haben schlechte Zähne

Sangerhausen - Die gute Nachricht zuerst: Die Zahngesundheit der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Aber: In Mansfeld-Südharz ist sie schlechter als in den meisten anderen Landkreisen in Sachsen-Anhalt.
Jedes Jahr gehen Mitarbeiter vom kinder- und jugendzahnärztlichen Dienst der Gesundheitsämter in die Kitas und Schulen und schauen den Kindern in den Mund. Was sie dabei entdecken, wird nicht nur auf einem amtlichen Zettel angekreuzt und den Eltern mit nach Hause gegeben, sondern auch ans Landesamt für Verbraucherschutz gemeldet.
Fast die Hälfte der Kinder müssen behandelt werden
Die aktuellsten verfügbaren Daten stammen aus dem Schuljahr 2017/18. Von den 1.109 untersuchten Erstklässlern an Grundschulen hatte nur ein gutes Drittel noch ein Gebiss ohne Löcher, Plomben oder gezogene Zähne. Das ist der schlechteste Wert in ganz Sachsen-Anhalt. Zum Vergleich: Bei den Spitzenreitern in der Börde war fast die Hälfte der Kindergebisse noch völlig unversehrt. Bei 43 Prozent der Kinder in Mansfeld-Südharz waren einer oder mehrere Zähne behandlungsbedürftig - der drittschlechteste Wert im ganzen Land.
Nicht besser sieht es bei den Zwölfjährigen an den weiterführenden Schulen aus. Nur zwei Drittel hatten noch ein naturgesundes Gebiss, bei fast jedem zehnten wurden unbehandelte Schäden festgestellt. Allerdings ist in Mansfeld-Südharz in dieser Altersklasse nur noch jeder achte Schüler untersucht worden.
Zähne heruntergefault
Die Probleme fangen schon im Kindergartenalter an. Zuletzt hatte jedes neunte Kleinkind bis drei Jahre mindestens einen kaputten Zahn im Mund. Bei den Drei- bis Sechsjährigen waren nur noch drei von fünf Gebissen komplett in Ordnung.
Zahnärztin Alexandra Zyrus sieht in ihrer Praxis im Ärztehaus Südwest in Sangerhausen immer wieder Kindergebisse, bei denen viele Zähne bis auf die Stümpfe heruntergefault sind. „Manche kommen nicht, wenn sie den Hinweis vom jugendzahnärztlichen Dienst bekommen, sondern erst, wenn sie Zahnschmerzen haben“, berichtet sie.
Zähne unter Narkose gezogen
Solchen Kindern müssten dann - manchmal unter Narkose - fast alle Zähne gezogen werden und sie bekommen eine herausnehmbare Prothese. Bei manchen Eltern hat die Zahnärztin das Gefühl, dass man sie mit Hinweisen gar nicht erreicht. Wenn sie nach der akuten Behandlung einen Folgetermin vereinbart, bei dem das Kind das korrekte Zähneputzen lernen und üben soll, werde der mitunter einfach nicht mehr wahrgenommen.
Beim Blick in manchen Kindermund fragt sich Zyrus, ob das, was sie da sieht, nicht schon an eine Gefährdung des Kindeswohls heranreicht. Was Zähne kaputt macht, ist leicht zu benennen: falsche Ernährung und mangelnde Pflege. „Trinken ist ein ganz großes Thema“, sagt die Ärztin. Zuckerhaltige Getränke, die immer wieder die Zähne umspülen, bieten die ideale Grundlage für Karies. Und das Putzen? „Wir hatten hier schon Kinder, die hatten nicht mal eine Zahnbürste“, sagt Zyrus.
Je ärmer die Familie, umso schlechter die Zähne
Ihre Beobachtung in der Praxis deckt sich mit dem, was man beim Landesamt für Verbraucherschutz als Ursache für den vergleichsweise schlechten Gebisszustand in Mansfeld-Südharz vermutet: Wo der Anteil sozial schwacher Familien hoch ist, ist es um die Gesundheit von Kinderzähnen schlechter bestellt.
„In vielen Studien ist erwiesen, dass die Zahngesundheit eng mit der sozialen Lage der Menschen gekoppelt ist“, sagt Jenny Schwarz, Pressesprecherin des Landesamtes.
Die Behörden berechnen den Sozialstatus von Familien nach einem Punktesystem. Für die Stufe der Schulbildung und die Erwerbstätigkeit beider Elternteile werden Punkte vergeben - je mehr, umso höher der Status. In Sachsen-Anhalt wird dieser Wert bei den Einschulungsuntersuchungen erhoben.
Diesen Daten zufolge gilt für mehr als jedes fünfte Elternhaus in Mansfeld-Südharz ein niedriger Sozialstatus. In der Börde - dem Landkreis mit den gesündesten Erstklässler-Gebissen - ist es nur jedes zwölfte. (mz)