Bleibt Praxis unbesetzt? Trotz Annoncen findet sich kein Nachfolger für Helbraer Allgemeinarztpraxis
Helbraer Allgemeinmediziner sucht seit Jahren vergeblich einen Nachfolger. Warum Wolfgang Reichel trotzdem nicht aufgeben will.

Helbra/MZ - Mit seinen 70 Jahren zählt Dr. Wolfgang Reichel zu den dienstältesten Allgemeinmedizinern in der Region. Der Helbraer, der seinen Beruf ausgesprochen gern ausübt, denkt seit geraumer Zeit an den Ruhestand - wegen seines fortgeschrittenen Alters, aber auch aus gesundheitlichen Gründen. Er denkt nicht nur darüber nach. Reichel sucht schon seit längerem ganz bewusst einen Nachfolger für seine Praxis.
Mit Annoncen auf der Suche nach einem Nachfolger
Im Grunde genommen schon seit mehreren Jahren. Er schaltete Anzeigen in der Praxisbörse Sachsen-Anhalt und bat auch die Kassenärztliche Vereinigung des Landes um Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Der Erfolg blieb aus. „Ich hatte mir mehr Hilfe erhofft“, sagt Reichel enttäuscht.
Nun versuchte er es erneut mit einer Annonce. Dieses Mal im überregionalen Teil der Mitteldeutschen Zeitung. Ein einziger Interessent habe angerufen, sich danach aber nicht wieder bei ihm gemeldet, erzählt Reichel.
Er kann das nicht nachvollziehen. Für ihn gibt es mehrere unschlagbare Argumente, die Praxis fortzuführen. Ein Nachfolger könnte auf einen übermäßig hohen Patientenstamm aufbauen. Frauen, Männer und Kinder, darunter viele Familien, aus dem Landkreis, aber auch aus Halle und sogar Leipzig suchen seinen ärztlichen Rat.

Dr. Wolfgang Reichel: „Ein Hausarzt ist immer im Dienst“
Vor allem die Patienten von außerhalb würden den Weg zu ihm finden, weil sich vielerorts die allgemeinärztliche Versorgung verschlechtere. Berufskollegen auf dem Land gingen in den Ruhestand, und es sei schwierig, junge Kollegen für die berufliche Tätigkeit in der Region zu gewinnen. Aus seiner Erfahrung würden viele von ihnen die Arbeit in einer Klinik vorziehen.
„Ein Hausarzt ist immer im Dienst“, betont Reichel. Anrufe an den Wochenenden gehören zum Alltag. Reichels Patienten wissen, dass sie sich auf ihren Doktor verlassen können. So schließt er - anders als in anderen Hausarztpraxen üblich - wie selbstverständlich an den Samstagvormittagen für zwei Stunden die Türen seiner Praxis auf. Viele Berufspendler, die die Woche über im Ausland arbeiten, kommen dann zu ihm.
Die Liebe zum Beruf und zu seinen Patienten hat den Allgemeinmediziner bisher davon abgehalten, seine Praxis aufzugeben. Er möchte die Leute nicht ohne ärztliche Betreuung zurücklassen. Denn er weiß, wie schwierig es ist, als neuer Patient in anderen Hausarztpraxen aufgenommen zu werden.
Große Praxis mit Labor und Sprechzimmer warten
Für eine Übernahme seiner Praxis durch einen Nachfolger spricht nicht nur der überdurchschnittlich hohe Patientenstamm, wie Reichel findet. Die 150 Quadratmeter große Praxis mit Sprechzimmer, Labor und Behandlungsraum sei voll ausgerüstet. Eigene Pkw-Stellplätze vor dem Haus gebe es auch.
Nicht zuletzt schätzt er die Arbeit seiner drei Mitarbeiterinnen, darunter seiner Ehefrau. Reichel: „Ich habe die beiden besten Schwestern der Welt und sowieso die beste Frau der Welt.“ Den Großteil seines Berufslebens praktizierte der Allgemeinmediziner in Helbra. Doch zunächst war er Chirurg im Eisleber Krankenhaus. Als ihn der Kreisarzt auf der Suche nach einem neuen Hausarzt für die Region ansprach, vollzog Reichel schließlich den Facharztwechsel.
Diesen Schritt hat er keine Sekunde bereut: Mit seiner Diagnostik, so sagt Reichel rückblickend, konnte er vielen Menschen helfen, den Ursachen für ihre Beschwerden auf den Grund zu gehen und erkannte schwere Erkrankungen rechtzeitig.