Milchtankstellen Milchtankstellen: Kunden im Landkreis durch nicht abgekochte Rohmilch erkrankt

Sangerhausen/Eisleben/Hettstedt - Zwei Erkrankungen, deren Ursache höchstwahrscheinlich der Verzehr von nicht abgekochter Rohmilch war, sind jetzt im Landkreis Mansfeld-Südharz offiziell bekannt geworden. Amtstierarzt Dr. Lothar Seibt: „Leider mussten wir feststellen, dass einige Verbraucher Rohmilch unabgekocht verzehrt haben.“
Die Milch hätten sie an Milchtankstellen gekauft. Seibt konnte allerdings nicht sagen, ob sie von einer der beiden Rohmilchtankstellen direkt hier im Landkreis stammt. In einem Fall habe eine Familie Magen-Darm-Probleme bekommen, so Seibt. Schwerer waren die Folgen in dem anderen Fall: Bei einem kleinen Jungen hätten Erreger den Harnapparat geschädigt. Er müsse jetzt bis auf Weiteres regelmäßig zur Dialyse.
Betreiber trifft keine Schuld; Kunden missachten Warnschilder
Den Betreibern der Milchtankstellen sei dabei keinerlei Vorwurf zu machen, so Seibt. Einziges Problem sei, dass die Kunden die deutlich angebrachten Warnschilder an den Automaten missachtet haben. Die weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Rohmilch vor dem Verzehr abzukochen ist. „Ich höre auch immer wieder von Leuten, dass sie die Milch ohne Abkochen trinken“, sagt Seibt und findet: „Das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich käme überhaupt nicht auf die Idee, Rohmilch im nicht abgekochten Zustand zu trinken.“
Gesetzlich ist es schon seit Jahren erlaubt, dass Landwirte im Direktverkauf Rohmilch an die Verbraucher abgeben. Das wurde aber nur von wenigen genutzt. Wegen der niedrigen Milchpreise suchen Landwirte nun aber neue Wege der Vermarktung. Die Milchtankstellen sind eine Strategie. Damit wird den Verbrauchern, ganz frische Milch direkt aus der Nähe angeboten.
Roh verzehrt werden kann allerdings nur Vorzugsmilch. „Dabei werden die Kühe laufend auf Keime untersucht. Das ist sehr teuer und hier im Kreis gibt es auch keinen Erzeuger, der Vorzugsmilch anbietet“, sagt Seibt. Regelmäßig überwacht werden aber auch alle anderen Milcherzeuger. Jedes Mal, wenn die Milch zu den Molkereien abgeholt wird, werden auch Proben untersucht.
Erreger kommen trotz einwandfreier Hygenie im Stall vor
„Trotzdem ist es auch bei einwandfreier Hygiene im Stall und beim Melken unrealistisch, eine völlige Freiheit von Erregern bei Rohmilch zu fordern oder zu erwarten“, sagt der Amtstierarzt. Pathogene Erreger wie Campylobacter und Verotoxin bildende Escherichia coli, Listerien, Salmonellen und Staphylokokken könnten immer in der angebotenen Rohmilch vorhanden sein. Deshalb soll sie ja auch abgekocht werden.
Rohmilch dürfen die Erzeugerbetriebe am Tag der Gewinnung im und am eigenen Hof direkt an den Verbraucher abgeben. Die „Milchtankstelle“ muss dabei dem landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb auch räumlich zuzuordnen sein. Es muss einen Abkoch-Hinweis geben und der zuständigen Behörde seien die mikrobiologischen Parameter anzuzeigen. An Milchtankstellen außerhalb der Erzeugerbetriebe, zum Beispiel in Kaufhallen, wird ausschließlich pasteurisierte Milch verkauft.
Des Weiteren müssen die Kühe frei sein von Brucellose und Tuberkulose sowie von Infektionskrankheiten, die über die Milch übertragen werden können. Bei der technischen Ausstattung und bei der Milchgewinnung müssen die hygienischen Standards ebenso eingehalten werden wie die Temperaturgrenze bei der Lagerung und Abgabe. „Wenn Verbraucher Rohmilch trotz aller Hinweise und Warnungen roh verzehren, dann auf eigenes Risiko“, so Seibt. (mz)
