Flowtex-Skandal Flowtex-Skandal: So neppte Manfred Schmider Romonta in Amsdorf

Amsdorf - Mit Spannung hat sich Günter Stieberitz am Abend des 1. Mai den ARD-Film „Big Manni“ angeschaut. In der Unternehmersatire ging es um Manfred Schmider und den Flowtex-Skandal, der vor fast 20 Jahren die Bundesrepublik erschüttert hat.
„Und wir waren mittendrin“, erinnert sich der ehemalige Geschäftsführer der Romonta GmbH, die zum undurchsichtigen Firmengeflecht der Flowtex-Gruppe gehörte. Dadurch geriet auch der bedeutendste Hersteller von Rohmontanwachs in der Welt, der seinen Sitz in Amsdorf (Landkreis Mansfeld-Südharz) hat, in den Strudel des größten Wirtschaftsbetrugs in Deutschland. Montanwachs wird unter anderem für Schuhcreme und ähnliche Produkte benutzt.
Überraschende Besuche von Manfred Schmider bei Romonta in Amsdorf
Die Komödie und die anschließende Dokumentation gefielen Stieberitz. „Das alles ergab ein gelungenes Bild von Schmider und dem Skandal“, lobt er die Macher des Films. Besonders gefallen hat ihm Hans-Jochen Wagner in der Hauptrolle Manfred Brenner, wie Schmider in dem Film genannt wird. „Genauso wie er ihn dargestellt hat, habe ich Schmider erlebt“, sagt Günter Stieberitz.
Bei dem studierten Verfahrenstechniker, der später auch den Aufsichtsrat der Romonta-Holding führte, löste das TV-Event sofort wieder Erinnerungen an die überraschenden Besuche von „Big Manni“ in Amsdorf aus. Schmider kam damals etliche Mal zu Romonta ins Mansfelder Land.
Er hatte das Unternehmen im Jahre 1995 vom Treuhand-Nachfolger BvS erworben. Im Aufsichtsrat saßen auch zwei seiner engsten Gefolgsleute. „Er hat uns mit Respekt behandelt und sich nicht in die Geschäfte eingemischt.“ Deshalb hielt Stieberitz das Engagement des Unternehmers anfangs noch für einen Glücksfall.
Der Luxus liebende badische Geschäftsmann flog stets mit seinem privaten Hubschrauber und immer mit Bankern im Schlepptau ein. Sie sollten sich im Tagebau von Romonta davon überzeugen, wie das neuartige Horizontal-Bohrsystem Flowtex lief.
In Amsdorf hatte Schmider extra dafür eine Flowtex Großbohrer und Umwelttechnik GmbH angesiedelt. „Dort waren auch drei ostdeutsche Ingenieure beschäftigt“, erzählt Stieberitz. Die genauen Umstände und Ergebnisse der Testvorführungen kannte er nicht.
Manfred Schmider hat Geschäftsidee aus den USA mitgebracht
Schmider, der als Autoverkäufer im heimischen Ettlingen bei Karlsruhe anfing, hatte die Geschäftsidee aus den USA mitgebracht. Der umtriebige Unternehmer wollte durch das unterirdische, grabenlose Verlegen von Leitungen und Rohren die Baubranche revolutionieren. Doch die Technik war nicht ausgereift und „ich bin dann irgendwann falsch abgebogen“, wie Schmider in der ARD-Dokumentation seine Betrügereien umschreibt.
Durch Schein-Leasing-Geschäfte mit seinem Bohrsystem gelang es ihm, Banken hinters Licht zu führen und Politiker zu blenden, die sich freilich auch gern in seinem vermeintlichen Erfolg sonnten. Im Jahr 2000 flog schließlich alles auf. Der Flowtex-Manager musste sieben Jahre hinter Gitter. Unterm Strich blieb ein Schaden von fast 4,7 Milliarden D-Mark.
Wie Schmider, der heute im Alter von fast 70 Jahren auf Mallorca lebt, in der ARD behauptet, habe er nur den Banken geschadet. Das will Günter Stieberitz so nicht stehen lassen: „Wir haben durch den Flowtex-Skandal rund 30 Millionen D-Mark verloren“, entgegnet der „Patriarch von Romonta“. Er hat schon zu DDR-Zeiten in Amsdorf gearbeitet, als das Werk noch zum Volkseigenen Kombinat „Gustav Sobotka“ gehörte.
Privatjet mit goldenen Wasserhähnen, drei Yachten und Dutzende Luxuskarossen
Schmider habe nämlich immer wieder in die Rücklagen des Betriebes gegriffen, die die Führungsspitze um Stieberitz angelegt hatte, um auch bei Ausfällen die Löhne über drei Monate und mögliche Reparaturen zahlen zu können. „Das war unser Fehler. Er hielt uns immer vor, dass Geld nicht herumliegen darf, sondern ausgegeben werden müsse.“ Wohin es geflossen ist, konnte man in der Dokumentation erfahren. Schmider leistete sich einen Privatjet mit goldenen Wasserhähnen, drei Yachten und Dutzende Luxuskarossen. Auf dem Turmberg bei Karlsruhe ließ er sich ein schlossähnliches Anwesen errichten.
Zu allem Überfluss kaufte sich „Big Manni“ bei Baden-Baden einen eigenen Flugplatz. Dort sollte ein riesiger Air-Park mit einem gläsernen Monumentalbau als Firmensitz entstehen. „Ich war bei der Grundsteinlegung mit dem damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel auch dabei“, räumt der frühere Romonta-Chef ein. Er und andere Führungskräfte von Romonta wurden immer eingeladen, wenn es bei Schmider etwas Besonderes zu feiern gab. So wie zu dessen 50. Geburtstag im Jahre 1999. „Die Party auf seinem Anwesen sprengte alle Dimensionen. Das kam in dem Film nur ansatzweise rüber“, gerät Stieberitz noch heute fast ins Schwärmen, wenn er an dieses Ereignis zurückdenkt.
Romontas ungewöhnliche Rettung
Zugleich werden dadurch auch wieder alte Wunden aufgerissen. Denn wenig später brach das Firmen-Imperium und das Lügengeflecht des badischen Vorzeige-Unternehmers und seiner Helfer zusammen. Damit stand auch Romonta am Abgrund. Schmider hatte nämlich das Eigenkapital der Gesellschaft in Höhe von 50 Millionen D-Mark an die Commerzbank verpfändet. Stieberitz und seinem Finanzvorstand Gottfried-Christoph Wild gelang es, mit der Bank eine zweite Privatisierung auszuhandeln.
Und so übernahmen 13 Führungskräfte von Romonta über „Management by out“ das Unternehmen. „Wir konnten doch den traditionsreichen Industriestandort mit seinen 450 Beschäftigten nicht einfach den Bach runter gehen lassen“, begründet Stieberitz die ungewöhnliche Rettung von Romonta. Inzwischen sind die einstigen Schulden längst abbezahlt und die Commerzbank zu einem Partner geworden, mit dem man bei Romonta die Zukunft meistern will.
(mz)
