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Walpurgisnacht in Thale Walpurgisnacht in Thale: 84-Jährige Renate Wanjeck will als Hexe im Rollstuhl feiern

Von Sophie Elstner 14.02.2017, 08:45
Alexandra Seggelke (links) und Jutta Gross (rechts) erfüllen Renate Wanjeck den Traum, als Hexe zur Walpurgisnacht zu fahren.
Alexandra Seggelke (links) und Jutta Gross (rechts) erfüllen Renate Wanjeck den Traum, als Hexe zur Walpurgisnacht zu fahren. Chris Wohlfeld

Thale - Renate Wanjeck ist 84 Jahre alt. Und sie hat viel erlebt und viel gesehen von dieser Welt: Sechs Kinder hat sie zwischen 1952 und 1970 auf die Welt gebracht. Am Kilimandscharo war sie gleich drei Mal, auf dem Nil hat sie eine Kreuzfahrt gemacht. Einen Rundflug über Kenia durfte sie erleben, hat dort auch einen Medizinmann besucht. Und seit 40 Jahren hat die Seniorin einen ganz besonderen Wunsch. Einmal im Leben möchte sie als Hexe verkleidet zu Walpurgis am 30. April auf den Hexentanzplatz nach Thale.

Dieses Vorhaben gestaltet sich allerdings als schwierig. Nach vier Schlaganfällen ist die alte Dame mittlerweile auf einen Rollstuhl angewiesen, ist in ihrer Bewegung eingeschränkt. Mit der Seilbahn soll es auf den Berg gehen, doch dazu wird eine Rampe für den Einstieg benötigt. Renate Wanjeck lebt noch in einem Pflegeheim, bevor sie im Mai zu ihrer Tochter nach Hildesheim ziehen kann und dort rund um die Uhr betreut wird.

Nach vier Schlaganfällen im Rollstuhl

Doch in Alexandra Seggelke hat die Seniorin eine Freundin gewonnen, die den Glauben nicht aufgibt. „Ich war beeindruckt von so einem bescheidenen, banalen Wunsch. Deshalb habe ich ihr letztes Jahr versprochen, dass ich sie irgendwie da hoch kriege, das hat mir keiner geglaubt“, erinnert sich Seggelke.

In den vergangenen Wochen hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihrer betagten Bekannten ihren Herzenswunsch zu erfüllen. Und Jutta Gross, eine der Töchter von Frau Wanjeck, hat sie gleich mit ins Boot geholt. „Zuerst hab ich gesagt, dass wir das natürlich machen“, sagt Jutta Gross. „Erst am Abend habe ich begriffen, was ich da eigentlich gesagt hatte. Ich habe doch so schreckliche Höhenangst und befürchte, dass ich irgendwo eine Klippe hinunterstürzte. Aber für unsere Mutti ziehe ich das jetzt einfach mit durch.“

Zuerst nahm Alexandra Seggelke Kontakt zur Stadtverwaltung in Thale auf. In drei Wochen soll es ein Treffen mit den Veranstaltern der Walpurgisnacht geben, um weitere Details zu besprechen. Renate Wanjeck wird wahrscheinlich die älteste Hexe sein, die je an einem Hexentanz teilgenommen hat.

Mittlerweile ist auch die nächste Hürde der Vorbereitungen geschafft. In der vergangenen Woche suchte sich das Hexen-Dreiergespann Kostüme im „Theater nebenan“ im niedersächsischen Ahrbergen aus - Jutta Gross ist dort Laienschauspielerin. „Ich möchte aber eine liebe Hexe sein!“, erklärt Renate Wanjeck ganz energisch. Eine Bluse, ein Rock und sogar eine Perücke sind schon gefunden. Und damit das Drumherum stimmt, wird auch ihr Rollstuhl dekoriert.

„Ich habe da jemanden gefunden, der uns damit hilft“, sagt Alexandra Seggelke. „Hinten aus dem Rollstuhl soll ein Stück Besen rausschauen, damit es aussieht, als sitzt sie darauf.“ Die Seiten werden mit Reisig und Tannengrün überdeckt. Nichts soll daran erinnern, dass sie auf den Rollstuhl angewiesen ist. Grundsätzlich legt die Seniorin viel Wert auf ihr Äußeres. „Körperpflege, Haare, Nägel, das bekomme ich alles im Pflegeheim gemacht“, erklärt sie. „Von Kopf bis Fuß muss alles stimmen.“

Alexandra Seggelke ist froh, dass der große Tag näher rückt. „Alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen, mal zur Walpurgisnacht zu fahren. Aber für Renate machen wir das. Sie soll diesen Tag nie wieder vergessen.“

(mz)