Verhandlung wegen Totschlags Verhandlung wegen Totschlags : Mutter mit Hammer getötet: 19-Jähriger voll schuldfähig

Magdeburg - Die Vorsitzende Richterin Anne-Marie Seydel fragt zum Auftakt des vierten Verhandlungstages Ludwig Sch., ob er fit für die Verhandlung sei oder ob er Beruhigungstabletten genommen habe. Der 19-Jährige aus Halberstadt sitzt neben seinem Verteidiger Olaf Schröder und bekräftigt, dem Prozess folgen zu können. Doch sein Anwalt erklärt: „Mein Mandant sieht sich nicht in der Lage, heute Fragen zu beantworten.“
„Er wollte mit mir über alles reden, außer über die Straftat“
Aber genau darauf hatte man im Gerichtssaal gewartet, nachdem Olaf Schröder am Montag die Einlassungen des Halberstädters verlesen hatte, der darin eingestand, seine Mutter im Januar mit Hammerschlägen in der gemeinsamen Wohnung Am Sommerbad getötet zu haben.
So konnten sich Jugendgerichtshilfe und Philipp Gutmann vom Zentrum für psychiatrische Begutachtungen Halle vielfach nur auf dieses Schriftstück beziehen. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie betont, der Angeklagte sei ihm im Gespräch freundlich, höflich, aufgeschlossen und keineswegs impulsiv entgegengetreten. Er sehe eine große Diskrepanz zwischen dem, was er kennengelernt habe, und dem Geschehenen. „Er wollte mit mir über alles reden, außer über die Straftat.“
Lebnslauf bis zum Ausbildungsabbruch war gut
Die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe sagt, der Angeklagte werde in der Jugendanstalt Raßnitz als „ruhig, zurückhaltend und angepasst beschrieben“. Ludwig Sch. selbst habe den Kontakt mit ihr gewünscht. Sie zitiert aus seinem Lebenslauf, berichtet über seine Schulzeit an drei Grundschulen, an einer Waldorfschule in Thale, an einem Gymnasium und schließlich vom Schulabschluss in Dardesheim und der Aufnahme einer Ausbildung als Industriemechaniker in Salzgitter. Dieses Lehrverhältnis kündigte er nach der Tat am 30. Januar ohne Begründung.
In ihrem Gespräch habe der Heranwachsende gesagt, er habe mit 14 Jahren angefangen, Drogen zu konsumieren. Sein Vater meinte, das geschah schon mit zwölf. Die Jugendgerichtshilfe konstatierte, der Halberstädter, der zweieinhalb Jahre lang eine Freundin hatte, habe „Entwicklungs- und Reifeverzögerungen“, auch „weil seine Mutter nie ein Ohr für ihn hatte“.
So kam die Empfehlung für die Verurteilung zu einer Jugendstrafe sowie pädagogischer und therapeutischer Unterstützung in der Sozialtherapeutischen Abteilung (Jugend SothA) in Raßnitz.
„Es muss einen akuten Konflikt gegeben haben“
Gutachter Philipp Gutmann räumt dem Täter dort durchaus gute Chancen ein. Der Chef des Zentrums für psychiatrische Begutachtungen Halle stellte am Mittwoch sein Gutachten über den nunmehr 19-Jährigen vor. „Es muss einen akuten Konflikt gegeben haben,“ ist er sich ziemlich sicher. Denn das ewige Klagen der Mutter sei nicht neu gewesen.
Es wäre an diesem 20. oder 21. Januar, was letztlich nie geklärt werden wird, eine hochemotionale Tat gewesen. „Er hat selbst unter Drogen noch sehr rational gehandelt“, bescheinigt der erfahrene Psychologe und Mediziner Ludwig Sch. Das belege das Verstecken der Frau in einer Kiste und das Abdichten der Schlüssellöcher und Türen, um Geruchsentwicklung einzudämmen.
Keine Drogenabhängkeit nachweisbar
Der Gutachter sieht keine Einschränkung der Schuldfähigkeit, keine Bewusstseins- und Persönlichkeitsstörungen, kein Hirnabbau durch Drogen, keine Drogenabhängigkeit, sondern nur einen Missbrauch, was sich mit der Diagnose des Sachverständigen der Charité vom Dienstag deckt. Gutmann habe von einem „assistierten Suizid in der vorliegenden Form weder in der Fachpresse gelesen, noch gehört“. Der Gutachter bedauert, dass auch er nichts anderes als die schriftlichen Einlassungen vom Montag über die Tat zur Verfügung hat.
Nachdem am Mittwoch die Beweisaufnahme abgeschlossen wurde, werden für den 16. September die Plädoyers von Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck, des Verteidigers und der Nebenklage erwartet. (mz)