1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. 1.400 Hektar Wald: Trockenheit und Klimawandel setzen dem Naturschutzgebiet Hakel zu: Viele Bäume sind todsterbenskrank

1.400 Hektar Wald Trockenheit und Klimawandel setzen dem Naturschutzgebiet Hakel zu: Viele Bäume sind todsterbenskrank

Von Detlef Valtink 06.12.2019, 07:56
Förster Falko Friedel (re.) und Hagen Krieg, Student der Forstwirtschaft, „klappern“ derzeit im Hakel alle Bäume ab, um sie auf Schäden zu untersuchen.
Förster Falko Friedel (re.) und Hagen Krieg, Student der Forstwirtschaft, „klappern“ derzeit im Hakel alle Bäume ab, um sie auf Schäden zu untersuchen. Detlef Valtink

Heteborn - Wenn Falko Friedel durch den Hakel läuft, weiß er nicht, wo er zuerst hinsehen soll. Beim Anblick seines Reviers wird dem Förster des Landesforstbetriebes Ostharzes derzeit sehr mulmig. Für Laien sieht das rund 1.400 Hektar große Naturschutzgebiet gesund und vital aus. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich:

Die Bäume im Hakel sind krank, in großen Teilen todsterbenskrank. Die Trockenheit in den vergangenen zwei Jahren hat Pilzen, Bakterien oder Insekten den Weg dafür frei gemacht, ungehindert ihr Werk zu verrichten. Einziger Lichtblick: Eichenprozessionsspinner oder Ahornruß haben bisher einen Bogen um das Gebiet geschlagen. Eine Schadensübersicht:

Eichen, Eschen und Hainbuchen leiden, Bergahorn und Vogelkirsche geht es vergleichsweise gut

Eiche: Die Bäume leiden unter extremem Trockenstress, da der Unterboden im Hakel aus Muschelkalk mit einer Lössauflage besteht, der nicht sehr wasserhaltig ist und schlecht Wasser speichern kann. Je nach Standort sind mittlerweile zwischen 20 und 30 Prozent der Bäume geschädigt. Letztendlich, so Falko Friedel, haben alle irgendwo etwas abbekommen.

Es gibt auch Lichtblicke. So haben die Pflanzen in den Naturverjüngungen die klimatischen Extreme gut weggesteckt. „Die Schäden sind erstaunlicherweise sehr gering“ so der Revierförster. So sind es gut 40 Hektar Naturverjüngungen und weitere 20 Hektar gepflanzte Kulturen, die zunächst dafür Rechnung tragen sollen, dass die Hauptbestandsbaumart im Hakel überlebt.

Buche: Der prozentuale Anteil im Gebiet ist nicht sehr hoch. Aber der Baum leidet unter den gleichen Krankheiten, wie seine „Artgenossen“.

Esche: Trockenheit, Eschentriebsterben, Eschenbastkäfer - gleich mehrere „Feinde“ setzen der Esche zu und lassen Bestände dramatisch schrumpfen.

Hainbuche: Im Hakel wurde in diesem Jahr ein neuartiger Pilz- und Bakterienbefall festgestellt. Es kommt zu Schleimfluss an den Bäumen.

Birke: Die wenigen Exemplare sind geschädigt und sterben reihenweise ab.

Kiefer, Fichte, Lärche: „Der Käfer hat den Weg in den Hakel gefunden und verrichtet ganze Arbeit“, so Falko Friedel. Rund 60 Prozent der Bestände sind kaputt. Der Rest wird wohl folgen.

Bergahorn, Vogelkirsche: Beiden Baumarten geht es halbwegs gut. Es gibt Schädigungen, die aber noch verkraftbar sind und die Arten nicht in ihrer Existenz bedrohen.

Holzeinschlag passiert in Absprache mit den Naturschutzbehörden 

Die Sorgenfalten des Försters werden deshalb aber nicht kleiner. In den nächsten Tagen beginnt der jährliche Holzeinschlag. Bis dahin muss auch der Rest der Bäume gekennzeichnet sein, die von den Holzerntemaschinen bearbeitet werden sollen. „Jährlich haben wir einen Einschlag von rund 4.000 Festmetern“, so der Revierförster.

Dabei geschieht nichts ohne Absprache mit den Naturschutzbehörden und unter Berücksichtigung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht, bei der Totholz, das Wanderer gefährden könnte, entfernt wird. So werden Bäume, egal wie krank sie auch sein mögen, stehenbleiben, wenn sie sich als Habitat eignen.

Heißt: Gibt es Baumhöhlen, Nistplätze oder ähnliches, ist der Baum sowieso tabu. Eignet er sich beispielsweise für Spechte oder Fledermäuse - auch dann bleibt er stehen. Ist ein Baum für Insekten interessant oder bieten abgestorbene Kronen für Vögel einen guten Lebensraum - auch dann bleibt die Axt im Koffer. Andere wiederum dürfen umfallen, um neue Lebensräume zu schaffen.

Bäume im Hakel mit Höhlen oder Nistplätzen werden stehengelassen

Doch ganz ohne Technikeinsatz geht es auch nicht. So hat der Landesforstbetrieb vertragliche Verpflichtungen, beispielsweise gegenüber der Volkskunstindustrie im Erzgebirge. Dort wird schon seit Jahren das Lindenholz aus dem Hakel wertgeschätzt.

Was in die Sägewerke wandert, wird den Landesforstbetrieb auch nicht reich machen. Derzeit sind die Holzpreise so tief im Keller, dass die Geschäfte nur mäßig laufen. Zumal aus dem Hakel nur das Holz der geschädigten Bäume unter den Hammer kommt.

„Wir haben zwei Firmen engagiert, die bis Mitte Februar im Einsatz sind“, kündigt Falko Friedel an. Da müsse niemand erstaunt sein, wenn innerhalb kurzer Zeit an den Hauptwegen im Hakel die Holzstapel wachsen.

Schäden durch Erntemaschinen werden später beseitigt, verspricht Revierförster Falko Friedel

Ist es zu nass oder bleibt der Frost aus, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass einige der Wege sogenannte Rückeschäden haben werden. „Die werden nach Abschluss der Arbeiten alle beseitigt und die Wege wieder hergerichtet“, verspricht der Revierförster.

Der dann vor der nächsten Herausforderung steht. Er muss weiter beobachten, wie sich der Hakel entwickelt. Denn er hat die Hoffnung, dass das Refugium auch zukünftig eine gesunde Mischung vieler Baumarten bleibt und nicht durch Extremwitterungen zu einer Monokultur-Landschaft der Bäume wird, die mit dem Klimawandel klarkommen. „Ein Hakel ohne große Eichenbestände möchte ich mir nicht vorstellen“, so Falko Friedel. (mz)