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80 Kilo pro Stück Seilbahn zum Hexentanzplatz in Thale: Mechaniker wechseln verschlossene Seilrollen

Von Benjamin Richter 23.11.2018, 15:57
Schwindelfrei müssen die Mechaniker sein, die die Seilbahn in Thale warten.
Schwindelfrei müssen die Mechaniker sein, die die Seilbahn in Thale warten. Marco Junghans

Thale - Im Wartungskorb fährt Thomas Niewerth einer herrlichen Aussicht entgegen, doch auf ihn wartet ein ganzes Stück Arbeit. Zusammen mit zwei Kollegen bringt der Mechaniker bis Weihnachten die Kabinenbahn zwischen Thale und dem Hexentanzplatz auf Vordermann.

An einem Stützpfeiler in der Nähe der Bergstation bleibt die kleine, bis etwa in Hüfthöhe vergitterte Kabine der Wartungsarbeiter stehen. Hier klettern sie auf den Pfeiler und überprüfen die Rollen, über die sich das Stahlseil der Bahn an rund 250 Tagen im Jahr viele Stunden schiebt - die sechswöchige Instandsetzungsphase nicht mit eingerechnet. Wie viele Rollen gewechselt werden müssen, hängt vom Verschleiß ab.

Mechaniker wechseln die verschlissenen Rollen

„Da sieht man, wie viel Manpower hinter dieser Arbeit steckt“, sagt Niewerth und zeigt auf drei der Rollen, die in dem Bereich der Bergstation liegen, in dem normalerweise Besucher in die Kabinen ein- und daraus aussteigen. Jede der Rollen wiegt 80 Kilogramm, beziffert der Mechaniker. Um 30 bis 40 Rollen kümmern sich die Mechaniker momentan. Weitere können an den nächsten Stützpfeilern hinzukommen.

Im Wartungshandbuch ist haarklein aufgelistet, welche Teile der Seilbahn die Mitarbeiter prüfen und nachbessern müssen. Neben den Rollen sind das etwa Keilriemen, Magnetkupplungen und natürlich die Stahlseile, aber auch das Getriebeöl, das in regelmäßigen Abständen filtriert werden muss.

Handbuch listet auf, welche Teile geprüft und ausgetauscht werden

„Es gibt noch mehr zu tun“, erklärt Thomas Niewerth, „aber die Fachbegriffe kennt kein Mensch. So ist es eben: Es ist eine Heidenarbeit, aber man kann sie ganz schlecht beschreiben.“

Außer der Kabinenbahn warten insgesamt zehn Mechaniker und fünf Techniker der Seilbahnen Thale in diesen Wochen auch den Sessellift zur Rosstrappe und die Rodelbahn Harzbob. Dass sie das wie schon in den vergangenen Jahren zwischen Mitte November und Weihnachten tun, hat einen Grund, wie Maik Zedschack berichtet:

„90 Prozent unserer Gäste begrüßen wir von Ostern bis Oktober.“ Die letzten beiden Monate des Jahres seien bis auf die Weihnachtsferien hingegen eine besucherarme Zeit, erläutert der Marketingleiter.

Auch der Sessellift zur Rosstrappe wird gewartet

Deshalb schaut auch der Tüv Thüringen, der die Anlagen zum Ende der Wartungsphase noch einmal auf Herz und Nieren prüfen wird, kurz vor den Weihnachtstagen in Thale vorbei. „Das Ganze hier ist ja so, wie wenn man mit dem Auto zum Tüv fährt“, stellt Thomas Niewerth einen Vergleich an. „Es ist nur viel größer, fast schon wie ein Flugzeug-Check.“ Maik Zedschack pflichtet ihm bei: „Es wird fast die ganze Bahn auseinander- und wieder zusammengeschraubt.“

Denn auch das stehe im Wartungshandbuch: Bestimmte Teile müssen täglich in Augenschein genommen werden, andere alle 100 Betriebsstunden oder alle zwei Wochen. Bei der jährlichen Kontrolle dürfen die Mechaniker keinen Teil der Seilbahn außer Acht lassen. „Immer mal wieder gibt es auch Mängel, die nicht im Wartungsheft stehen“, berichtet Mechaniker Niewerth.

Alle Arbeiten werden rund zwei Wochen dauern

Eine Frist, bis zu der die Wartung im Außenbereich abgeschlossen sein muss, gibt es vonseiten der Seilbahnen-Gesellschaft nicht. Die Mechaniker selbst würden aber gern im Lauf der kommenden zwei Wochen damit fertig werden und sich dann auf die Ausbesserungen im Innern der Stationen konzentrieren.

Denn es werde langsam Winter, begründet Niewerth. Größtenteils habe das Team mit dem Wetter Glück gehabt. „Das war zum Beispiel letztes Jahr ganz anders“, sagt der Mechaniker. „Bei Regen oder Schneeregen ist es da draußen richtig ungemütlich. Stellen Sie sich vor, Sie müssen mit vollkommen durchnässten Klamotten diese schweren Rollen wechseln.“

Seit der Eröffnung am 7. Oktober 1970 fahren die Seilbahnen unfallfrei, betont Marketingleiter Maik Zedschack. „Und wir wollen natürlich, dass das so bleibt.“ Thomas Niewerth ist zum fünften Mal bei der Wartung dabei und weiß: „Unsere Arbeit ist darauf ausgelegt, dass die Bahn ein Jahr lang ohne Reparatur durchläuft.“

Wenn die Seilbahnen ihre Pforten in den Weihnachtsferien öffnen, muss alles passen - entsprechend konzentriert gehen die Mechaniker ans Werk. Die spektakuläre Aussicht jenseits des Kabinengitters können sie aber trotzdem immer mal wieder zwischendurch genießen - und bekommen ab und zu sogar unerwarteten Besuch.

„Letztens hatten wir Muffelwild hier oben“, berichtet Mechaniker Thomas Niewerth, „das hat uns bei der Arbeit zugeguckt.“ (mz)