Rappbodetalsperre Rappbodetalsperre bei Rübeland im Harz: Hier wird die längste Fußgänger-Hängeseilbrücke der Welt gebaut
Rübeland - Maik Berke macht nur wenige Schritte. Zwei, drei Meter geht er auf das Rekordprojekt. Dann endet das provisorische Sicherheitsnetz. Dann ist selbst für den Bauherren Schluss. „Weiter darf auch ich nicht drauf“, sagt Berke mit leichter Enttäuschung in der Stimme.
Gerne würde er die Rekordbrücke, erdacht 2014, jetzt kurz vor der Vollendung, noch weiter beschreiten. „Nach so langer Planungszeit endet langsam die Geduld“, gesteht er. Aber die Sicherheit hat Vorrang.
Einige Bodenplatten und Sicherung fehlen noch
Denn noch fehlen dem Rekordprojekt an der Rappbode-Talsperre bei Rübeland rund ein Drittel der Bodenplatten, zudem die permanente Absturzsicherung. Außer speziell gesicherten Arbeitern darf daher niemand auf die künftig längste Fußgänger-Hängeseilbrücke der Welt.
Derzeit hält die russische Stadt Sotschi mit einer 439-Meter-Brücke den Rekord. Der soll im Harz übertroffen werden. Um wie viel, das will Maik Berke noch nicht verraten. Aber: „Es wird nicht auf Zentimeter ankommen, der neue Rekord wird deutlich sein“, verspricht er.
Abenteuertourismus mit Adrenalin-Garantie
Berke ist einer der Väter des Rekordprojektes. Gemeinsam mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Stefan leitet der 38-Jährige das Elbingeröder Tourismusunternehmen „Harzdrenalin“. Wie der Name bereits verrät, bieten die Brüder Abenteuertourismus mit Adrenalin-Garantie an. Die Hängebrücke soll die neueste Attraktion werden.
Ende 2015 wurden dafür die ersten Bohrungen vorgenommen, die Bauarbeiten an der Brücke begannen im Oktober 2016. Derzeit sind die Arbeiter eines österreichischen Spezialunternehmens damit beschäftigt, die restlichen Bodenelemente zu verlegen. Ende April sollen die konstruktiven Arbeiten am Rekordprojekt vollendet sein.
Blick auf Deutschlands höchste Staumauer
Dann können Besucher der Rappbode-Talsperre ein Rekord-Dreigestirn bewundern. Schon jetzt steht dort die mit 106 Metern höchste Staumauer Deutschlands, erbaut in den 1950er Jahren. 2012 installierten die Berke-Brüder mit der „MegaZipline“ die längste Doppelseilrutsche Europas.
Nun folgt die längste Fußgänger-Hängeseilbrücke der Welt. „Ich vergleiche es immer mit dem Bau eines Wolkenkratzers“, sagt Berke über den Antrieb für die Rekordjagd. „Wenn man ein Projekt angreift, versucht man es immer höher oder länger zu machen als das Vorherige.“
Super Werbung um Touristen
Dabei gehe es aber nicht um die pure Lust auf Rekorde, sondern um praktische Verkaufsargumente. „Auch im Tourismus versucht man etwas zu verkaufen“, sagt Berke. Dafür brauche man ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn das eigene Angebot spektakulärer sei als das der Konkurrenz, „ist das ein super Argument, dass die Gäste zu uns kommen“, so Berke.
Ein super Argument und gleichzeitig doch nur Mittel zum Zweck. Denn: „Mit der Brücke wollten wir eigentlich nur eine Möglichkeit für Pendelsprünge schaffen“, sagt Berke. Anders als beim Bungee-Jumping hängen die Springer bei diesem Extremsport an mehreren Seilen und werden nach dem Sprung nicht hoch und runter geschleudert, sondern schwingen, wie bei einem Pendel, hin und her.
Eine Möglichkeit für Pendelsprünge
Für die Berke-Brüder schließt sich mit dem Pendelsprung, den Mutige nach Vollendung der Brücke wagen können, ein Kreis. „Das war die Ursprungsidee von Harzdrenalin“, sagt Maik Berke. 2011 gründeten die gelernten Handwerker das Tourismusunternehmen.
Maik ist Dachdecker, Stefan Tischler. „Wir waren acht Jahre zusammen auf Montage in ganz Deutschland. Irgendwann wollten wir aber mehr zu Hause bei der Familie sein.“ Es folgte der Quereinstieg in die Tourismusbranche. „Wir haben uns gefragt, worin ist die Region groß?“, blickt Berke zurück. Die Antwort war Tourismus.
„Wallrunning“ und „MegaZipline“
Ihre Nische fanden sie im Abenteuertourismus. Sie wollten an der Rappbode-Talsperre Pendelsprünge anbieten. „Die Hanglagen waren aber nicht so steil, wie wir angenommen haben. Daher ließ sich das nicht realisieren“, sagt Berke. Also begannen die Brüder stattdessen 2011 mit Touren auf dem Segway, das sind zweirädrige Elektrofahrzeuge.
Es folgten 2012 „Wallrunning“, dabei laufen Adrenalin-Junkies mit einem Seil gesichert die Staumauer der Wendefurther Talsperre hinunter, die „MegaZipline“ und jetzt 2017 die Rekordbrücke.
Vier Millionen Euro investiert
Vier Millionen Euro haben die Brüder bereits in „Harzdrenalin“ investiert. Mit Erfolg: Das Unternehmen beschäftigt zurzeit 25 Mitarbeiter, zählt jährlich mehrere zehntausend Besucher. Durch die Rekordbrücke soll sich das noch einmal deutlich steigern. „Wir fächern uns damit auf“, sagt Berke. „Die anderen Angebote konnte wegen erforderlicher körperlicher Voraussetzungen nicht jeder nutzen. Für sechs Euro Eintritt kann jeder auf die Brücke, der ein bisschen Mut und feste Schuhe hat.“
Eröffnung „nach Ostern, vor dem Sommer"
Die Rekordbrücke, deren Eröffnungstermin noch geheim, aber „nach Ostern, vor dem Sommer sein wird“, so Berke, soll nicht das letzte Großprojekt der Brüder bleiben. „Es gibt einen Plan, der aber noch Zeit braucht“, sagt Berke. Details will er daher nicht verraten. Aber: „Ein neuer Rekord ist möglich“, so Berke vielsagend. (mz)