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Projekt in Schierke Projekt in Schierke: Naturschutz oder Frevel?

Von Katrin Schröder 03.04.2019, 11:55
Besucherzentrum und Talstation
Besucherzentrum und Talstation Jan Philipp Schwarz/Stella Szenografie

Wernigerode - Kann das Ski- und Wandergebiet am Winterberg bei Schierke einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, oder ist es selbst ein Frevel gegen die Natur? Die Meinungen gingen am Montagabend auseinander.

Die Investoren der Winterberg Schierke GmbH hatten in Wernigerode zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der sie die Pläne für den Bau einer Seilbahn, von Skipisten und Ganzjahresattraktionen vorstellten.

In der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Wernigerode hatten sich zahlreiche Zuhörer eingefunden. Nicht alle waren mit dem einverstanden, was sie hörten.

Projekt in Schierke: Klares Votum im Stadtrat

Dabei sei er „nach wie vor davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war“, sagte Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) zu dem seit langem geplanten Projekt.

Das Votum im Stadtrat zeige: „Der politische Raum in Wernigerode steht nach wie vor zu dieser Entwicklung.“

Neben der Seilbahn standen die geplanten Ganzjahresangebote im Fokus der Vorträge. Silvia Schlecht, Gründerin der Agentur Stella Szenografie, stellte das Konzept für den Spielplatz „Mimikry“ und das Luchsmuseum „Nocturnalium“ vor.

„Der Charakter unserer Bergwelten ist naturnah und soll der bewussten Erholung dienen“, sagte sie. Alle Attraktionen, für die gebaut werden muss, seien an der Mittelstation konzentriert, um Eingriffe in die Natur zu minimieren.

Projekt in Schierke: Mit den Augen des Raubtiers

„Sei geschickt wie die Tiere des Waldes“ lautet das Motto auf dem Spielplatz, auf dem überlebensgroße Tierfiguren zum Spielen und zur Nachahmung einladen.

Das Leittier ist der Luchs, der nicht nur das Logo der „Bergwelten Schierke“ ziert, wie das gesamte Projekt heißt, sondern dem auch das „Nocturnalium“ gewidmet ist. In dem Museum wird der Besucher durch sechs Räume geleitet, in denen er eine Nacht mit den Augen des Raubtiers erlebt.

Der Rundgang dauere 30 bis 60 Minuten, so Silvia Schlecht. Auf dem „Mimikry“-Spielplatz könne man länger verweilen. „Er ist durchaus geeignet, dort einen halben Tag zu verbringen.“

Angebote in der Natur unter dem Motto „Aktivität, Erlebnis, Stille“ stellte Stefan Türk vom Institut für Outdoorsport und Umweltforschung an der Kölner Sporthochschule vor.

Besuchern solle auf bestehenden Wegen die Möglichkeit unter anderem zum Wandern, Walken und Klettern gegeben werden. Integriert werden solle ein Trend aus Japan - Shirin Yoku, auf Deutsch: Waldbaden: „Das heißt nichts, als dass man seine Sinne schärfen soll.“

Kritische Fragen stellte Andreas Tille. „Warum soll man das alles an der Mittelstation bauen?“, wollte der Wernigeröder wissen.

Das habe vor allem wirtschaftliche Gründe, erläuterte Christoph Schrahe von der Firma Montenius Conult, die Konzepte für Bergferienorte erstellt. Das Projekt orientiere sich am Wintersportler, der in der Regel mehr Geld ausgibt als andere Gäste.

Projekt in Schierke: Seilbahn läuft 300 Tage im Jahr

Der Skifahrer brauche die Seilbahn als Aufstiegshilfe und die Piste zur Abfahrt. Das Ganzjahresangebot solle Gästen außerhalb der Wintersaison einen Grund für die Fahrt mit der Seilbahn liefern.

„Die Seilbahn soll an 300 Tagen im Jahr laufen. Das sind 200 Tage ohne Schnee“, so Schrahe. Da wolle man den Gästen ein „positives Naturerlebnis“ vermitteln.

Dies könne dem Naturschutzgedanken dienen, so Umweltberater Oliver Wendenkampf. „Der Charme ist, dass man auf sehr kurzem Wege den Kontakt zur Natur hat“, sagte der ehemalige BUND-Geschäftsführer. Nur wer die Natur kenne, wolle sie wirklich schützen und werde dadurch zum „Botschafter“.

Projekt in Schierke: Kritik an Flächenverbrauch

„Das verstehe ich nicht unter naturverträglichem Umgang mit unserem Naturraum“, kritisierte Gunther Karste vom Naturschutzbund (Nabu).

Das Projekt bedeute „massiven Flächenverbrauch“ im Streifgebiet des Luchses, der zu schützen sei. „Das ist paradox.“ Touristische Entwicklung solle möglich sein, aber ohne Kunstschnee.

Das sei nicht wirtschaftlich, so Stefan Türk: „Ohne die Beschneiung hat Wintersport im Sinne einer Investition keinen Sinn.“ Der Skisport gehöre dazu, wenn man Prosperität wolle, betonte Alexander Lande, der eine Skischule in Schierke und Braunlage betreibt. „Wir brauchen ein Alleinstellungsmerkmal“, sagte Margot Vesterling aus Schierke.

Rund zehn Millionen Euro würden Gäste zusätzlich ausgeben, rechnete Schrahe vor. Die Wertschöpfung belaufe sich auf rund 4,8 Millionen Euro.

„Woher nehmen Sie die Sicherheit, dass die Prognosen eintreffen?“, fragte Grünen-Stadträtin Sabine Wetzel. Die Rechnung, so Schrahe, beruhe auf Erfahrungswerten. (mz)