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"Personal- und Fahrzeugmangel" Personalmangel Technik-Probleme bei Harzer Schmalspurbahnen: Bald fahren auch Dieselloks zum Brocken

Von Katrin Schröder 06.04.2019, 14:56
Die Diesellokomotive „Harzkamel“ ersetzt auf bestimmten Fahrten zum Brocken die Dampflok.
Die Diesellokomotive „Harzkamel“ ersetzt auf bestimmten Fahrten zum Brocken die Dampflok. Dirk Bahnsen/HSB

Wernigerode - Sie sind das Aushängeschild der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) - die historischen Dampflokomotiven, die Eisenbahnfans aus aller Welt anziehen. Allerdings werden ab diesem Wochenende nicht mehr alle Züge zum Brocken und durch das Selketal mit nostalgischer Zugmaschine fahren.

Stattdessen werden bei einigen Verbindungen Dieselloks eingesetzt, zeitweise verkehren die Züge gar nicht (siehe unten). „Anhaltender Personal- und Fahrzeugmangel“ ist laut HSB Grund für die Einschränkungen.

„Es war keine leichte Entscheidung“, sagt HSB-Sprecher Dirk Bahnsen

Dass dies Passagiere vor den Kopf stoßen könnte, weiß man bei der HSB. „Es war keine leichte Entscheidung“, betont Unternehmenssprecher Dirk Bahnsen. „Aber wenn man den Verkehr zum Brocken aufrechterhalten will, ist das alternativlos.“

Die HSB verfügt über 25 Loks, 17 davon sind Brockenloks der Baureihe 99.723-724, die ab Mitte der 1950er Jahre hergestellt wurden und das Bild der Schmalspurbahn prägen. Sieben dieser Zugmaschinen sind dauerhaft abgestellt und stehen als Arbeitsreserve bereit.

Mit den übrigen zehn ließ sich bisher der Dampfzugbetrieb zum Brocken und im Selketal abdecken, doch diese stehen mittlerweile nicht mehr zur Verfügung. Das hat drei Ursachen. Erstens dauern die alle acht Jahre vorgeschriebenen Untersuchungen immer länger. Statt wie früher zwei bis drei Monate sind die Loks inzwischen acht Monate in der Werkstatt, berichtet Bahnsen.

Bahnsen: Loks sind acht Monate in der Werkstatt

Zweitens kommt es immer öfter zu unplanmäßigen Ausfällen, die unter anderem dem hohen Alter der Loks geschuldet sind. „Das wirft Ihnen die beste Planung über den Haufen“, so Bahnsen. Drittens können diese Havarien nicht umgehend behoben werden, weil Ersatzteile eigens angefertigt werden müssen und die Instandhaltungswerke an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.

Denn wie bei der HSB fehlt es auch dort an qualifiziertem Personal. Rund 260 Mitarbeiter beschäftigt das Bahnunternehmen in Wernigerode, gut 110 davon erhalten den Eisenbahnbetrieb aufrecht. Gerade Zugführer seien Mangelware, sagt Dirk Bahnsen.

„Aber solche Leute findet man nicht einfach so auf dem Arbeitsmarkt.“ Vielmehr müsse das Unternehmen ausbilden – in Lehrgängen, die zum Heizer, Lokführer und Zugführer qualifizieren.

Arbeitszeiten, Schichtbetrieb und Bezahlung sorgen für Abwanderung

Bis zu drei Jahre dauert es, einen Lokführer auszubilden. Allerdings bleiben nicht alle bis zum Schluss bei der Stange. Das mag an den Arbeitszeiten – Schichtbetrieb auch an Wochenenden und Feiertagen – liegen, oder auch am Gehalt. Die HSB zahlt weniger als andere Unternehmen, die ebenfalls Mitarbeiter suchen.

Zwar erhält die HSB in diesem Jahr einen Landeszuschuss von 1,5 Millionen Euro, um Löhne und Gehälter aufzustocken. „Wir machen einen Sprung um zehn Prozent nach oben. Das branchenübliche Niveau haben wir damit aber noch nicht erreicht“, so Bahnsen.

Die Probleme wurden erstmals 2017 im Selketal massiv. Seinerzeit musste die HSB die Gäste mit Bussen fahren. „Das hat uns sehr wehgetan“, sagt Bahnsen. Er verweist darauf, dass die Schmalspurbahn über weite Strecken wie gewohnt unter Dampf fahre. Mit den Dieselloks der Baureihe V100, den sogenannten Harzkamelen, könne man die Fuhrpark- und die Personalprobleme lösen.

„Dass eine Diesellok fährt, bedeutet eine Personalersparnis“, so der HSB-Sprecher. Statt drei Personen auf der Dampflok – Zugführer, Lokführer und Heizer – braucht man auf den „Harzkamelen“ nur zwei Mitarbeiter.

Ihren Namen verdanken die Zugmaschinen vermutlich ihrem Fahrverhalten. Die für Regelspurbreite ausgelegten Loks schwanken auf der Schmalspur wie ein Wüstentier. Die HSB verfügt über drei einsatzfähige Exemplare, die Anfang der 1990er-Jahre im Personenverkehr im Einsatz waren und seither nur zum Rangieren und für den Winterdienst genutzt wurden.

Diesellok-Fahrten auf der Strecke zum Brücken

Bei der Brockenbahn ist der Zug ab 13.25 Uhr in Wernigerode mit Diesellok unterwegs, ebenso die Züge vom Brocken ab 15.40 und 17.49 Uhr sowie ab 16.47 Uhr von Drei Annen Hohne. Laut Sommerfahrplan, der ab dem 27. April gilt, fahren sie nur von 25. Mai bis 1. Juni, 8. bis 19. Juni, 29. Juni bis 18. August und 28. September bis 26. Oktober.

Auf der Selketalbahn von Quedlinburg nach Eisfelder Talmühle fährt wie im Vorjahr der von Donnerstag bis Sonnabend verkehrende zweite Dampfzug als Triebwagen.