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Senior wegen Rente erschlagen Mutmaßlicher Totschlag in Rieder: Frau wird angeklagt, obwohl die Tat als verjährt gilt

Von Petra Korn und Ingo Kugenbuch 18.04.2018, 07:55
Die Tür des Hauses, in dem die Leiche versteckt worden war, ist während der Ermittlungen versiegelt worden.
Die Tür des Hauses, in dem die Leiche versteckt worden war, ist während der Ermittlungen versiegelt worden. Urheber: Chris Wohlfeld

Rieder - Der Fall hat für einiges Aufsehen gesorgt: Bei Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Rentenbetrug findet die Polizei im Oktober 2016 in einem Haus in Rieder im Boden vergrabene Leichenteile. Bei dem Toten handelt es sich um den Hausbewohner.

Nachbarin soll jahrelang die Rente kassiert haben

Eine Nachbarin soll jahrelang die Rente des Seniors auf das Konto ihres eigenen Mannes überweisen lassen haben. Die damals 59-jährige Frau räumt schließlich ein, den Rentner 1994 oder 1995 erschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht nach ersten Ermittlungen von einem Totschlag aus. Der wäre verjährt; die Frist dafür beträgt 20 Jahre.

So scheint es zunächst, als würde die Frau nicht dafür bestraft, den Mann getötet zu haben. Nun könnte die heute 61-Jährige sich aber doch vor Gericht verantworten müssen: „Es liegt eine Anklage der Staatsanwaltschaft vor“, sagt Christian Löffler, Sprecher des Landgerichts Magdeburg.

Die Frau werde des Totschlags und des gewerbsmäßigen Betrugs beschuldigt. Bei diesem Betrug soll ein Schaden von 100.000 Euro entstanden sein.

100.000 Euro Schaden durch mutmaßlichen Rentenbetrug

Hintergrund für die Entwicklung: Weitere Ermittlungen hätten ergeben, dass der Rentner nach 1995 noch gelebt habe, erklärt die Staatsanwaltschaft Halberstadt auf Anfrage. Zeugenaussagen würden belegen, dass der Mann zu einem Zeitpunkt noch am Leben gewesen sei, zu dem ein Totschlagsdelikt nicht verjährt wäre, heißt es von der Staatsanwaltschaft weiter.

Wie Gerichtssprecher Christian Löffler sagt, soll die Tat erst im September/Oktober 2001 geschehen sein. Die Anklage liege jetzt der Schwurgerichtskammer vor. „Zurzeit prüft das Gericht, ob es die Anklage zulässt. Das ist eine ganz normale Sache, das passiert immer.“

Wird die Anklage zugelassen?

Für eine Entscheidung gebe es drei Möglichkeiten: Die Anklage könne so, wie sie erhoben worden sei, zugelassen werden; dann werde ein Verhandlungstermin anberaumt. Die Anklage könne auch nicht oder verändert zugelassen werden. Wie die Kammer entscheide, lasse sich nicht sagen, so Christian Löffler weiter.

Zu einem möglichen Strafmaß erklärt der Gerichtssprecher, dass der Rahmen bei Totschlag bei einer Freiheitsstrafe zwischen 5 und 15 Jahren und im Fall des Betrugs zwischen 6 Monaten und 10 Jahren liege.

Der Rentenversicherung fiel auf, dass der Senior nie zum Arzt ging

Ins Rollen gekommen war der Fall damals, weil der Rentenversicherung aufgefallen war, dass der Senior - er wäre heute 97 Jahre alt - nie zum Hausarzt gegangen war. Er soll, so hatten Nachbarn im Oktober 2016 berichtet, sehr zurückgezogen gelebt haben und auf den Rollstuhl angewiesen gewesen sein.

Schon damals soll er seit Jahren nicht mehr gesehen worden sein; die heute 61-jährige Nachbarin soll erzählt haben, dass er umgezogen oder nach Thailand geflogen sei.

Frau war wegen Unterschlagung verurteilt worden

Nach dem Fund der Leiche hatte die 61-Jährige erklärt, den Mann erschlagen zu haben, weil dieser sie „bedrängt“ habe. Bekannt wurde aber auch, dass die Frau im Sommer 2016 wegen Unterschlagung zu einer Geldstrafe verurteilt worden war: Als Ein-Euro-Jobberin hatte sie Einnahmen ihres Arbeitgebers für sich behalten, insgesamt rund 2.500 Euro. Als Grund hatte sie angegeben, dass sie spielsüchtig sei. (mz)