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Jugendherberge feiert Jubiläum  Jugendherberge feiert Jubiläum : Ein Kleinod im Bodetal

Von Christoph Werner 02.11.2016, 17:38
Malerisch liegt die Jugendherberge Thale zwischen Roßtrappe (links) und Hexentanzplatz (rechts) an der Bode.
Malerisch liegt die Jugendherberge Thale zwischen Roßtrappe (links) und Hexentanzplatz (rechts) an der Bode. Chris Wohlfeld

Thale - Zwischen den Felsenschluchten von Hexentanzplatz und Roßtrappe, direkt an der beschaulich vorbeifließenden Bode, liegt sie: die Jugendherberge Thale. Allein die Lage ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Dieser Tage feiert der Herbergsbetrieb sein 50-jähriges Bestehen, und ein Blick in die Geschichtsbücher des Hauses zusammen mit Herbergsleiter Michael Hesse verrät, dass die heutige Jugendherberge eine wechselvolle Historie zu bieten hat.

Im Jahr 1852 als „Hotel Großer Waldkater“ errichtet, sollte das Haus am Ausgang des Bodetals in den nächsten 45 Jahren viermal den Besitzer wechseln, weiß Michael Hesse. 1923 erwarb Georg Löbsack das Hotel, das zu dieser Zeit 72 Zimmer mit fließendem Wasser und Bädern besaß. 1945 sei es zum Erholungsheim der Deutschen Reichsbahn geworden.

Wegweisend waren die Jahre ab 1960, sagt der Herbergsleiter. Trotz aufwendiger Sanierungsarbeiten am Berghang sei der Abriss geplant gewesen. „Nur dem damaligen Bürgermeister Heinz Hornburg verdanken wir es, dass es das Gebäude noch gibt.“ Dieser habe das Vorhaben verhindert und die Umgestaltung in eine Jugendherberge initiiert.

Im Oktober 1966 wurde die Jugendherberge „Herta Lindner“ – bis dahin untergebracht in der Karl-Marx-Straße 34 – mit 102 Betten im Bodetal eröffnet, 1970 erfolgte der Bau der Garagen als Nebengebäude. Während in der Zwischenzeit am Haupthaus „nach über 120 Jahren der Zahn der Zeit zu nagen begann“, sei das Haus Mitte der 1980er Jahre schließlich von den gelernten Bauingenieuren Kerstin und Ronald Krause übernommen worden. „Unter damals extrem problematischen ökonomischen Bedingungen haben beide eine Teilsanierung und einen teilweisen Umbau des Gebäudes realisiert.“

Nach der Fertigstellung sei die Belegung weiterhin durch das FDJ-Reisebüro „Jugendtourist“ koordiniert worden, selbst habe man kaum Einfluss darauf gehabt. Die Gäste seien vor allem aus sozialistischen Ländern, meist Polen, sowie aus Westdeutschland und Frankreich gekommen.

1990 habe diese Praxis ein Ende gehabt, sagt Michael Hesse. „Seit der Wende und dem Zusammenschluss der Jugendherbergsverbände übernahmen die Herbergseltern Krause ihre Belegung selbst.“ Zwischen 1994 und 1995 sei das Haus für rund sechs Millionen Mark komplett saniert worden. Die Übernachtungsmöglichkeiten seien auf rund 200 Plätze in 45 Zimmern mit zwei bis sechs Betten erweitert worden.

Lockende Pauschalprogramme

Mit verschiedenen Pauschalprogrammen hätten es Kerstin und Ronald Krause geschafft, neben Schulklassen auch immer mehr Familien als Gäste zu gewinnen. Eingeführte Fasten- und Wanderprogramme hätten sich ebenfalls wachsender Beliebtheit erfreut. „Diese sind auch heute noch Teil unseres Angebots“, sagt Michael Hesse, „mit Teilnehmern aus ganz Deutschland“.

Heute kann der Herbergsleiter eine stolze Bilanz vorweisen: 200 Betten, im Schnitt rund 11 000 Gäste und mehr als 30 000 Übernachtungen pro Jahr – „damit sind wir der derzeit größte Beherbergungsbetrieb in der Kernstadt Thale“. Dieses Jahr werde man die 32 000 Übernachtungen knacken.

Wie ein alter Hase

Wie ein alter Hase präsentiert Michael Hesse Zahlen und Bilanzen, redet über die lange zurückreichende Historie des Hauses sowie derzeit angebotene Programme. Kaum zu glauben, dass der 39-Jährige erst seit August den Posten als Herbergsleiter innehat – übernommen von den bisherigen Herbergseltern Kerstin und Ronald Krause. Beide, er 60 Jahre alt, seine Frau 57, „haben nach über 30 Jahren die Übergabe an eine jüngere Generation vollzogen, um nochmals etwas anderes machen zu können“. Inzwischen haben sie ihren Lebensmittelpunkt nach Kühlungsborn an der Ostsee verlegt.

Mit dem neuen Posten habe der gebürtige Hallenser seinen „Traumjob gefunden“. Nach sechs Jahren Wohnen in Halle folgten fünf Jahre in Quedlinburg, im Anschluss daran Thale – dort lebt er auch heute noch. Ausschlaggebend für seinen heutigen Posten sei die Zeit zwischen 1996 und 1997 gewesen: „Damals habe ich meinen Zivildienst in der Jugendherberge absolviert, seitdem kenne ich das Haus und die Leute.“

Der Kontakt sei immer aufrechterhalten worden, doch im Anschluss führte ihn sein Weg zunächst nach Magdeburg: „Dort habe ich ein Studium als Diplomfachübersetzer für Englisch und Spanisch absolviert.“ Es folgten berufliche Stationen in Irland für Microsoft, beim Thalekurier sowie im Stadtmarketing von Thale im Tourismusbereich. „Das war eine schöne Zeit, gefehlt hat mir aber immer die Nähe zu den Menschen.“ Man habe kaum Kontakt zu seinen Kollegen gehabt – völlig anders, als noch in der Jugendherberge.

2013 habe er sich beruflich umorientiert und begonnen, als Assistent des Ehepaars Krause zu fungieren. „Drei Jahre hatte ich Zeit, mich in alle Bereiche einzuarbeiten.“ Im August sei das „Lebenswerk“ der Herbergseltern schließlich in seine Hände übergeben worden. (mz)

Herbergsleiter Michael Hesse mit Dokumenten der Zeitgeschichte des Hauses.
Herbergsleiter Michael Hesse mit Dokumenten der Zeitgeschichte des Hauses.
Wohlfeld
Der Waldkater, Namensgeber des einstigen Hotels und der heutigen Adresse.
Der Waldkater, Namensgeber des einstigen Hotels und der heutigen Adresse.
Wohlfeld