2,50 Euro kalt pro Quadratmeter In Halberstadt werden fünf preiswerte Wohnungen an Künstler vermietet: Kulturamt nimmt Bewerbungen an

Halberstadt - „Wir bringen etwas auf den Weg, das Halberstadt schon vor Jahrhunderten geprägt hat: ein Platz für Kultur“, sagt Oberbürgermeister Andreas Henke angesichts einer besonderen Kooperationsvereinbarung mit der Wohnungsgenossenschaft „Wiederaufbau“ Braunschweig.
Henke nennt Namen: Carl Hasenpflug (1802-1858), Walter Gemm (1898-1973), Franz Tautz (1934-1999). Alle drei waren Maler, alle drei wohnten und arbeiteten - zumindest eine Zeit lang - in Halberstadt.
An diese Kunsttradition will die Stadt wieder anknüpfen, attraktiv für Kulturschaffende werden und auf diese Art auch den Zuzug in die Stadt erhöhen. Partner bei diesem Vorhaben ist die Braunschweiger Baugenossenschaft, die Immobilien in der Stadt vermietet.
Eine Jury entscheidet über die Vergabe der fünf Wohnungen
Zu ihrem Bestand gehört ein Wohnhaus in der Florian-Geyer-Straße 8c, am Stadtrand in Nähe der Bundesstraße 81 gelegen. Fünf der dortigen zwölf Wohnungen sollen für rund 2,50 Euro Kaltmiete je Quadratmeter an Kunstschaffende vermietet werden, die sich online um eine Wohnung bewerben können. Wer letztlich einziehen darf, entscheidet ein Gremium mit Vertretern der Stadt, der Baugenossenschaft und einem Künstler.
„Ich fand die Lage total schön“, sagt Vorstand Heinz-Joachim Westphal. „Man kommt mit dem Rad und zu Fuß gut in die Stadt.“ Die Grundrisse der Wohnungen habe er als ungewöhnlich empfunden, bis er erfahren habe, dass das Haus früher einmal eine Kaserne der Nationalen Volksarmee gewesen sei.
Und er habe überlegt, welche Zielgruppe die richtige für diese Wohnungen mit ihren großen Fluren sein könnte. „Sie sind exakt richtig für Künstler“, sagt Westphal und beruft sich auf ein Gespräch mit der Halberstädter Künstlerin Ilka Leukefeld, die Initiatorin der Halberstädter Kunstbiennalen.
Die zwischen 56 und 87 Quadratmeter großen Wohnungen sind teilsaniert. Da sie zu einer Baugenossenschaft gehören, muss von den Mietern ein Pflichtanteil gezahlt werden, der in diesem Fall auf 150 Euro reduziert werden soll, außerdem gewähre die Genossenschaft eine finanzielle Unterstützung zur Umzugshilfe von 100 Euro. Dafür müssen die Künstler die Zwei- und Dreiraumwohnungen selbst renovieren.
Die Wohnungen sind 56 bis 87 Quadratmeter groß und zum Teil
„Wir denken nie kurzfristig“, sagt Westphal über das Projekt, das erste dieser Art für die Baugenossenschaft. „Wir haben uns entschieden, wir machen das langfristig, weil gute Projekte einen langen Atem brauchen. Nachhaltigkeit ist das Thema.“ Man wolle zugleich eine Zielgruppe ansprechen, die nicht in der Lage sei, die üblichen Mietpreise zu zahlen.
Gegenüber dem Wohnhaus befindet sich ein unbebautes Grundstück, das nach Vorstellungen der Genossenschaft als „Gemeinschaftsgarten für eigeninitiierte Kunstprojekte optimal geeignet ist“. Ein an das Haus angrenzender Schuppen biete „gute Bedingungen“ für größere Objekte und Skulpturen „oder als Außengebäude zum Einrichten einer Gemeinschaftswerkstatt“.
Aufgabe der Stadt in dieser Zusammenarbeit ist es, Marketing zu betreiben, Hochschulen direkt anzuschreiben und über das Angebot zu informieren, ebenso die Kanäle der sozialen Medien zu bedienen, sagt der Oberbürgermeister. Außerdem wolle man „konkret Künstler ansprechen, die das in ihre Kreise transportieren“, ergänzt Thomas Rimpler, Fachbereichsleiter für Wirtschaft, Stadtplanung und Kultur.
Die Stadt biete die Vernetzung und Unterstützung durch den Kulturbereich, entsprechende Netzwerke und die Kunst- und Kultureinrichtungen an, ebenso immaterielle Unterstützung bei projektbezogenen Ausstellungen.
Amtsleiter begrüßt Kooperation mit Genossenschaft aus Braunschweig
„Es ist kein Angebot, das sich ausschließlich an junge Künstler richtet. Es ist breit aufgestellt“, so Rimpler weiter, der damit rechnet, dass in den kommenden Monaten Bewerbungen von Künstlern eingehen werden.
Die Stadt Halberstadt hatte vor einigen Jahren selbst Wohnungen an Künstler vermietet und ein Haus in der Altstadt zur Verfügung gestellt. Das Projekt endete, als das Haus verkauft wurde. „Umso mehr freuen wir uns, jetzt einen Partner gefunden zu haben, der diese Option jungen Künstlern bietet“, so Henke.
Bewerbungen können online an [email protected] geschickt werden. Sie sollten einen künstlerischen Lebenslauf enthalten und eine Auswahl von Projekten präsentieren, die nicht älter als fünf Jahre sind.
Außerdem sollte in der Bewerbung auch ein Motivationsschreiben und eine Beschreibung des Projekts oder der Projekte, an denen in Halberstadt gearbeitet werden soll, sowie die schriftliche Zusicherung des künstlerischen Erschaffens in den Räumen in der Florian-Geyer-Straße enthalten sein. (mz)