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Fast 90 Jahre ohne Nachwuchs Hermannshöhle: Wissenschaftler haben drei befruchtete Eier im Eileiter eines Grottenolm-Weibchens entdeckt.

Von Susanne Thon 07.07.2020, 07:56
Sie leben in der Dunkelheit: Grottenolme
Sie leben in der Dunkelheit: Grottenolme Tropfsteinhöhlen Rübeland/U. Fricke

Rübeland - Die Ultraschalluntersuchung hat es zweifelsfrei bewiesen: Im Eileiter eines Grottenolm-Weibchens, das in der Hermannshöhle in Rübeland lebt, haben Wissenschaftler vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung mehrere befruchtete Eier entdeckt.

Im Oberharz steigt damit erneut die Hoffnung auf Nachwuchs bei den zur Gattung der Schwanzlurche gehörenden und bislang wenig erforschten Tieren, die hauptsächlich im Dunkeln leben. Grottenolm-Nachwuchs, das wäre eine Sensation. Es wäre der erste überhaupt. Und Nachwuchsbemühungen werden auch erst seit einigen Jahren registriert.

Anfang der 1930er Jahre wurden fünf Olme aus einer Höhle in Slowenien umgesiedelt

Dabei gibt es schon seit Anfang der 30er Jahre Olme in der Hermannshöhle. Fünf Exemplare aus einer Grotte im heutigen Slowenien wurden damals in den künstlich geschaffenen Olmensee eingesetzt - und weitere 13, ebenfalls aus den Höhlen von Postojna, 1957. Vom alten Bestand lebten zu diesem Zeitpunkt älteren Aufzeichnungen nach noch drei Tiere.

Lange ging man davon aus, dass es sich nur um Männchen handelt. „Die Geschlechtsbestimmung ist nicht so einfach“, sagt Markus Mende. Zusammen mit Thomas Schult leitet er den Tourismusbetrieb Oberharz, der auch für die beiden Höhlen im Ort verantwortlich zeichnet. Allein die locken Jahr für Jahr im Schnitt 200.000 Besucher.

2015 dann die Überraschung: Unter den Grottenolmen sind auch Weibchen. Ein Grottenolmexperte aus Frankreich kam damals zu diesem Ergebnis. Im Jahr darauf wurden erstmals Eier gefunden und in Aquarien gebracht. Aber der lang ersehnte Nachwuchs blieb aus.

Und auch jetzt ist noch nichts in trockenen Tüchern. „Das Risiko ist vergleichbar mit dem in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft“, beschreibt es Mende. Zwar seien die Grottenolme durch den normalerweise herrschenden Führungsbetrieb in der Höhle gewisse Dinge gewöhnt.

Im Jahr 2015 entdeckten die Zoologen dann, dass auch Weibchen in der Höhle leben

Unter den besonderen Umständen sollen sie aber so wenig wie möglich gestört werden, erklären er und Schult. Auch die Höhlenführer sind darum bemüht, Stress von „ihren“ Grottenolmen fernzuhalten, gerade jetzt, wo sich die Besucher in der Höhle relativ frei bewegen können.

Ein Mitarbeiter hält sich während der Öffnungszeiten deshalb ständig am Olmensee auf. „Wir versuchen im Sinne des Tierwohls alles in die Wege zu leiten, damit das auch was wird“, sagt Schult, „wir sind alle gespannt, was passiert“, ein Quäntchen Glück gehöre aber auch dazu.

Glück, das braucht man auch, um als Höhlenbesucher überhaupt einen Grottenolm zu erspähen. Sieben leben noch im Olmensee - drei Weibchen, vier Männchen. Es sind die einzigen Grottenolme Deutschlands. In Frankreich gibt es noch welche und Slowenien. Das war’s dann aber auch.

Besucher, die gleich früh kämen, hätten die besten Chancen, welche zu sehen; „am Tag ziehen sie sich in den hinteren Teil des Sees zurück“, erklärt Mende, der als Marketingchef den Grottenolm - obwohl es sich um ein „biologisch sehr spezielles Thema“ handelt - als Markenzeichen auserkoren hat.

Touristen, die sehr früh die Höhle besuchen, können die Grottenolme sehen

Er ziert Postkarten und T-Shirt - „wir halten das bewusst einfach“ -, es gibt ihn aus Glas, ja, und sogar in Plüsch, in Originalgröße wohlgemerkt. Grottenolme werden um die 30 Zentimeter groß.

Einen Hersteller zu finden, gestaltete sich dabei ähnlich kompliziert wie die Geschlechtsbestimmung. „Wir haben zwei Jahre gebraucht, bis wir jemanden gefunden haben.“ Vielleicht weil Grottenolme nicht die typischen Kuscheltiere sind.

Sie ähneln einem Aal, der Kopf ist etwas breiter, der Schwanz seitlich plattgedrückt; sie haben kurze Beine, vorn drei Zehen, hinten zwei. Ihre Haut ist pigmentlos, wirkt weißlich bis fleischfarben und überdeckt bei älteren Tieren die Augen. Am Hals haben sie rote Kiemen. So ein Geschöpf in Plüsch - „das hat nicht jeder“, sagt Mende, und gebe es nur in Rübeland.

Die Untersuchung mit dem Ultraschallgerät offenbarte aber nicht nur die befruchteten Eier; die Organe waren abgebildet, das Herz konnte man erkennen, die Herzschläge sehen. „Das ist schon ein Erlebnis“, so Schult. (mz)