Grauwacke Grauwacke : Gegenwind bei Steinbruch wird stärker

Ballenstedt - Gegen den geplanten Grauwacke-Steinbruch zwischen Ballenstedt und Meisdorf regt sich weiter Widerstand: Vor dem Hintergrund des eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens hat die CDU im Ballenstedter Stadtrat einen Antrag eingebracht, der Schaden von der Stadt abwenden soll, wie es in dem Schreiben heißt.
Die Mehrheit der Stadtratsmitglieder unterstützt den Antrag, laut dem die Stadtverwaltung gegenüber der Regionalen Planungsgemeinschaft Harz einen Änderungsantrag zum Regionalen Entwicklungsplan Harz stellen soll.
Ziel ist die Streichung der Hartgesteinlagerstätte als Vorranggebiet zur Rohstoffgewinnung aus dem regionalen Entwicklungsplan. Die entsprechenden Passagen sollen auch aus dem Landesentwicklungsplan gestrichen werden.
Vorhaben nicht gesetzeskonform
Das Vorhaben der Mitteldeutsche Baustoffe GmbH verstößt nach Ansicht der CDU gegen Ziele und Grundsätze der Raumordnung: „Es ist insbesondere eine Unvereinbarkeit des Vorhabens mit dem Vorranggebiet Natur und Landschaft, mit dem Vorbehaltsgebiet des Vorhabens für Tourismus und Erholung und mit dem Vorbehaltsgebiet Rad- und fußläufiger Verkehr gegeben. Das Vorhaben ist so mit den Erfordernissen der Raumordnung unvereinbar“, heißt es im Antrag. Umweltverträglich sei es ebenso wenig: „Insbesondere würden im Falle der Realisierung ... europäische Schutzgebiete erheblich beeinträchtigt.“
Die Befürworter des Antrags befürchten einen „Verlust an Lebensqualität in und um Ballenstedt, an Arbeitsplätzen und einer nicht wieder herstellbaren Natur“, denn „Staub, Lärm, die Absenkung des Grundwasserspiegels haben direkte Auswirkungen auf die Umgebung, besonders auch auf die nur wenig entfernte Lungenklinik“.
Tourismusbranche wird geschädigt
Auch die wachsende Tourismusbranche „würde durch die Auswirkungen des Steinbruchs nachhaltig geschädigt“, so die CDU. In Gefahr sehen die Christdemokraten gleichermaßen den Status der Stadt als staatlich anerkannter Erholungsort, „wenn sich die Rahmenbedingungen dermaßen verschlechtern“.
Die rund 66 Hektar große Fläche für den Steinbruch würde in einem Landschaftsschutzgebiet und in einem Flora-Fauna-Habitat liegen, einem speziellen europäischen Schutzgebiet für Pflanzen, Tiere und deren Lebensräume.
Peter Nebe: Wie soll abgebaut werden?
„Es geht nicht um die Frage, ob abgebaut wird, sondern wie“, betont Peter Nebe vom Freien Bürgerbündnis, der zu den wenigen Stadtratsmitgliedern gehört, die dem geplanten Steinbruch nicht ablehnend gegenüberstehen. Nebe sieht in dem Vorhaben einen Standortvorteil, den sich die Stadt nicht aus der Hand nehmen lassen solle.
„Unmittelbar bedroht ist die Lungenklinik“, gibt Bürgermeister Michael Knoppik (CDU) zu bedenken. „Da gehört in einer Entfernung von 900 Metern kein Steinbruch als Standortfaktor hin.“
„Es wird alles schwarzgemalt“, hält Jürgen Rössling vom Bürgerbündnis Rieder dagegen und führt das Beispiel Flechtingen an: Die Gemeinde mit rund 2.800 Einwohnern im Landkreis Börde, nordwestlich von Magdeburg gelegen, ist ein Luftkurort mit zwei Rehabilitationskliniken für Herz-Kreislauf-, Gefäß- und Atemwegserkrankungen sowie für neurologische Krankheiten. Flechtingen ist zugleich ein Standort der Norddeutsche Naturstein GmbH (NNG), die zwei Kilometer vom Ort entfernt einen Steinbruch betreibt, in dem Hartgestein abgebaut wird.
Steinbruch gibt es schon seit 100 Jahren
„Das verträgt sich hier sehr gut“, heißt es seitens der Klinikleitung; die Einrichtungen wurden 1993 und 1995 in Flechtingen angesiedelt, den Steinbruch gibt es nach Worten von Bürgermeister Dieter Schwarz seit mehr als 100 Jahren. Er liegt am Landschaftsschutzgebiet „Flechtinger Höhenzug“.
„Es geht darum, wie man miteinander umgeht“, sagt Schwarz im Gespräch mit der MZ. „Der Steinbruch hat den Standort hier gewerblich geprägt, er ist neben der Landwirtschaft das zweite Standbein für den Ort.“
Von Steuereinnahmen wird profitiert
Die Gemeinde habe ein „sehr gutes Verhältnis“ zur NNG: „Der Steinbruch nimmt Rücksicht auf den Erhalt des Luftkurort-Status’.“ Zugleich profitiere die Gemeinde von den Steuereinnahmen; um wie viel Geld es dabei geht, will Schwarz allerdings nicht sagen. „Es geht nicht nur um die Gewerbesteuer. In vielen praktischen Dingen wird Hilfe geleistet, das Material für den Straßen- und Wegebau bekommen wir gratis.“
Inzwischen fahre auch kein Schwerlastverkehr mehr durch den Ort: Die NNG habe der Gemeinde Geld und Know-how für die knapp sechs Kilometer lange Ortsumfahrung zur Verfügung gestellt. Das sei vor zehn Jahren gewesen. (mz)
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30 Jahre Abbau
Die Mitteldeutsche Baustoffe GmbH (MDB) mit Sitz in Petersberg bei Halle, die im Landkreis Harz neben dem Bode-Kieswerk Ditfurt einen Steinbruch bei Rieder betreibt, will auf einer Fläche von 66 Hektar einen neuen Tagebau an den Rehköpfen zwischen Ballenstedt und Meisdorf einrichten und dort 30 Jahre lang Hartgestein abbauen. Es soll vorgebrochen, mit einer Seilbahn-Bandanlage nach Rieder transportiert und dort weiterverarbeitet werden. Das Gelände wurde von der MDB bereits 2004 erworben.
Zur Umweltverträglichkeit der Bandanlage zum Transport des Gesteins nach Rieder heißt es in einer von der MDB in Auftrag gegebenen Raumverträglichkeitsstudie der Arcadis Deutschland GmbH unter anderem: „Nicht vermeidbar ist eine mögliche entstehende Stresssituation z.B. durch Lärm bis hin zur Trennung verbundener Populationen durch die zerschneidende Wirkung der Anlage ... Im Bereich der zusätzlichen Zwischenstationen sind höhere Geräuschemissionen durch die Antriebe sowie Staub- und Geräuschemissionen durch die Übergabe des Materials von einer Bandanlageneinheit auf die andere zu erwarten.“
Nach Worten von Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) ist das Vorhaben derzeit unzulässig, weil eine Fläche im Vogelschutzgebiet „Nordöstlicher Vorharz“ in Anspruch genommen werden würde, für die derzeit eine Veränderungssperre gelte. Ausnahmen seien erst mit einer Übertragung in das „wesentlich schwächere Regime der FFH-Richtlinie“ möglich, was mit Inkrafttreten der Landesverordnung „Natura 2000“ voraussichtlich Ende 2018 erfolge.