Gesundheit Gesundheit : Schwitzen in der Kita

Radisleben - Als sich Melanie Müller vor einigen Tagen auf Facebook und Instagram mit ihrem dreieinhalb Monate alten Baby gezeigt hat, sind die Emotionen hochgekocht.
Ein Baby im Arm seiner Mutter - eigentlich ein anrührendes Bild.
Doch weil das Foto in der Sauna entstanden ist, hat sich eine hitzige Diskussion entsponnen.
Vorwürfe und Anfeindungen
Müller, bekannt aus Fernsehformaten wie „Der Bachelor“ und „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“, erhielt zwar auch Zustimmung, musste sich aber vor allem Vorwürfe und Anfeindungen gefallen lassen.
Was wohl die wenigsten Kommentatoren wissen: Der Deutsche Saunabund empfiehlt Saunagänge bereits ab dem vierten Lebensmonat, wenn denn das Kind gesund ist und die vierte Vorsorgeuntersuchung keine Auffälligkeiten ergeben hat.
Im Domänenhof ist das Alltag
Ab einem Alter von knapp zwei Jahren wird im „Domänenhof“ in Radisleben sauniert. Für die Mädchen und Jungen in der Kindertagesstätte gehört das Schwitzen inzwischen zum Alltag.
Die Einrichtung ist eine der wenigen in der Region mit eigener Sauna im Haus. „Domänenhof“-Leiterin Susan Sperling kenne, wie sie sagt, nur noch eine weitere Kita, die das biete, eine Kneipp-Kita im Salzlandkreis.
Vor fast fünf Jahren wurde die Sauna ins Dachgeschoss der Villa in Radisleben eingebaut, weil „das einfach zum naturtherapeutischen Konzept gehört“.
Sperling schwört auf die gesundheitsfördernde Wirkung: Der Wechsel von Hitze und Kälte sei ein effektives Gefäßtraining, auch die Durchblutung der Nasenschleimhaut werde verbessert.
„Und die Kinder stehen drauf“, sie müssten nur das Wort Sauna hören.
Auch die Eltern stünden hinter dem Angebot. Nur einmal in all den Jahren sei es einem Kind nicht erlaubt worden, die Sauna zu nutzen.
Saunagang von drei bis sechs Minuten
Zwischen drei und sechs Minuten dauere im „Domänenhof“ ein Saunagang bei maximal 75 Grad - und ohne Aufguss. Zwei gebe es insgesamt.
„Die Regeln sind bei Kindern fast wie bei den Großen“: Schwere Mahlzeiten sollten vor der Sauna vermieden werden, dafür sei die Flüssigkeitszufuhr umso wichtiger, anders als bei Erwachsenen auch zwischendurch.
Daher bekämen die Kinder immer Apfeleis aus selbst gemachtem Most. Nach dem ersten Saunagang - manchmal würden dabei Geschichten erzählt - gehe es an die frische Luft, nach dem zweiten ins Tretbecken.
Und nach einem lauwarmen Guss - das Wasser habe 24 bis 26 Grad - werde geplanscht, so Sperling. „Das A und O ist aber das persönliche Empfinden.“
Wohlfühlen ist wichtig
Nicht grundlos, denn „es gibt keine allgemeingültigen Vorgaben für den Saunabesuch von Säuglingen und Kleinkindern in Deutschland“, wie Henning Böhme, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Harzklinikum „Dorothea Christiane Erxleben“, erklärt.
Für Kinder über zwei Jahre sei der regelmäßige Saunabesuch sicherlich unbedenklich, wenn sich die Mädchen und Jungen nur so lange in der Sauna aufhielten, wie sie sich wohlfühlten - aber höchstens zehn Minuten, sagt er und bezieht sich dabei auf eine finnische Untersuchung.
Denn die finnischen Kollegen hätten da angesichts der Verbreitung des Saunierens in Skandinavien die meisten Erfahrungen.
„Für die ersten Saunagänge ist eine Zeit von etwa drei Minuten ausreichend. Die Kinder sollten dabei immer von Erwachsenen begleitet werden und auf den unteren Stufen der Sauna sitzen“, empfiehlt er.
Auch in der Bodetal-Therme haben Kinder Zugang
In Begleitung eines Erziehungsberechtigten hätten Kinder auch in der Bodetal-Therme Zugang zum Saunabereich, erklärt Marketing-Chefin Mariella Kleinheisterkamp.
Das jüngste Clubmitglied sei gerade mal drei Jahre alt. „Wenn man vorsichtig ist, kann man früh anfangen. Das finden wir auch gar nicht schlecht, ist ja für das Immunsystem gut.“
Ist das jedoch angeschlagen, gilt es zu verzichten: „Kindern mit Fieber, Durchfallerkrankungen und bestimmten Herzfehlern ist wegen ihrer eingeschränkten Kreislauf-Leistungsfähigkeit von einem Saunabesuch generell abzuraten“, warnt Chefarzt Böhme. (mz)