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"Keine Anhaltspunkte für Selbstmord" Gasexplosion in der Sarstedter Siedlung in Halberstadt: 80-jähriger Mann stirbt im Schlaf

Von Ingo Kugenbuch 23.02.2018, 19:15

Halberstadt - „Ein ganzes Leben ist weg“, sagt Jeannette Schroeder. Sie schaut hinüber auf die andere Seite der Straße „Gartenstadt“ in der Sarstedter Siedlung in Halberstadt und kann es immer noch nicht fassen:

Eine komplette Doppelhaushälfte ist am frühen Morgen gegen 4 Uhr - vermutlich durch eine Gasexplosion - komplett verschwunden. Der andere Teil des Hauses ist schwer beschädigt. Der Bewohner wurde durch die Druckwelle durch die Luft gewirbelt und erlitt Kopfverletzungen.

Nachbar steht vor Trümmern seiner Existenz

Er konnte das Krankenhaus aber schon am Vormittag wieder verlassen. Jetzt steht er vor den Trümmern seiner Existenz. Als Jeannette Schroeder an ihm vorbeigeht, nickt sie ihm zu und legt ihm kurz die Hand auf die Schulter. Hier kennt man sich.

Und Jeannette Schroeder, Mitarbeiterin der Pressestelle der Stadtverwaltung, wohnt nur ein paar Straßen weiter. Auch sie hat gegen 4 Uhr den Knall gehört.

Am Vormittag werden hier die Schäden der Nacht beseitigt, aber vor allem: Der 80-jährige Bewohner des zerstörten Hauses ist unauffindbar. Liegt er unter all den Trümmern? Seine Frau ist derzeit im Krankenhaus und damit in Sicherheit.

Feuerwehr und THW  suchen nach Vermissten

Ein Bagger räumt die größten Brocken in gelbe Container, die immer wieder von Lkw abgeholt und durch leere ersetzt werden. Feuerwehrleute und THW-Mitglieder suchen an anderer Stelle nach dem Vermissten. „Wir müssen uns manuell vortasten“, sagt ein Mann von der Halberstädter Wehr.

Am Nachmittag ist es dann Gewissheit: „Um 14.45 Uhr kam die Information von der Einsatzleitung der Feuerwehr, dass unter den Trümmern des Hauses ein Leichnam geborgen wurde“, teilte die städtische Pressestelle mit.

Ob es sich dabei um den vermissten Hauseigentümer handele, könne noch nicht mit Gewissheit bestätigt werden. Aber wer soll es sonst sein?

Ziegel fliegen von Dächern, Scheiben splittern

Auch in der Nachbarschaft sind mehrere Häuser durch die Druckwelle beschädigt worden. Schräg gegenüber hat es einige Ziegel vom Dach gefegt, und zwei Fensterscheiben sind zerbrochen. Noch am Vormittag kommen Handwerker, die den Schaden aufnehmen und dann wohl auch reparieren.

„Heute Morgen hat es ganz schön gescheppert“, sagt der Nachbar. Anfangs hat das austretende Gas sogar noch gebrannt. Zeugen berichten von einer etwa zwei Meter hohen Flamme.

Die Stadtwerke haben die Gasversorgung für die beiden Häuser aber nach Angaben der Stadtverwaltung um kurz vor 7 Uhr abgestellt. Die Versorgung der anderen Häuser blieb aber gesichert.

Die Polizei sperrte die Straßen rund um das zerstörte Haus, das Ende der 1930er Jahre gebaut worden ist, ab, um den 49 Frauen und Männern von THW und Ortswehren die Arbeit zu ermöglichen - 37 von ihnen sind seit dem frühen Morgen im Einsatz.

Keine Anhaltspunkte für Selbstmord

Nach Angaben von Frank Götze vom Polizeirevier Harz gibt es „keinen Anhaltspunkt für ein Fremdverschulden oder für ein suizidales Verhalten“ des getöteten Hausbewohners.

Gasexplosionen in Wohnhäusern sind nicht häufig, kommen aber immer wieder vor. So ist zum Beispiel im Mai 2017 ein Haus in Schönebeck durch ein solches Unglück zerstört und sein Bewohner schwer verletzt worden.

Das Reihenendhaus musste abgerissen werden. Vor 15 Jahren wurde ein Wohnhaus in Halle durch eine absichtlich herbeigeführte Gasexplosion in Schutt und Asche gelegt. Und bei einer durch Gas herbeigeführten Detonation starben vor 45 Jahren in Wolfen sechs Menschen. (mz)