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Friseur-Innung Friseur-Innung: Schnippelbuden versauen das Image

Von Uwe Kraus 24.04.2018, 12:12
Oliver Kantelhardt setzt in seinem Salon auf Wohlfühlatmosphäre.
Oliver Kantelhardt setzt in seinem Salon auf Wohlfühlatmosphäre. Uwe Kraus

Halberstadt - Keine riesigen Werbeplakate mit neuen Frisuren und Shampoos - der Friseursalon von Oliver Kantelhardt in der Halberstädter Klusstraße wirkt eher wie ein gemütliches Wohnzimmer.

„Genau diese Wohlfühlatmosphäre wollen wir, der Kunde soll von seinem Stresslevel runterkommen.“

Ohne seine Frau Grit, die mit ihm im Salon steht, hätte er das nicht geschafft, sagt Kantelhardt geradeheraus.

Fünf Jahre schnitt und wusch er in der Thomas-Müntzer-Straße, bevor er vor einem Jahrzehnt in die Klusstraße zog.

In den Wendewirren nach Wolfenbüttel

In diesem Jahr werden es 20 Jahre, dass er sich mit dem Meisterbrief schmücken kann. Freimütig erzählt er über die Wendewirren, die ihn zur Ausbildung nach Wolfenbüttel führten.

Seine Erkenntnisse: Auch dort wurde nur mit Wasser gekocht. Er wusste, worauf er sich einließ.

Seine Mutter hat damals in Zilly ihr eigenes Geschäft eröffnet, das sie heute noch betreibt. Er selbst hat als Geselle weiter gelernt.

Vor seiner Selbstständigkeit hat er in sehr viele Friseurläden reingeschnuppert: als Fachtrainer. Neue Schnitte, innovative Produkte und Schulungen, um Anwendungsfehler zu vermeiden, waren sein täglicher Job.

Branche muss für junge Leute attraktiv werden

Oliver Kantelhardt hat genaue Vorstellungen, wie es weitergehen muss in der Branche. Die braucht er auch, denn vor wenigen Tagen hat er das Amt des Obermeisters der Innung des Friseurhandwerks mit Sitz in Halberstadt von Alt-Meisterin Monika Friedrich übernommen.

„Die Branche muss für junge Leute attraktiver werden, die Qualität passen. Die Schnippelbuden versauen das Image.“

Darin sieht er eine Aufgabe der Innung und besonders der Politik. Wer könne mit 40 Stunden Wochenarbeitszeit beim Mindestlohn eine Familie ernähren?

Und wen motiviere es, wenn das Zuhausebleiben kaum weniger Geld unterm Strich bringen würde?

Höheres Niveau an Leistungen gleicht Firmensterben aus

Für die Zukunft sieht Oliver Kantelhardt ein Sterben von Betrieben, das aber mit erhöhtem Niveau der handwerklichen Leistungen ausgeglichen werden solle.

Die Gründung von Barbierläden sieht er gelassen, „weil sie gebraucht werden“. Den Betreibern wünscht er viel Glück, fragt sich aber auch, warum in den typischen Friseur-Salons solche Bartpflege-Leistungen weniger gewünscht werden.

Das Elend der Branche zeichne sich nicht nur bei den fehlenden Auszubildenden ab. „Bei der Meisterfeier im April konnten aus dem gesamten Harzkreis mit Janine Heinemann, Kathleen Nieter und Britta Uhde nur drei neue Meisterinnen begrüßt werden.“

Er selbst erwarb seinen Meistertitel in Oldenburg. Nicht, weil die Ausbildung im Heimatbundesland schlecht sei, aber dort konnte er sie in Vollzeit in einem Vierteljahr durchziehen.

Alle sollten auf dem aktuellen Stand sein

Ihm ist wichtig, dass alle Friseure auf dem aktuellen Stand sind, um den Kunden vor schlechten Vertretern des Berufes zu bewahren. „Ich trete dafür ein, dass endlich das Konkurrenzdenken aufhört und miteinander gearbeitet wird. In der Innung lässt sich Ausbildung besser koordinieren oder lassen sich gute Konditionen für die Betriebe aushandeln.“ (mz)