Friedhof in Friedrichshöhe Friedhof in Friedrichshöhe: Keine Bestattungen mehr

Friedrichshöhe - Er ist Stammgast bei den Stadtratssitzungen in Harzgerode. Seine Stunde schlägt, wenn der Vorsitzende den Tagesordnungspunkt Einwohnerfragestunde aufruft. Hebt Heinz Fessel die Hand, um sich zu Wort zu melden, wissen alle im Sitzungssaal, welches Thema er gleich aufs Tapet bringen wird.
Beharrlich wie einst Cato der Ältere, der im römischen Senat zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die Zerstörung Karthagos forderte, macht auch Fessel auf sein Begehr aufmerksam.
Dass der Friedhof in Friedrichshöhe, seinem Heimatort, geschlossen wurde, lässt ihm keine Ruhe. Fessel will nicht „in fremder Erde verbuddelt werden“, er will den Friedhof zurück. Und das fordert er. Seit Jahren. Seitdem der Stadtrat die Schließung beschlossen hat. 2014 war das.
Ist die letzte Ruhefrist ausgelaufen, wird der Friedhof entwidmet
Seit Mai 2014 sind auf dem kleinen Friedhof in Friedrichshöhe, einem Güntersberger Ortsteil, in dem weniger Menschen leben als in manchem Mehrfamilienhaus, keine Bestattungen mehr möglich, auch Nutzungsrechte werden nicht mehr verlängert.
Sobald die letzte Ruhefrist abgelaufen ist, wird der Friedhof entwidmet. Bis dahin wird er von der Stadt, die als Träger für die Verkehrssicherheit zuständig ist, bewirtschaftet - wie jeder andere Friedhof auch.
Friedhof in Friedrichshöhe: Die Zahlen machen es deutlich
Karthago wurde irgendwann zerstört. Dass der Harzgeröder Stadtrat Fessels Wunsch entspricht und die Schließung des Friedhofs rückgängig machen wird, ist hingegen unwahrscheinlich.
Die Zahlen, die Hauptamtsleiterin Cathleen Steimecke und Kirsten Reuner, Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamtes, in deren Zuständigkeitsbereich auch die Friedhöfe fallen, vorlegen, sprechen eine deutliche Sprache: Zurzeit gibt es sieben Gräber, deren Ruhezeiten noch nicht abgelaufen sind. Sie enden zwischen 2021 und 2034.
Überhaupt seien seit den 1950er Jahren nur 16 Bestattungen erfasst. Die letzte Bestattung habe 2009 stattgefunden, die vorletzte 2005.
„Wir können nicht für 41 Einwohner einen Friedhof betreiben“, so Hauptamtsleiterin Cathleen Steimecke
Sie könne Fessels Wunsch durchaus verstehen, sagt Reuner, „aber man muss auch die Wirtschaftlichkeit sehen.“ „Wir können nicht für 41 Einwohner einen Friedhof betreiben“, stellt Steimecke klar.
Friedhöfe müssen kostendeckend betrieben werden. Das schreibt das Kommunalabgabengesetz vor. Aus den Kosten, die - auch für Personal und Pflege - anfallen, ergeben sich die Friedhofsgebühren. Diese sind überall in der Stadt Harzgerode identisch.
Der Friedrichshöher Friedhof fällt nicht mehr ins Gewicht: Rein kalkulatorisch sei er bereits als Grünfläche angesetzt, erklärt Reuner. Das bedeutet im Umkehrschluss: Würde er wieder geöffnet werden, hätte das Auswirkungen auf das gesamte Gebührengeflecht, die Kosten - und damit die Gebühren - würden steigen.
In Friedrichshöhe kommen die räumlichen Gegebenheiten erschwerend hinzu: Die Friedhofsfläche gehört der Stadt, der Zugang ist jedoch nur über ein privates Grundstück möglich.
Vor fünf Jahren den Friedhof in Silberhütte geschlossen
Neben dem Friedhof in Friedrichshöhe wurde 2014 der in Silberhütte geschlossen. Dort läuft die letzte Ruhefrist 2033 aus. Die geringen Fallzahlen und die Hanglage, die zunehmend Schwierigkeiten bereitet habe, seien ausschlaggebend gewesen, erklärt Steimecke.
Die Schließung habe damals auch die Silberhütter bewegt, überwogen habe schließlich aber das Verständnis, so Ortsbürgermeisterin Katja Andersch (CDU). Ebenfalls 2014 kam es bereits zur Entwidmung des kommunalen Friedhofs in Lindenberg in Straßberg. Bis dahin war er schon Jahrzehnte nicht mehr für Bestattungen genutzt worden.
Im Ort gibt es noch einen zweiten, von der Kirche betriebenen Friedhof. Der nächste Friedhof von Friedrichshöhe aus gesehen ist der rund fünf Kilometer entfernte in Güntersberge.
Wie aber geht man um mit Kleinstfriedhöfen wie dem in Friedrichshöhe?
Die Antwort fällt schwer, selbst jemandem, der sich bundesweit für den Erhalt von Friedhöfen einsetzt. „Eine einheitliche Haltung gibt es dazu nicht und kann es dazu nicht geben“, sagt Jan Gawryluk, der Vorsitzende des Verbandes der Friedhofsverwalter Deutschlands. Man müsse den Einzelfall betrachten.
„Die Problematik wird regional sehr unterschiedlich bewertet und ist abhängig vom Stellenwert des Friedhofes für die Menschen vor Ort, aber auch davon, wer dort bestattet wurde. Waren es Personen des öffentlichen Lebens, die sich für die Dorfgemeinschaft in besonderer Weise verdient gemacht haben?“
Bewirtschaftung durch Ehrenamtliche?
Gegen eine Schließung von Kleinstfriedhöfen spricht sich Gawryluk nicht grundsätzlich aus: „Wenn es keinen Widerstand gibt und die Bürger überwiegend einverstanden sind, kann man einen Friedhof natürlich schließen.“
Aus seiner Sicht gibt es aber auch noch eine andere Möglichkeit: In Nordfriesland werde eine Reihe kirchlicher Friedhöfe, die durch Ehrenamtliche bewirtschaftet werden. „Diese mähen den Rasen, entfernen das Laub, pflegen die Wege. Hätten sie dort eine Person mit halber Stundenzahl fest eingestellt, hätte sie das pro Jahr 25.000 Euro gekostet“, erklärt Gawryluk.
Für die Stadt Harzgerode ist das keine Option. Es ist aber auch nicht vorgesehen, den Friedrichshöher Friedhof 2034 einzuebnen. Die Leute können ihn weiterhin besuchen.
Am Donnerstag, 24. Oktober, ist ab 18 Uhr übrigens wieder Stadtratssitzung. Fessel hat im Gespräch mit der MZ bereits angekündigt, wieder dabei sein zu wollen - für seine Sache. Cato würde sagen: „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.“ (mz)