Viele Buchen sterben Forstwirte warnen vor Unfällen in trockenen Wäldern Huy, Harz und Hakel: Viele Buchen werden sterben

Röderhof - „Am liebsten würde ich das Bodetal hinten und vorne dichtmachen“, sagt Forstbetriebsleiter Hans Schattenberg. „Und hier im Huy sollte man auch niemanden mehr wandern lassen“, fügt er bei einem Informationsspaziergang rund um Mönchhai hinzu. Nein, er möchte niemanden den Spaß an der Natur versauen, kein Horrorszenario vorstellen, sondern er macht sich große Sorgen um die Sicherheit der Waldbesucher, aber auch der fleißigen Forstarbeiter.
Er weist in die Wipfel, die teilweise Brüche aufweisen, blattlos sind, und zeigt auf großflächige Risse in den Baumrinden. Zunehmend sterben vor allem Buchen, die Hoffnungsträger der Mischwälder, und teilweise Eichen unvermittelt ab. Ganze Bäume brechen zusammen und werden zur lebensbedrohlichen Gefahr.
Kein Holz für Möbel und Löffel
„Es geht um unsere Verkehrssicherungspflicht und um das Leben der Menschen, die durch unsere Reviere streifen.“ Revierleiter Alexander Schulze weist rechts und links vom Huywanderweg auf die Bäume. „Beidseitig 40 Meter werden wir hier in den kommenden Wochen und Monaten Bäume fällen, damit herabstürzendes Holz niemanden verletzt.“
Dass dies nicht gutes Nutzholz ist, liegt auf der Hand. „Damit lassen sich weder schöne Möbel, noch Eislöffel oder Holzmundspatel für Mediziner machen.“ Die Trockenheit 2018 und 2019 wirft einige Pläne und Erwartungen der Waldbewirtschaftung über den Haufen.
Nicht den Schäden an den Nadelwäldern des Harzes müsse „unterdessen hinterhergelaufen werden, der Überlebenskampf der Laubbäume tobt“, so Victoria Große, Pressesprecherin des Landesforstbetriebs Sachsen-Anhalt.
„Solche Zustände erlebten die drei Förstergenerationen vor uns nicht“, sagt Forstbetriebsleiter Hans Schattenberg
Knapp 40 Huy-Anwohner wie Pater Jakobus von der Gemeinschaft der Huysburg, Vertreter von Naturschutzorganisationen aus der Region zwischen Hakel und Harz sowie Vereinen wie „Zwischen Huy und Bruch“ folgen der Einladung des Landesforstbetriebes zum Waldspaziergang der besonderen Art:
Kein gemütliches Picknick im Grünen, sondern ein aufmerksamer Besuch der Schadflächen im Revier Huy des Forstbetriebes Ostharz. „Die stehen exemplarisch für die Lage in unseren Wäldern“, betont Forstbetriebsleiter Hans Schattenberg. „Ich habe mit älteren Kollegen gesprochen, solche Zustände erlebten die drei Förstergenerationen vor uns nicht.“
Gitta Langer von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt kann das nur bestätigen. „Seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 gab es solche Dürre-Lagen nicht. Es ist zu warm und zu trocken, nicht nur kurzzeitig, sondern schon 13 Monate in Folge.“
Darum tragen nicht nur vorgeschädigte oder Einzelbäume in Südlagen schlimme Schäden davon, sondern geschlossene Bestände. Buchen lieben es kühl und feucht. Kommt es zu extremen Wetterlage und plauzt die Sonne runter, kriegen ihre dünnen Rinden Sonnenbrand, reißen auf und laden Schädlinge zum Mahl unter ihrer Haut ein. Die „Buchenvitalitätsschwäche“ raffe ganze Bestände dahin.
Buchen lieben es kühl und feucht, jetzt bekommt ihre dünne Rinde Risse, durch die Schädlinge eindringen können
Dass es zunehmend heller im Wald werde, liege daran, dass sich die Oberkronen lichten. Blätter, Feinreisig und Äste fallen herab. Gitta Langer gilt als Pilzspezialistin. „Ich stoße hier auf Pilze, die wir früher nie beobachtet haben. Zunderschwamm und Hallimasch sind im Kommen, hier sehen Sie deutliche Weißfäule“, weist sie auf benachbarte Bäume.
Viele Bäume sterben, weil die Leitungsbahnen in ihrem Innern zerstört werden. Forstbetriebsleiter Hans Schattenberg und Revierleiter Alexander Schulze demonstrieren es an einer gefällten Buche. Rindennekrosen schädigten deren Stamm, zahlreiche Schleimflussflecken sind zu sehen, Kohlenbeeren, das sind Schlauchpilze, und Prachtkäfer taten ihr Werk. Eine Rotbuche, einst zur Vermarktung von den Ahnen angepflanzt, nützt heute höchstens noch als Kaminholz.
„Wir erleben in unseren Revieren eine natürliche Verjüngung“, berichtet Forstbetriebsleiter Schattenberg
Der Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt setzt auf die Entwicklung der Bestände. Nicht immer durch Neuanpflanzungen: „Wir erleben in unseren Revieren eine natürliche Verjüngung“, lenkt Hans Schattenberg den Blick von den Kronen in Richtung Boden.
„Wir sind guter Hoffnung, dass das, was hier aufwächst, sich angepasst entwickelt und letztlich mit Extremwetterlagen besser zurechtkommen wird.“ Auch darum will er nicht sofort reihenweise Buchen fallen sehen. „Sie werfen noch Schatten, der für den Nachwuchs wichtig ist.“
Victoria Große vom Landesforstbetrieb wiegt nach dem Informationsspaziergang den Kopf. „Ob es das Volk akzeptieren wird, wenn es nicht mehr in die Wälder reinkommt?“ Zumindest wird ein Teil der Huywaldspaziergänger genau darauf achten, ob ein Schild sie darauf aufmerksam macht, dass auf vielen Wegen jeder Schritt auf eigene Gefahr gegangen wird.
Wie ernst das Anliegen der Forstleute zu nehmen ist, zeigt der Helm, der aus dem Rucksack von Gitta Langer lugt: „Ich gehe in die meisten Wälder nicht mehr ohne ihn.“ (mz)
