DDR-Pioniergeburtstag DDR-Pioniergeburtstag : Das rote Halstuch von Egon Krenz

Straßberg - Wer erinnert sich noch, dass bis 1989 am 13. Dezember der Pioniergeburtstag gefeiert wurde?
Meist fiel dann der Unterricht aus, um bei verschiedenen Veranstaltungen den Ehrentag zu würdigen, der auf die Gründung der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ am 13. Dezember 1948 zurückgeht.
„Das war immer ein Höhepunkt an unserer Schule“, sagt Waltraud Schütz, die 1961 ihre Arbeit als Pionierleiterin an der Polytechnischen Oberschule (POS) Straßberg aufnahm.
Mit dem Abschluss hatte sie zugleich eine Lehrbefähigung für die Unterstufe erworben. „Deshalb wurde ich auch oft zur Vertretung eingesetzt“, weiß die heute 79-Jährige noch.
DDR-Pioniergeburtstag: Märchenaufführung auch vor Patenbrigaden
„Bei uns wurde an diesem Tag jedes Jahr ein neues Märchen aufgeführt“, kann sie sich gut erinnern. „Dabei wurden viele Kinder in die Aufführung eingebunden, beispielsweise als im Wind schaukelnde Bäume oder Pilze.“
Die Initiative sei immer von Schuldirektor Franz Schwarzbach ausgegangen, der das Stück mit den Schülern einübte. „Das Märchen wurde mehrfach gezeigt“, ergänzt sie. „Wir führten es vor den Patenbrigaden auf.“
Besonders die Schüler der ersten und vierten Klassen hätten den 13. Dezember herbeigesehnt, weil sie zunächst zu Jung- und später zu Thälmannpionieren wurden, ihre dreieckigen blauen Halstücher bekamen und sich danach mit „Seid bereit! - Immer bereit!“ grüßten.
„Als 1973 für Thälmannpioniere das rote Halstuch eingeführt wurde, durfte aus jeder Schule ein Kind nach Berlin fahren, um es sich dort vom damaligen Pionierchef Egon Krenz abzuholen“, weiß die dreifache Mutter noch.
„Zudem wurde die Festveranstaltung genutzt, um an Schüler das Abzeichen ,Für gute Arbeit in der Schule‘ zu vergeben, die nicht nur gute Noten hatten, sondern sich auch ehrenamtlich engagierten“, sagt sie, die sich üblicherweise um das Schulleben außerhalb des Unterrichts kümmerte.
DDR-Pioniergeburtstag: Der politische Druck wurde immer größer
„Anfangs war es noch wesentlich lockerer, aber Jahr für Jahr stieg der politische Druck immer mehr“, sagt Schütz, die zunächst in Schierke Wirtschaftspflegerin gelernt hatte und nach ihrer Pionierleiterzeit in die Hortbetreuung wechselte.
„Der Umgang mit Kindern hat mir große Freude bereitet, weil ich alle genommen habe, wie sie waren.“
Den erzieherischen Einfluss habe sie „nicht mit Gewalt, sondern fast unmerklich“ ausgeübt.
Gern erinnert sie sich noch an den Fanfaren- und Schalmeienzug in Straßberg, viele Arbeitsgemeinschaften, aber auch Sportwettbewerbe und Ferienaktionen.
Schütz: „Den Kindern bereiteten das Manöver Schneeflocke und die Ferienspiele immer großen Spaß. Dabei habe ich sie sogar selbst bekocht.“
DDR-Pioniergeburtstag: Altstoffsammlungen und Altenhilfe
Auch als Altstoffsammler und Timur-Brigaden zum Helfen bei alten Leuten waren die Kinder nach dem Unterricht unterwegs, weiß sie noch.
Ebenso habe sie Kinder in zentralen Pionierlagern betreut, sie auf Klassenfahrten und beim Austausch mit Schülern in Ostblockländern begleitet.
„Ich war zweimal mit Gruppen in Polen und einmal in Ungarn“, kann sie sich erinnern.
DDR-Pioniergeburtstag: Damals war wesentlich mehr los
„In Vergleich zu heute bekamen damals die meisten ein ordentliches Mittagessen für wenig Geld und war nachmittags wesentlich mehr los“, blickt die Seniorin zurück, die sich selbst als „Mutter der Kompanie“ sah.
„Die Mädchen und Jungen waren viel an der frischen Luft und hatten sinnvolle Beschäftigungen.“
Nach dem deshalb fast obligatorischen Spruch, „Es war nicht alles schlecht“, gibt sie aber auch zu bedenken: „Heute ist das teilweise durch die weiten Wege zwischen Schule und Wohnung viel schwieriger zu organisieren.“ (mz)