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Begräbnisforst Begräbnisforst Thale: Plätze unter Bäumen bleiben 99 Jahre erhalten

Von Benjamin Richter 04.09.2018, 07:55
Ein Denkmal der Natur ist für Geschäftsführer Paul Dietzsch-Doertenbach diese Baumgabel (Zwiesel). Er ist eine von 154 Ruhestätten im Begräbnisforst.
Ein Denkmal der Natur ist für Geschäftsführer Paul Dietzsch-Doertenbach diese Baumgabel (Zwiesel). Er ist eine von 154 Ruhestätten im Begräbnisforst. Jürgen Meusel

Thale - Anstelle einer Inschrift mit Namen sowie Geburts- und Todesjahr, wie man sie von Grabsteinen kennt, deutet im Begräbnisforst Thale nur eine Plakette mit ein paar Buchstaben und Ziffern darauf hin, dass es sich bei den markierten Bäumen und Felsen um Ruhebiotope handelt.

Bis zu zwölf Menschen können in biologisch abbaubaren Urnen um die Eichen, Buchen und Ahornbäume herum begraben liegen. Auch sonst unterscheidet sich die neu geschaffene Ruhestätte in vielem von einem traditionellen Friedhof. „Die Grabpflege übernimmt die Natur“, erklärt Paul Dietzsch-Doertenbach, der gemeinsam mit seinem Vater Maximilian Geschäftsführer des Forstes ist.

Feierliche Eröffnung am Mittwoch um 15 Uhr

Am Mittwoch um 15 Uhr wird er den Bestattungsort feierlich eröffnen. Zu erreichen ist der Forst im Auto über die L 240, aus Thale kommend kurz hinter dem Ortsausgang Richtung Friedrichsbrunn links, oder zu Fuß über den Waldweg, der an den Musestieg anschließt.

Drei Jahre der konkreten Planung liegen hinter den Dietzsch-Doertenbachs und Förster Mathias Lenze. Das Flurstück eigne sich besonders gut, da es durch einige Fußwege erschlossen und auch mit dem Auto gut erreichbar sei.

„Hier kann man ganz nah heranfahren“, sagt Dietzsch-Doertenbach. Darüber hinaus könnten auch Rollstuhlfahrer und Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind, die Wege problemlos begehen.

Wege sind auch mit Rollatoren und Rollstühlen befahrbar

Wem es möglich ist, der kann die Wege aber auch jederzeit verlassen und zwischen den Bäumen umherstreifen, erläutert der Geschäftsführer. „Das gehört hier dazu, dass man frei herumläuft und auch mal die Bäume anfasst. Eben wie in einem normalen Wald.“ Er selbst schöpfe aus solchen Spaziergängen Kraft für den Alltag: „Ältere Bäume geben Ruhe und ein bestärkendes Gefühl.“

Trockene Äste bleiben liegen

Der Waldcharakter des Geländes solle daher auf jeden Fall beibehalten werden. „Das bedeutet, dass ein trockener Ast eben auch mal liegenbleibt“, betont Förster Mathias Lenze. „Keiner sollte erwarten, dass hier oben ein Park mit gepflegtem Rasen entsteht.“ Wer Grabschmuck mitbringe, etwa einen Kranz oder einen Blumenstrauß, müsse gleichfalls damit rechnen, dass er nach 24 Stunden weggeräumt würde.

Träger des Begräbnisforstes ist die Stadt Thale. Die Begräbnisforst Thale GmbH unter Leitung der Dietzsch-Doertenbachs, die auch das Areal besitzen, betreibt den Bestattungsort. Der jüngere Geschäftsführer berichtet, es hätten sich schon einige Interessierte an ihn gewandt. „Zwei Bestattungen haben hier bereits stattgefunden“, fügt er hinzu.

Zwei Bestattungen haben bereits stattgefunden

Umso gespannter sei er, wie sich die Rückmeldung nach dem Start der Webseite www.begraebnisforst-thale.de entwickelt. Die Seite ist seit vergangenem Freitag online. Dort ist eine Karte zu finden, auf der alle Bäume und Steine angeklickt werden können.

Besucher finden Details wie GPS-Koordinaten sowie Höhe und Kronenform einzelner Bäume. Wer eine Besichtigung vor Ort bevorzugt, für den findet jeden Sonnabend um 14 Uhr eine Führung durch den Forst statt. Eine Anmeldung dazu ist nicht nötig.

Reservierter Platz für 99 Jahre

Die Betreiber des Forstes unterscheiden zwischen Gemeinschaftsbäumen, die sich Menschen aus verschiedenen Familien teilen, und Familienbäumen, um die ausschließlich Mitglieder einer Familie beerdigt werden. 25 Jahre beträgt die Liegedauer auf dem Lindenberg.

„Wer einen Familienbaum kauft, reserviert sich für 99 Jahre einen Grabplatz“, hebt Dietzsch-Doertenbach hervor. Für sogenannte Sternenkinder, die vor oder kurz nach der Geburt sterben und weniger als 500 Gramm wiegen, gibt es zudem drei „Himmelsleiterbäume“ mit kostenlosen Bestattungsplätzen. Doch was passiert, wenn ein Baum umstürzt, etwa in einem schweren Sturm wie „Friederike“ im Frühjahr? „Dann wird der Baum entnommen und ein neuer Baum dieser Baumart gepflanzt“, sagt der Geschäftsführer.

(mz)

Ein Denkmal der Natur ist für Geschäftsführer Paul Dietzsch-Doertenbach diese Baumgabel (Zwiesel). Er ist eine von 154 Ruhestätten im Begräbnisforst.
Ein Denkmal der Natur ist für Geschäftsführer Paul Dietzsch-Doertenbach diese Baumgabel (Zwiesel). Er ist eine von 154 Ruhestätten im Begräbnisforst.
Jürgen Meusel
Wer dieses Schild sieht, hat die Zufahrt zu dem Friedwald über Thale gefunden.
Wer dieses Schild sieht, hat die Zufahrt zu dem Friedwald über Thale gefunden.
Meusel
Die Bäume im Friedwald sind durchnummeriert.
Die Bäume im Friedwald sind durchnummeriert.
Meusel