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Bereitschaftsdienst Ärztlicher Bereitschaftsdienst im Landkreis Harz: Was tun, wenn man am Wochenende krank wird?

Von Ingo Kugenbuch 22.03.2019, 20:44
Die bundesweite Nummer für den Notfall: 116 117
Die bundesweite Nummer für den Notfall: 116 117 Ingo Kugenbuch

Quedlinburg - Musste es gerade ein Samstag sein, an dem mein Auge juckte? Da ich einige Wochen zuvor bereits eine Bindehautentzündung hatte, wusste ich was ich brauchte: antibiotische Augentropfen. Es ging gut los: Die Apotheke um die Ecke hatte Notdienst. „Können Sie mir bitte etwas gegen meine Bindehautentzündung geben?“, fragte ich die Apothekerin durch eine Art Bullauge.

Sie habe da was Pflanzliches im Angebot, etwas Anthroposophisches, sagte sie. Da ich an die wissenschaftliche Medizin und nicht an Globuli oder ähnlichen Unfug glaube, machte ich kehrt, um mir ein Rezept zu besorgen. Aber es war nun mal Wochenende. Was tun also?

Unter der 116117 meldete sich die Rettungsleitstelle in Halberstadt

Als Zeitungsredakteur kenne ich natürlich die bundesweite Nummer des kassenärztlichen Notdienstes – 116 117. Dort meldete sich die Leitstelle in Halberstadt. Etwas unbeholfen fragte ich, was ich mit meiner Bindehautentzündung tun solle. Bis Montag warten oder zum diensthabenden Augenarzt gehen?

„Ich gebe Ihnen mal die Nummer des Bereitschaftsarztes“, sagte der Dispatcher. Na gut, die hätte ich natürlich auch in der Zeitung gefunden. Egal, ich wählte die Handynummer – und landete direkt auf der Mailbox. Zwei Sekunden überlegte ich: Spreche ich da jetzt drauf? Ich verkniff es mir. Zu unsicher war ich, wann und ob mich der Arzt zurückrufen würde.

Und außerdem: Ich hätte in eine Praxis nach Aschersleben fahren müssen – rund 65 Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Am Ende zog ich es vor, einen Freund im Nachbarort anzurufen, der mir als Allgemeinarzt dann das nötige Rezept ausstellte. Aber das kann ja nicht der Standard sein.

Was können Menschen tun, die am Wochenende krank werden und keinen Arzt im Freundeskreis haben?

Wir haben der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt die wichtigsten Fragen gestellt:

Ich bekomme an einem Samstagabend starke Bauchschmerzen und muss mich übergeben, bin aber bei vollem Bewusstsein. Was muss ich tun, damit mir geholfen wird? Bei Lebensgefahr oder Gesundheitsbeschwerden mit möglicherweise irreversiblen Schäden ist rund um die Uhr der Rettungsdienst unter der Rufnummer 112 zu alarmieren.

Wer außerhalb der üblichen Sprechzeiten von Praxen niedergelassener Vertragsärzte, also in der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen, unter akuten Erkrankungen leidet, deren Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann, ruft unter der kostenlosen Rufnummer 116117 den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst um Hilfe.

In Abhängigkeit von Ihrem Standort in Sachsen-Anhalt erreichen Sie mit der 116117 zu den Bereitschaftsdienstzeiten den für sie zuständigen diensthabenden Arzt oder zunächst eine Leitstelle, die sich um Ihr Anliegen kümmert. In beiden Fällen wird im Gespräch eine Einschätzung Ihres medizinischen Versorgungsbedarfes vorgenommen, um Ihnen das passende Hilfsmittel anbieten zu können.

Wer entscheidet, ob es sich um einen Fall für den Bereitschaftsdienst oder die Notaufnahme handelt?

Im Landkreis Harz werden sowohl die Anrufer via 112 als auch über die 116 117 zunächst von den speziell geschulten Mitarbeitern der Rettungsleitstelle zu den vorliegenden Gesundheitseinschränkungen befragt, was die Grundlage für die Entscheidung darstellt, auf welche medizinische Versorgungsebene sinnvollerweise zurückgegriffen werden sollte.

Wenn meine Krankheit nicht so ernst ist, dass ich in ein Krankenhaus muss, was geschieht dann?

Wenn Sie für sich entscheiden, dass sie eine medizinische Behandlung außerhalb der Praxissprechzeiten benötigen, obwohl Ihre Erkrankung nicht schwerwiegend und/oder lebensbedrohlich erscheint, ist der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst die richtige Wahl.

Über die entsprechende Rufnummer 116.117 erhalten Sie Auskunft über die Möglichkeiten der Versorgung Ihrer Erkrankung. Je nach Uhrzeit, Ihrer Mobilität und der Art der Erkrankung ist hierbei eine telefonische Beratung, das Aufsuchen einer in der Nähe liegenden Bereitschaftsdienstpraxis – in Wernigerode, Halberstadt, für Kinder in Blankenburg – ein Aufsuchen des diensthabenden Bereitschaftsarztes in seiner eigenen Praxis oder ein Hausbesuch durch diesen möglich.

Ein allgemeiner ärztlicher Bereitschaftsdienst wird in Sachsen-Anhalt und auch in ganz Deutschland flächendeckend außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten der Praxen der niedergelassenen Vertragsärzte angeboten.

Es gibt eine Unterscheidung zwischen Patienten, die alt und gebrechlich sind, und jüngeren, die selbst eine Bereitschaftspraxis aufsuchen können. Eine sachgerechte Patientenversorgung richtet sich an verschiedenen Gegebenheiten aus. Die von Ihnen genannten Aspekte können dabei sicherlich einen Einfluss haben, ob ein Hausbesuch durch den Bereitschaftsarzt oder das Aufsuchen einer Bereitschaftspraxis als das geeignete Mittel zur medizinischen Versorgung des Hilfesuchenden gewählt wird.

Grundsätzlich gilt, dass Patienten einen Anspruch auf Besuchsbehandlung haben, wenn ihnen das Aufsuchen des Arztes in dessen Praxisräumen wegen einer Krankheit nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Was passiert, wenn ich am Wochenende einen Facharzt aufsuchen muss – etwa einen Augenarzt?

Fachärztliche Bereitschaftsdienste für Augenheilkunde, Kinderheilkunde oder für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde liegen wie der allgemeine ärztliche Bereitschaftsdienst in der Obhut der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Landkreis Harz existieren ein kinderärztlicher Bereitschaftsdienst in Form einer Bereitschaftsdienstpraxis in Blankenburg und ein augenärztlicher Bereitschaftsdienst, der zu den kompletten Zeiten des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Form eines Rufdienstes der Bevölkerung zur Verfügung steht.

Das heißt, dass die Patienten über die Rettungsleitstelle, die sie per 116 117 erreichen, die Rufnummer des diensthabenden Arztes mitgeteilt bekommen. Erkennt dieser im Gespräch mit dem Anrufer die Notwendigkeit einer Behandlung, wird diese aufgrund der speziellen technischen Ausstattung eines Augenarztes oft in den eigenen Praxisräumen durchgeführt.

Habe ich mich an dem Wochenende, an dem ich eine Bindehautentzündung bekam, richtig verhalten?

Aufgrund eines Mangels an Augenärzten im Landkreis Harz und moderater Inanspruchnahme des dortigen augenärztlichen Bereitschaftsdienstes durch die Patienten wurden 2015 Teile des Salzlandkreises mit in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst im Landkreis Harz einbezogen.

Alternativ hätte nur die Auflösung des augenärztlichen Bereitschaftsdienstes als Option bestanden, weil zu wenige Ärzte für einen weiteren Betrieb vorhanden waren. Da der augenärztliche Bereitschaftsdienst ein freiwilliges Angebot der Ärzte ist, anders als der flächendeckend organisierte allgemeine Bereitschaftsdienst, an dem Ärzte aller Fachgebiete teilnehmen und der keine Spezialisierung besitzt, wäre eine Auflösung rechtlich möglich.

Durch die Gebietserweiterung können die Bereitschaftsdienste auf mehr Ärzte aufgeteilt werden. Letztlich hilft also die Vergrößerung des Dienstgebietes sogar die Qualität der Patientenversorgung im Landkreis Harz durch das gesicherte Fortbestehen eines fachgebietlichen Bereitschaftsdienstes für Augenheilkunde aufrechtzuerhalten, den es nicht in allen Regionen Sachsen-Anhalts gibt.

Das sofortige Anspringen der Mailbox lässt uns vermuten, dass Sie den Augenarzt während einer Behandlung kontaktiert haben. Nach unseren Feststellungen liegen keine anderweitigen Beschwerden vor, dass der Augenarzt an dem betroffenen Wochenende nicht erreicht werden konnte. In einem solchen Fall ist ein weiterer Anruf anzuraten oder das Besprechen der Mailbox. Der Arzt ruft, falls Sie eine Rückruftelefonnummer hinterlassen, zurück und bespricht das weitere Vorgehen.

Wartezeiten sind gegebenenfalls ohnehin in Kauf zu nehmen, da die Patientenanliegen gemäß Dringlichkeit versorgt werden. Dementsprechend wäre für das Ausstellen eines Rezepts zur Behandlung einer Bindehautentzündung unter Umständen etwas Geduld vonnöten gewesen, falls andere Patienten mit dringlicheren Gesundheitsproblemen sich bereits vorgestellt hatten. (mz)