Wahlkreis 71 SPD-Direktkandidatin Anne Stamm Politik mit „rotem“ Faden im Bundestag durchsetzen
Die MZ stellt die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 71 - Anhalt in der Reihenfolge des Wahlzettels vor. Heute: Anne Stamm (SPD).
Bitterfeld-Wolfen/MZ - Dass Anne Stamm bei den Sozialdemokraten landen würde, war schon früh klar. Zumindest für ihren Sozialkundelehrer. „Ich wusste schon mit 14, dass du mal ’ne Soze wirst“, habe dieser ihr bei einem späteren Treffen gesagt, erzählt die Holzweißigerin.
Damals an der Bitterfelder Helene-Lange-Sekundarschule sei ihr Interesse für Politik nämlich geweckt worden. Und rund zwei Jahrzehnte später ist Stamm nun nicht einfach nur SPD-Mitglied. Mit 35 Jahren kandidiert die Sozialdemokratin bei der anstehenden Wahl erstmalig für den Bundestag.
Stamm machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau und arbeitet heute als Gebietsverkaufsleiterin beim Bitterfelder Spatz
Was einst schon ihr Lehrer erkannte, gilt noch immer. Stamm setzt sich für Chancengleichheit ein - gerade mit Blick auf jene Menschen, die mit geringeren Möglichkeiten ins Leben starten. „Die Familien- und Sozialpolitik ist mein Thema, weil ich diese Erfahrung selbst gemacht habe“, sagt die gebürtige Wolfenerin. Denn sie stammt aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Um genug Geld aufzubringen, musste ihre alleinerziehende Mutter teils in zwei Jobs gleichzeitig arbeiten.
Stamm machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau und arbeitet heute als Gebietsverkaufsleiterin beim Bitterfelder Spatz. Ein Aufstieg, der ohne sozialdemokratische Errungenschaften in der Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht so ohne Weiteres möglich gewesen wäre, sagt die SPD-Kandidatin über den eigenen Werdegang. Parteimitglied ist sie seit 2017, mittlerweile sitzt Stamm auch im Vorstand der Bitterfeld-Wolfener Sozialdemokraten. Als sich die Chance auf ein Bundestagsmandat ergab, musste sie deshalb nicht lange überlegen.
Von der Kita bis zum Studium sollen Heranwachsende das Recht auf kostenfreie Bildung haben
„Der Gedanke, sich auf Landes- oder Bundesebene zu engagieren, war schon immer da“, sagt Stamm. Unterstützt wird sie dabei auch von ihrem Partner und ihren zwei Töchtern. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines ihres zentralen politischen Anliegen geblieben. „Ich war selbst jahrelang alleinerziehende Mutter. Deshalb weiß ich, dass der Spagat unglaublich groß ist“, sagt Stamm. Familien bräuchten hier Spielraum - und diesen will die SPD-Kandidatin ausweiten. Sie setzt sich dafür ein, dass der Ausbau von Kitas gefördert und deren Öffnungszeiten erweitert werden. Außerdem sollen die Tariflöhne für Erzieherinnen und Erzieher erhöht werden.
Von der Kita bis zum Studium sollen Heranwachsende dann das Recht auf kostenfreie Bildung haben. Diese „darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, fordert Stamm. Und auch in der Arbeitswelt sieht die Sozialdemokratin noch Nachholbedarf. Stamm plädiert für eine faire Bezahlung, unter anderem will sie die Einkommensdiskrepanz zwischen den Geschlechtern überwinden. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das muss für Männer und Frauen gelten“, findet die 35-Jährige. Außerdem will sie, dass der Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde erhöht wird und dass die Rente stabil bleibt. „Wir dürfen das Rentenalter keinesfalls erhöhen“, sagt Stamm.
„Die Zweiklassengesellschaft im Gesundheitsbereich gehört abgeschafft“
Wer der SPD-Kandidatin zuhört, entdeckt den „roten“ Faden schnell - die erwähnte Chancengleichheit ist ihre oberste Maxime. Jenes Ziel sieht Stamm auch in anderen Lebensbereichen noch nicht zufriedenstellend verwirklicht. Etwa im Gesundheitswesen. Vorzugsbehandlung für finanzstarke Bürger sind Stamm ein Dorn im Auge. „Die Zweiklassengesellschaft im Gesundheitsbereich gehört abgeschafft“, sagt sie. Stattdessen spricht sich die Sozialdemokratin für eine einheitliche Bürgerversicherung aus, in der Jedermann und -frau gleichermaßen abgesichert ist.
Teils stecke der Teufel auch im Detail. Die 35-Jährige nennt ein Beispiel: „Homosexuellen ist es immer noch nicht gestattet, Blut zu spenden. Das ist absolut nicht nachvollziehbar“. Ein vermeintliches Nischenthema, vielleicht. Trotzdem will Stamm die Ungleichbehandlung auch hier nicht länger akzeptieren. „Alles, was wir als ungerecht ansehen, wollen wir bekämpfen“, sagt sie.
Das war schon damals im Sozialkundeunterricht an der Helene-Lange-Schule so. Und wenn es nach der Sozialdemokratin geht, wird sich ihr damals eingeschlagener Weg bald im Bundestag fortsetzen.