Handball-Oberliga Handball-Oberliga: Macht sich HG 85 Köthen Chaos bei HSG Freiberg zu nutze?

Köthen - Der 12. April 2014 muss ein schöner Tag für Andreas Bolomsky gewesen sein. Die Ehrennadel in Silber bekam der Nachwuchstrainer verliehen und seine Mannschaft, die A-Junioren der HSG Freiberg, durfte sich über die Auszeichnung in Bronze freuen. Anerkennung vom Verein, für die jahrelang geleistete Arbeit. Auch wegen des Nachwuchses ist die HSG über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt.
Den Januar 2016 wird Andreas Bolomsky nicht in guter Erinnerung behalten. Er wurde als Trainer entlassen.
Streitbarer Trainer muss gehen
Es war schon ein verrücktes Projekt, das sie da in Freiberg in Angriff genommen hatten. Nach der Saison 2014 entschied man sich, die A-Junioren komplett nach oben zu ziehen. Sie bildeten, gemeinsam mit einigen verbliebenen erfahrenen Spielern, die Männermannschaft in der Mitteldeutschen Oberliga. Die HSG, viele Jahre im oberen Tabellendrittel wiederzufinden, hatte deutlich Staub angesetzt, fand sich häufig mit Niederlagen und Abstiegssorgen konfrontiert. Ein großer Eimer Wasser aus dem Jungbrunnen sollte sie wieder aufblitzen lassen. Federführend war Andreas Bolomsky, der nun nicht mehr Trainer einer Jugendmannschaft, sondern vom Aushängeschild des Vereins war.
Die Erwartungshaltung war hoch. In den ersten Monaten der Spielzeit 2014/15 wirkte es so, als sei sie das zurecht. Freiberg pflügte durch die Mitteldeutsche Oberliga, mit einem Spielstil, den viele spektakulär fanden. Erinnert sei nur an den 60:46-Sieg gegen Werratal, der in Handball-Deutschland heiß diskutiert wurde. Das Thema Aufstieg wurde selbstbewusst in den Mund genommen. „Binnen der nächsten zwei Jahre“, war die Ansage. Im Mai 2015 beendete Freiberg die Saison auf einem guten fünften Platz. Und sah sich selbst als Aufstiegskandidat in der Saison 2015/16.
Ein Wiedersehen gibt es am 16. Spieltag für Jörg Neumann. Der Trainer des HC Glauchau/Meerane hat die Mannschaft zu Gast, mit der er vor zweieinhalb Jahren den Klassenerhalt in der 3. Liga feiern konnte. Im Januar 2013 hatte Neumann den kriselnden HC Aschersleben übernommen und schon zwei Spieltage vor dem Saisonende den Klassenerhalt gesichert. Dennoch bekam er keine Vertragsverlängerung.
Neumann schaffte 2015 mit dem USV Halle den Drittligaaufstieg, wurde aber in der Hinrunde entlassen. Kurz vor Weihnachten einigte er sich mit dem HC Glauchau/Meerane, der Vasile Sajenev entlassen hatte, auf ein Engagement. „Ich freue mich auf das Wiedersehen mit Aschersleben“, sagt Neumann. (brä)
Es muss etwas gründlich schief gelaufen sein, denn die HSG Freiberg stand Anfang Januar mit nur drei Siegen auf dem vorletzten Platz. Noch vor dem ersten Spiel im neuen Jahr beurlaubte der Verein den Trainer, der nach eigener Aussage zwölf Jahre lang einen richtig guten Job gemacht hatte.
„Wir mussten in dieser Situation einfach handeln“, sagte HSG-Manager Jörg Kalinke der Zeitung Freie Presse. Bolomsky hatte in einem Interview den Eindruck erweckt, sich schon mit dem Abstieg abgefunden zu haben. Der Verein wollte ein anderes Signal setzen. Andreas Bolomsky streitet den Entlassungsgrund des Vereins ab.
Dass Bolomsky streitbar ist, war auch in Köthen zu beobachten. Nach der 37:41-Niederlage gegen die HG 85 schimpfte er, dass er kein Problem damit hätte, wenn der Gegner gewinnt: „Unter einer Bedingung: Er sollte auch besser sein.“ Die Regelauslegung der Schiedsrichter würde die offensive Spielweise Freibergs benachteiligen.
Bolomskys verbale Einwürfe waren den Verantwortlichen mit der Zeit offenkundig ein Dorn im Auge. In sozialen Netzwerken wurde wiederholt über die HSG diskutiert, die nur einen Spielstil hätte und deswegen kein Problem mehr für die Gegner darstelle. Und über den Trainer, der sich immer im Recht sah und deshalb als rechthaberisch verschrien wurde. Logisch, dass Bolomsky nach seiner Beurlaubung nicht ruhig bleiben wollte. Er hat ein Pamphlet verfasst, das ausgedruckt vier DIN A4 Seiten entspricht. Nachzulesen auf seiner frei zugänglichen Facebook-Seite.
Gut ausgebildet, viel Potenzial
Am Sonnabend ist die HG 85 Köthen in Freiberg zu Gast (Spielbeginn: 20 Uhr). Sie wird auf eine Mannschaft treffen, die immer noch sehr jung ist, die aber seit drei Wochen von einem neuen Trainer betreut wird. Anel Mahmutefendic soll die Mannschaft vor dem Abstieg retten. Und der 37-Jährige Niederländer mit bosnischen Wurzeln befindet sich auf einem guten Weg. Zwei der drei Spiele unter seiner Regie konnte Freiberg gewinnen (36:28 gegen Calbe, 34:30 gegen Staßfurt). Beobachter sagen, dass die Mannschaft nun anders auftrete als unter Bolomsky. Strukturierter, nicht mehr so hektisch. Den vorletzten Platz konnte die HSG noch nicht verlassen, den Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz aber auf drei Punkte verringern.
„Das ist eine sehr gut ausgebildete Mannschaft mit viel Potenzial“, hat Anel Mahmutefendic bei seiner Präsentation gesagt. Es ist auch ein Ausdruck von Respekt an Andreas Bolomsky. Dessen Projekt wurde beendet. Ein anderes soll erfolgreicher werden. (mz)