Handball - 3. Liga Handball - 3. Liga: Köthener Fischer übt scharfe Kritik an Schiedsrichtern

Köthen - Steffen Fischer saß am Sonnabend schon einige Stunden im Bus, der erste Ärger über die 27:32-Auswärtsniederlage der HG 85 Köthen gegen die HSG Rodgau Nieder-Roden war also verflogen. Nur zehn Köthener Handballer hatten dem Tabellendritten der 3. Liga Ost lange Paroli geboten. Einhellige Meinung der Gäste: Es war mehr drin. Wenn Sebastian Greß dabei gewesen wäre (Fischer: „Mit ihm wäre die Sensation möglich gewesen.“). Oder wenn die Schiedsrichter in der spielentscheidenden Phase den Überblick behalten hätten. „Es wiederholt sich“, sagte ein frustrierter Köthener Spielertrainer, „der Aufsteiger ist der Buhmann.“
Doppelte Zeitstrafe für Uelsmann
Seit dem Auswärtssieg gegen Bad Blankenburg gab es für die HG 85 Köthen zwei Niederlagen. Gegen Bad Neustadt und Nieder-Roden war der Aufsteiger klarer Außenseiter - und wird das auch in den kommenden drei Spielen sein. Am Sonnabend empfängt die HG 85 den hessischen Club MSG Groß-Bieberau/Modau. Nach einem spielfreien Wochenende geht es zum Tabellenzweiten Dresden, ehe am 8. November der HSV Hannover in Köthen zu Gast ist. Gegen den aktuell punktlosen Northeimer HC könnten die Vorzeichen am 16. November dann anders sein. (brä)
Fischer hatte schon in Spielen zuvor intern seinen Unmut darüber geäußert, dass der Aufsteiger benachteiligt werde. Diesmal äußerte er es öffentlich. „45 Minuten lang war das ein solides Spiel von den Schiedsrichtern. Aber zum Schluss kommen Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann.“ Fischer führte einige Beispiele aus. So pfiffen die Unparteiischen Uwe Boeken und Ingo Müller-Sellinger ein Fußspiel eines Nieder-Rodener Spielers nicht ab. „Das war ein Reflex, wir haben keine Zeitstrafe erwartet, aber wenigstens Ballbesitz für uns“, so Fischer. Die HSG kam in Ballbesitz, Boeken und Müller-Sellinger ließen das Spiel weiterlaufen.
Dass solche Entscheidungen an den Nerven nagen, wurde in der 49. Minute deutlich, als René Uelsmann eine doppelte Zeitstrafe bekam. Die erste für ein Foul, die zweite für einen Spruch zum Schiedsrichter. Unüblich für den sonst besonnenen Uelsmann. Zu diesem Zeitpunkt lag Köthen 21:25 zurück. Als Uelsmann wieder mitspielen durfte, stand es 23:30. „Dass wir uns wegen Meckerns eine Zeitstrafe einhandeln, das darf uns nicht passieren, daran müssen wir arbeiten“, sagte Fischer zwar. Er hatte aber auch Verständnis: „Ich kann es als Spieler nachvollziehen. Du kämpfst und dann kommen Entscheidungen der Schiedsrichter, die nicht nachvollziehbar sind. Daran knabberst du. Das ist einfach wahnsinnig frustrierend.“
Schiedsrichter werden beeinflusst
So verständlich, wie Fischers Kritik ist, so subjektiv ist sie auch. Dass die Unparteiischen den Aufsteiger bewusst benachteiligen, daran ist schwer zu glauben. Mehrere Studien weisen aber darauf hin, dass die Entscheidungen der Schiedsrichter durch andere Faktoren durchaus beeinflusst werden. Der britische Psychologe Alan Nevill hat nachgewiesen, dass Schiedsrichter mit brüllenden Fans im Nacken eher zugunsten der Heimmannschaft pfeifen.
Ralf Brand, Sportpsychologe an der Uni Potsdam, hat in einem Interview mit dem Internetradio detector.fm geäußert, „dass ein bedeutender Teil von Entscheidungen in einer Geschwindigkeit und aus Blickwinkeln getroffen werden müssen, in denen die Schiedsrichter vielleicht nicht zu einhundert Prozent sicher sein können.“ Sie versuchen dann, unbewusst und automatisch, sämtliche zur Verfügung stehenden Infos (u. a. Zuschauer-Reaktion, Hallensprecher) in ihre Entscheidung einfließen zu lassen. Ob dazu auch das Renommee des Vereins zählt, haben die Studien nicht herausgearbeitet. Zusammenfassend lässt sich sagen, was lange bekannt ist: Auswärtssiege sind beim Handball schwer zu erreichen. Als Aufsteiger vielleicht noch ein bisschen schwerer. (mz)