1. FC Bitterfeld-Wolfen in der Fussball-Verbandsliga 1. FC Bitterfeld-Wolfen in der Fussball-Verbandsliga: Die Malediven der Liga

Bitterfeld/MZ - Der Ball lief plötzlich ungewohnt flink. Dieser Angriff sah gut aus, sehr gut sogar. Die Spieler des Schönebecker SC (SSC) näherten sich entschlossen dem gegnerischen Tor. Zwanzig Minuten waren im Verbandsliga-Spiel beim Haldensleber SC gespielt - und Schönebecks Urgestein Thomas Jaenecke beförderte das Spielgerät ins Netz. Es war der erste Saisontreffer des SSC, am sechsten Spieltag. Sollte das Schlusslicht wirklich gewinnen? Nein, Schönebeck verlor deutlich mit 1:6 - wieder einmal. Abteilungsleiter Erik Hunker meint dennoch: „Das sind genau die kleinen Erfolgserlebnisse, die wir brauchen.“
Rückzug derzeit ausgeschlossen
Der Schönebecker Fußball hat schon bessere Zeiten erlebt. Während der SSC zumindest zu den Verbandsliga-Partien antritt, sagte Ortsrivale Schönebecker SV am vergangenen Spieltag eine Partie aufgrund von vereinsinternen Querelen in der Landesliga sogar ab. So etwas wird es beim derzeitigen Schlusslicht der höchsten Spielklasse Sachsen-Anhalts nicht geben, sagt Abteilungsleiter Hunker. Der 1. FC Bitterfeld-Wolfen hat von dieser Situation schon profitiert. Am vierten Spieltag setzte sich das Team von Trainer Olaf Schaller im Jahnstadion mit 7:0 gegen Schönebeck durch. „Wir wussten, dass es eine schwierige Saison wird“, sagt Erik Hunker, „die Spieler haben sich zusammen mit dem Verein dazu entschieden - und dafür verdienen sie die Hochachtung der gesamten Abteilung.“
Nach dem Verbandsliga-Aufstieg 2013 spielte das Team zunächst oben mit. Im Dezember vergangenen Jahres musste Schönebeck dann aber den tragischen Tod von Wolfgang Breitmeier, der als Manager für einen Großteil der Vereinsfinanzen zuständig war, hinnehmen. Bereits in der Winterpause verließen einige Spieler den Verein. Schönebeck wurde Achter. Im Sommer 2014 kehrten 16 Akteure dem Verein den Rücken zu. „Letztendlich waren sie nicht bereit, für unser Angebot bei uns zu bleiben“, blickt Hunker zurück. „Dann ziehen Legionäre eben weiter“, sagt der Abteilungsleiter noch ein wenig erzürnt, „ich bin froh, dass wir diesen Wahnsinn nicht mehr mitmachen. Was in der Verbandsliga teilweise für Geld verbrannt wird, das spottet jeder Beschreibung.“
Mit Spielern aus der A-Jugend und der zweiten Mannschaft entschied sich Schönebeck für ein weiteres Jahr in der Verbandsliga - und kassierte bislang nur deutliche Niederlagen. Null Punkte, ein erzieltes Tor und 47 (!) Gegentreffer nach sechs Spieltagen - wer gegen den SSC antreten darf, freut sich auf einen sicheren Sieg.
„Für die Spieler ist das natürlich nicht so schön, wenn sie an jedem Wochenende mit 7:0, 8:0 oder 9:0 verlieren“, kann sich Andreas Mieth, Manager des 1. FC Bitterfeld-Wolfen in die Situation des Ligakonkurrenten hineinversetzen. „Aber so schlecht waren sie gegen uns gar nicht, nur in der letzten halben Stunde hat die Kondition nachgelassen“, sagt Mieth, „das erste Saisontor war wichtig. So sehen sie, dass es geht.“ Ans Aufgeben denkt im Moment ohnehin niemand. „Zurückziehen“, versichert Abteilungsleiter Hunker, „werden wir unsere Mannschaft nicht.“ Die jungen Spieler sollen Erfahrungen sammeln, in der nächsten Saison möchte Schönebeck im Abstiegsfall eine gute Landesligamannschaft stellen.
Staffelleiter diskutiert nicht
Bis dahin müssen die Spieler tapfer bleiben. Woche für Woche eine deftige Niederlage, das kratzt am Nervenkostüm. Ganz gleich, ob man damit rechnet oder nicht.
„Ich ziehe den Hut davor, dass sie an jedem Spieltag wieder antreten“, lobt Verbandsliga-Staffelleiter Frank Nicolai. An Diskussionen über den Sinn der Schönebecker Ligazugehörigkeit möchte er sich nicht beteiligen. „Ich habe neulich gelesen, dass die Nationalmannschaft der Malediven mit 41:0 verloren hat“, erzählt der Staffelleiter, „da diskutiert auch niemand drüber. Sie haben sich sportlich qualifiziert und sind dabei.“