Empörung im Parlament Wegen Bauerndemo - Landtagspräsident sagt Holocaust-Gedenkstunde ab
Am 27. Januar gedenkt Deutschland der Opfer des nationalsozialistischen Judenmords. In Sachsen-Anhalt wurde jetzt eine Veranstaltung gestrichen - daran gibt es scharfe Kritik.
Magdeburg/MZ - Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) hat die alljährliche Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar abgesagt und damit im Parlament für Empörung gesorgt. Die Entscheidung sei gefallen, da für den gleichen Tag Bauernproteste auf dem Magdeburger Domplatz angemeldet seien, erklärte der CDU-Politiker.
Ein angemessenes Gedenken, die ungehinderte An- und Abreise sowie die Sicherheit ließen sich wegen der Proteste nicht gewährleisten. Mehrere Parteien kritisierten die Entscheidung scharf. Die Absage sei „an Instinktlosigkeit kaum zu überbieten“, sagte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. Die zentrale Gedenkveranstaltung des Landes Sachsen-Anhalt sei lange geplant gewesen. „Es ist erschütternd, dass sie abgesagt werden musste.“
„Ein Unding“, schimpft die SPD
Der SPD-Politiker Rüdiger Erben warf Schellenberger eigenmächtiges Handeln vor. Seine Fraktion habe von der Absage aus den Medien erfahren. „Ein Unding“, sagte Erben. Die Absage sei „unsensibel“ und „stark zu kritisieren“.
Die Linke richtete ihre Kritik auch an die demonstrierenden Bauern. „Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts kann erwartet werden, dass andere Interessen – so berechtigt sie seien – dahinter zurückstehen“, sagte Linksfraktionschefin Eva von Angern.
Linke fordert Aufklärung im Innenausschuss
Kritik übt die Linke zudem an der Versammlungsbehörde. Der Gedenktag für die Opfer des Holocaust genieße einen besonderen Schutz im Rahmen des Versammlungsgesetzes, sagte von Angern. „Es ist unverständlich, warum dieser augenscheinlich nicht genutzt wurde.“ Die Linke wolle im Innenausschuss Aufklärung einfordern.
In einer Sondersitzung des Ältestenrat wurde Schellenbergers Entscheidung am Donnerstagnachmittag teilweise korrigiert. Nunmehr soll in Abstand von einigen hundert Metern zur Bauerndemo am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma ein Kranz niedergelegt werden. Die eigentliche Gedenkveranstaltung zum Holocaustgedenken soll nachgeholt werden.