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Kunst von Neo Rauch und Rosa Loy Vorhang auf in Aschersleben: Bayreuths blaue Bühne

Künstler-Ehepaar als Ausstatter: Neo Rauch und seine Frau Rosa Loy zeigen in Aschersleben ihre Entwürfe zu einer Inszenierung von Richard Wagners romantischer Oper „Lohengrin“.

Von Kai Agthe 21.07.2024, 16:32
Rosa Loy und Neo Rauch in Aschersleben vor dessen Bild „Der Ausflug“ (2024)
Rosa Loy und Neo Rauch in Aschersleben vor dessen Bild „Der Ausflug“ (2024) (Foto: dpa)

Aschersleben/MZ. - „Im Lohengrin gibt es viel blaue Musik“, schrieb Friedrich Nietzsche, einer der besten Kenner des Werkes und auch des Menschen Richard Wagner, nachdem er die Oper bei den Bayreuther Festspielen des Jahres 1881 erlebt hatte. Eine aus Klängen resultierende Farbempfindung, die verschiedene Assoziationen zulässt, steht das Blau in der Farbsymbolik ebenso für Kühle und Distanz wie für Pflichttreue und Sehnsucht, aber auch für die Verbindung zum Göttlichen. Nietzsche selbst ergänzte: „Wagner kennt die opiatischen und narkotischen Wirkungen.“

Wagners im Jahr 1850 in Weimar unter Leitung von Franz Liszt uraufgeführten „Lohengrin“ ganz in Blau zu tauchen, war auch die Ausgangsidee für eine Inszenierung der Oper in Bayreuth, zu der Katharina Wagner, die künstlerische Leiterin der Bayreuther Festspiele, Rosa Loy (66) und Neo Rauch (64) eingeladen hatte. 2018 erlebte die von dem Leipziger Künstler-Paar ausgestattete und von Christian Thielemann musikalisch geleitete Inszenierung auf dem Grünen Hügel ihre Premiere.

„Neo Rauch und Rosa Loy erzählen mit heutigen Mitteln eine alte Geschichte, und wie sie das machen, in ihrer ureigenen Ästhetik, das hat mir ungemein gefallen“, schreibt Thielemann im Buch zur „Lohengrin“-Inszenierung, das vor vier Jahren erschien.

Prämierte Ausstattung

Die Entwürfe für das Bühnenbild und die Kostüme sind jetzt unter dem Titel „Bläue“ in der Grafikstiftung Neo Rauch in Aschersleben zu sehen. Kuratiert von Marc Löhrer, vereint die inzwischen 12. Jahresausstellung insgesamt 33 Objekte der Bayreuther Inszenierung, für die Rosa Loy und Neo Rauch 2019 mit dem damals erstmals verliehenen „Oper!Awards!“ in den Kategorien Bühnenbild und Kostüme ausgezeichnet wurden.

Den „Lohengrin“ in allen Farbtönen des Blaus zu halten, entsprang einer speziellen Vorliebe Neo Rauchs: „Er liebt das Blau von Delfter Kacheln“, sagt Silvia Käther, die Leiterin der Grafikstiftung Neo Rauch. Nur galt es, für das blaue Bayreuther Bühnenbild in ganz anderen künstlerischen Dimensionen zu denken: „Der Rundhorizont des Festspielhauses etwa ist stattliche 43 Meter breit und 25 Meter hoch“, so Käther.

Szene aus der von Rosa Loy und Neo Rauch ausgestatteten „Lohengrin“-Inszenierung in Bayreuth 2018
Szene aus der von Rosa Loy und Neo Rauch ausgestatteten „Lohengrin“-Inszenierung in Bayreuth 2018
(Foto: dpa)

Bei der Gestaltung der Kostüme, von denen 13 in Aschersleben zu sehen sind, herrschte klare Arbeitsteilung: Rosa Loy entwarf die für die Sängerinnen, Neo Rauch die für die Sänger. Die Figurinen bilden eine eigene Galerie in der Schau: Während die Zeichnungen von Rosa Loy Arbeitscharakter haben, hat Neo Rauch – der nach dem Unfalltod seiner Eltern bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Aschersleben aufwuchs – die seinen zu großen Teilen wie Kunstwerke ausgearbeitet.

In der eher minimalistischen „Lohengrin“-Lesart gehören energetische Apparaturen zu den zentralen Gestaltungselementen: Der Thron von König Heinrich I. ist bei Neo Rauch eine Kugel, an der mannsgroße Isolatoren angebracht sind. Ebenso sind ein Transformatorenhaus und Hochspannungsmasten wiederkehrende Bestandteile des Bühnenbildes. Alles blau – bis auf die Szenen im Münster und im Schlafgemach von Elsa und Lohengrin, die sich durch kräftiges Orange abheben.

Bei der Gestaltung des Schwans, der jenes Boot zieht, auf dem der Ritter Lohengrin erscheint, hat Neo Rauch auf jeden Naturalismus verzichtet. Hier ist das Tier ein weißes Kunststoffgebilde, das große Ähnlichkeit mit einem Tarnkappenbomber hat. Dieser Deutung hält Silvia Käther den Hinweis entgegen: „Neo Rauch hat den Schwan als stilisiertes Wagner-W entworfen.“

Wieder im Spielplan

Die Beschäftigung mit der „Lohengrin“-Ausstattung zog sich für das Künstler-Paar über mehrere Jahre hin. „Das wirkte bei Rosa Loy und Neo Rauch in ihre Malerei hinein“, sagt Käther. Und so ergänzen jüngere Arbeiten beider Künstler, vor allem als Leihgaben von privaten Sammlern, die Präsentation. Mit „Der Ausflug“ ist auch eine 2,44 und 2,02 Meter messende und ganz in Blau gehaltene Ölzeichnung auf Papier von Neo Rauch aus diesem Jahr zu sehen.

Nach Ausstellungsende im April kommenden Jahres gehen die Ausstattungsstücke zurück nach Bayreuth, wo die blaue „Lohengrin“-Inszenierung von Rosa Loy und Neo Rauch 2025 wieder auf dem Spielplan der Festspiele steht, abermals mit Christian Thielemann am Dirigentenpult. Dann heißt es – mit Lohengrin gesprochen – wieder: „Nie sollst du mich befragen, / noch Wissens Sorge tragen, / woher ich kam der Fahrt, / noch wie mein Nam’ und Art.“„Rosa Loy und Neo Rauch: Bläue – Kostüme und Bühnenbilder für Lohengrin – Bayreuther Festspiele 2018“, bis zum 27. April 2025 in der Grafikstiftung Neo Rauch Aschersleben, Wilhelmstraße 21-23, Mi-So 11-17 Uhr. Das Buch zur „Lohengrin“-Inszenierung kostet 34 Euro.