Loewe-Festtage Eine Offenbarung : Carl Loewes „Hiob“ in Halle
Es muss nicht immer Händels „Messias“ sein. Die Erstaufführung des Loeweschen Oratoriums in der halleschen Marktkirche überzeugt.
Halle/MZ. - Es muss nicht immer Händel sein. Dessen „Messias“ ist in Halle zwar ein Dauerbrenner. Doch gut 100 Jahre nach der Uraufführung erlebte 1848 in Stettin ein anders Oratorium seine Premiere: „Hiob“ von Carl Loewe, der im Halle-nahen Löbejün aufwuchs. Dass dieses fast vergessene Werk dank eines kollektiven Kraftakts zu den Loewe-Festtagen am Sonnabend, dem 155. Todestag des Komponisten, seine Halle-Premiere in der Marktkirche erlebte, ist ein Glücksfall.
Gott und das Leid der Welt
Denn so wird der Blick auf den als Balladenkomponist bekannten Loewe endlich geweitet. In „Hiob“ erzählt er dessen brutale alttestamentarische Story: Dem reichen und frommen Mann wird – durch Satans Provokation – von Gott alles genommen, um seinen Glauben zu testen. Es ist die ewige Frage, ob es einen Gott geben kann angesichts des Leids auf dieser Welt.
Loewe packt dieses Geschehen in die barocke Oratorienform, modernisiert sie aber durch seinen Balladenstil. Das sorgt für emotionale Passagen mit wunderbaren Melodien, opernhaften Arien samt Koloraturen und musikalisch differenzierten Formen von zart hingehauchten Momenten bis zum bombastischen Klanggewitter. Die bestens aufgelegte Staatskapelle Halle verwandelte im gelungenen Zusammenspiel mit den Solisten und dem Stadtsingechor das Geschehen in musikalische Bilder, die das Publikum in der ausverkauften Marktkirche fesselten.
Ein besserer Ort für die Halle-Premiere von „Hiob“ war kaum denkbar, agierte Loewe hier doch kurzzeitig als Organist und leitete den Stadtsingechor, in dem er selber gesungen hatte. Seine Sänger-Nachfolger ließen die mehrstimmigen, einen langen Atem fordernden und charakterlich sehr verschiedenen Chorpassagen glänzen.
Solisten brillieren
Dass dieser „Hiob“ gefeiert wurde, lag aber nicht zuletzt an den erstklassigen Solisten. Gudrun Sidonie Otto (Sopran), Henriette Gödde (Alt), Daniel Johannsen (Tenor) und Tobias Berndt (Bass) meisterten ihre Partien großartig und brillierten einzeln ebenso wie als Quartett a cappella oder mit Bass-Unterstützung eines Chorsängers. Allein Johannsens Auftritte als süffisant-fies-flüsternder Satan waren gesungenes Theater. All dies führte Chorleiter Clemens Flämig einfühlsam und souverän zusammen – als Master of the Loewe-Universe, das weiterer Entdeckungen harrt. Immerhin schrieb Loewe 18 Oratorien.