Kriminalität Kriminalität: Motorradrocker fahren auf den Osten ab

Erfurt/dpa. - Ihre Geschäftsinteressen führen die Männer mit demmartialischen Auftreten und den schweren Motorrädern zunehmend in dieneuen Bundesländer. Das rasante Wachstum der Szene und ihrerKriminalität alarmiert die Ermittler. In Thüringen etwa beobachtetder Verfassungsschutz die Aktivitäten der Motorradrocker, inBrandenburg versucht eine Sonderkommission der Polizei militanteMachtdemonstrationen auf der Straße zu unterbinden.
«Wir erleben eine enorme Dynamik und Expansion», sagt der Leiterder zentralen Ermittlungsabteilung des Landeskriminalamtes (LKA)Brandenburg, Michael Gellenbeck. Das gelte insbesondere für Berlin,Brandenburg und Sachsen. «Die Outlaw Motorcycle Gangs haben klarMittel- und Osteuropa im Fokus und nutzen dafür Ostdeutschland auchals großes Sprungbrett.»
In Thüringen werden der kriminellen Rockerszene etwa 50 Anhängerzugerechnet, in Sachsen sind es schon dreimal soviel. In Brandenburghaben die «Gesetzlosen» - die gesellschaftliche Konventionenverabscheuen und nach ihren eigenen Regeln leben - etwa 200 bis 250Mitglieder um sich geschart. Die «Outlaws» sind straff und strenghierarisch organisiert und äußerst homogen. «Sie grenzen sich bewusstvon der großen Masse anderer Motorrad-Clubs und dengesellschaftlichen Wertvorstellungen ab», berichten die ThüringerVerfassungsschützer.
In Sachsen verzeichnet die Polizei einen gewaltigen Zuwachs anOrtsgruppen. «Allein in den vergangenen beiden Jahren hat sich dieAnzahl dieser sogenannten Chapter von 6 auf 16 fast verdreifacht»,sagt LKA-Sprecherin Silvaine Reiche. Erst im vergangenen Jahr seiendie in Cottbus aktiven Bandidos auch nach Ostsachsen gekommen. «Esliegt in der Natur der großen Clubs, sich neue Territorien und damitneue Einnahmequellen zu erschließen.» Die Motorradrocker verdingensich unter anderem im Sicherheitsgewerbe, der Tätowierbranche und derTürsteherszene.
«Dabei geht es schlicht um die Kontrolle über die Diskothek unddamit den Drogenhandel», meint Ermittler Gellenbeck. In Brandenburgkämpfen die Hells Angels mit dem geflügelten Totenkopf als Symbol unddie Bandidos, deren Markenzeichen ein Mexikaner mit Pistole mitMachete und Pistole ist, seit dem Frühjahr 2006 offen um die Macht.Die gewalttätigen Revierkämpfe werden auch mit Schusswaffen geführt,berichtet Gellenbeck.
In Thüringen haben die Rivalen bisher noch nicht aufeinandergeschossen. Dennoch werden den von Weimar aus operierenden Bandidosallein im vergangenen Jahr 186 Straftaten zugeschrieben. Sie reichenlaut Innenministerium von Diebstahl über Freiheitsberaubung,Bedrohung und Unterschlagung bis zu Körperverletzung. «Seitdem dieersten Bandidos Vorladungen bei Gericht erhalten haben, ist derenStraftatenaufkommen insgesamt aber merklich zurückgegangen», stelltInnenminister Manfred Scherer (CDU) fest. Die Reihen haben sichdeutlich gelichtet, seit sieben Mitglieder und Anhänger der Bandidossowie drei Sympathisanten in Haft sitzen. Die beiden Führungsfigurender Bandidos Weimar müssen sich seit Mitte Februar unter anderemwegen räuberischer Erpressung vor Gericht verantworten.
Obwohl Motorradrocker Rang- und Funktionsabzeichen sichtbar nachaußen tragen, sind die Ermittlungen mühsam. Die Zusammenarbeit mitder Polizei ist per Statut verboten. Das führt dazu, dassbeispielsweise nach dem Überfall einer Gremium-Abordnung auf einClubheim der Road Eagles in Ilmenau in dem darauffolgendenMammutprozess nicht nur die Angreifer, sondern auch die verletztenOpfer eisern schweigen.